Die Geschichte der Unternehmerin ist aber keine gewöhnliche Geschichte. Bereits mit 19 Jahren verlässt die in Vorarlberg geborene Österreicherin das Elternhaus. Auf Anregung einer Freundin hin geht sie mit nach Paris, weil sie zum einen andere Horizonte erblicken und zum anderen ihre französische Sprache verbessern möchte. Gesagt, getan. Heute beherrscht die Unternehmerin die Molière-Sprache bis in ihren feinsten Nuancen. Der Schritt nach Frankreich ist entscheidend für den beruflichen und persönlichen Werdegang der Geschäftsfrau.
Während des sprachlichen Aufenthalts im Nachbarland entdeckt sie eine Zeitungsanzeige: Der Reiseanbieter Pierre & Vacances sucht Mitarbeiter für die Vermarktung der Skistation Avoriaz im deutschsprachigen Raum. Eine Bewerbung, ein Vorstellungsgespräch und eine Stelle in Avoriaz folgen.
Gesagt, getan. „Man kann sagen, dass ich in erster Linie mit meinem Mann und in zweiter Ehe mit Pierre & Vacances verheiratet bin. Mein Mann würde die Reihenfolge anders benennen.“, erläutert die Unternehmerin und lacht dabei herzlich. In Frankreich lernt sie bald ihren deutschen Ehemann kennen, den sie später in den Iran und nach Saudi-Arabien für sein berufliches Weiterkommen begleitet. Danach führt sie der Weg, ebenfalls aus beruflichen Gründen, wieder zurück in die Fächerstadt. Die Tätigkeit der ausgebildeten Industriekauffrau bei Pierre & Vacances wird währenddessen in Klammern gestellt, wobei ein regelmäßiger Austausch mit der hiesigen Direktion vorhanden ist.
Die Verbindung mit dem Reiseunternehmen ist von beiden Seiten so eng, dass die Österreicherin nach fast zehn Jahren mit einer Anfrage überrascht wird: Sie soll die deutsche Geschäftsstelle leiten. Nach sieben Jahren Aufbau im heimischen Büro und einer kurzen Zeit in der Finanzmetropole Frankfurt wird die deutsche Geschäftsstelle in der Fächerstadt eröffnet. Mittlerweile ist die Mitarbeiterzahl in den Räumlichkeiten der Kurfürstenstraße auf zehn gestiegen. Waldi Werle hätte es verdient, sich locker zurückzulehnen und ihren Erfolg zu genießen. Das tut sie, bei Gelegenheit. Mit ihrer Familie gönnt sie sich drei Wochen Urlaub im Jahr. In ihrer Freizeit genießt sie die schönen Stunden im Familien- oder im Freundeskreis und entspannt beim Lesen und klassischer Musik.
Die ganz schlichten, kleinen Freuden, wie den Marktbesuch oder das gemütliche Kochen, gehören für die dynamische Unternehmerin mit zu einem gelungenen Wochenende.
Die restliche Zeit arbeitet sie hart und ist oft unterwegs. Zu ihren positiven Eigenschaften gehören neben Engagement vor allem Zielstrebigkeit. Denn die Führung eines Unternehmens und das Familienleben sind kein Kinderspiel. Deshalb schätzt die Mutter einer 21-jährigen Jura-Studentin die ständige und liebevolle Unterstützung ihres Ehemannes während der Kindheit der gemeinsamen Tochter über alles. Waldi Werle ist keine Frau, die locker lässt oder einfach aufgibt. Selbst wenn sie das bittere Gefühl hat, dass den Frauen, die Kinder und Beruf vereinen möchten, stets ein schlechtes Gewissen suggeriert wird.
„Das Bild der Frau in Deutschland ist immer noch von den drei K´s geprägt: Küche, Kirche, Kinder.“, unterstreicht bewusst die Geschäftsfrau. Waldi Werle ist leidenschaftliche Vertreterin der Meinung, dass „eine beruflich zufriedene und erfüllte Frau durchaus eine sehr gute Mutter sein kann.“ Dass Männer außerdem nicht nur die Gesetze machen, sondern Frauen in wichtigen beruflichen Posten nicht akzeptieren, stört die Österreicherin. Die Selbständigkeit und die Möglichkeit zur eigenen Entscheidung für die Frauen liegen Waldi Werle sehr am Herzen. Damit hat sie letztendlich Erfahrung. Ein Sprichwort gibt sie zum Abschied noch mit: „ Ein Mann braucht eine Frau, die ihm den Rücken frei hält. Eine Frau braucht den Rücken für ihre Kinder.“ Waldi Werle hat Rückgrat, das zeigt sie seit fast 20 Jahren.
Beschreiben Sie sich mit drei Worten:
Ehrgeizig, fröhlich, spontan.
Was ist Ihre größte Stärke?
Zielstrebigkeit.
Was ist Ihre größte Schwäche?
Ungeduld.
Was war als Kind oder Jugendlicher Ihr Traumberuf? Haben Sie damals jemals daran gedacht, das zu werden, was Sie heute sind?
Als Kind wollte ich Nonne werden, als Jugendliche Stewardess und nie in meiner Jugend hätte ich mir träumen lassen, je in Deutschland zu leben und im Tourismus tätig zu sein.
Was würden Sie im Leben gerne noch erreichen?
Mehr Verständnis der Deutschen gegenüber den Franzosen und vice-versa.
Was nervt Ihre/n Partner/in am meisten an Ihnen?
Meine Ungeduld.
Auf welchen Gegenstand möchten Sie im Leben nicht verzichten?
Auf ein gutes Buch.
Wen würden Sie gerne auf den Mond schießen?
Alle permanenten Nörgler.
Welcher Mensch beeindruckt Sie?
Unser Generaldirektor, Herr Gérard Bremond.
Welche Musik (Interpret und Titel) und welcher Film haben Sie am meisten beeindruckt?
La Traviata von Verdi und Schlafes Bruder von Schneider.
Welches Buch haben Sie als letztes gelesen?
Leben wie Gott in Deutschland von Daniel Goeudevert.
Sie werden als Tier geboren. Als welches?
Als Reh.
Sie tauschen einen Tag mit einer Person des anderen Geschlechts - wer wäre das?
Mein Mann.
Was finden Sie an Karlsruhe reizvoll?
Die Umgebung des Nordschwarzwaldes.
Was würden Sie an Karlsruhe ändern, wenn Sie Oberbürgermeister/in wären?
Ich würde die Kaiserstraße zu einer reinen Fußgängerzone ohne Straßenbahn machen.
Welches sind die markantesten Karlsruher / deutschen Köpfe?
Goethe, Kant, Helmut Schmidt.
Sie leben in einem anderen Land. Welcher Grund könnte Sie dazu bewegen beziehungsweise davon abhalten, nach Deutschland einzuwandern?
Das Fehlen des „Savoir-vivre“, die Intoleranz, die fehlende Herzlichkeit, die Lethargie, das fehlende Engagement, das permanente Nörgeln, ohne selbst etwas in die Hand zu nehmen. Das alles dem Staat überlassende.
Es geht um das Glück der Republik. Welche Person, Gruppierung oder Idee sollte mehr Einfluss gewinnen?
Alle Personen, die bereit sind, für die Fehlverhalten der Regierung zu demonstrieren. All diejenigen, die mit Mut und Ideen dazu beitragen, dass Deutschland nicht in eine Lethargie verfällt und dass den Worten Taten folgen.
Wie und wo möchten Sie sterben?
Bei einem guten Essen in Frankreich im Kreise meiner Familie.
Kommen Sie in den Himmel oder in die Hölle?
Da ich weder an das eine noch an das andere glaube, jedoch bemüht bin gewisse Werte, durchaus auch tradierte zu leben, denke ich, dass ich, um in diesem Bild zu bleiben, zumindest an die Pforten des Himmels kommen werde.