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Karlsruhe: Vor 30 Jahren am KIT: Dieser Mann hat die erste Mail erhalten!

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Vor 30 Jahren am KIT: Dieser Mann hat die erste Mail erhalten!

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    Dieser Mann empfing vor 30 Jahren die erste E-Mail in Deutschland.
    Dieser Mann empfing vor 30 Jahren die erste E-Mail in Deutschland. Foto: (fst)

    "Wilkomen in CSNET" - so grüßte die Betreffzeile der ersten E-Mail auf deutschem Boden am 3. August 1984. "Wie ich sehe, hat sich an der Orthographie der meisten Mails bis heute nicht viele geändert", scherzte Matthias Hornberger vom Cyberforum am Samstag beim Pressetermin im KIT.

    "Mich hat dieser Gruß besonders gefreut, denn die Absenderin konnte eigentlich kein Deutsch und hat es trotzdem versucht", sagt Michael Rotert, an den die Nachricht gesendet worden war. Das dauerte damals noch recht lange: Ganze 24 Stunden hatte die E-Mail vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) bis zum KIT benötigt.

    72 Luftballons schreiben "Karlsruhe" in den Himmel - als Binärcode

    Eigentlich handelte es sich bei der ersten Mail um eine simple Anmeldungsbestätigung für das "CSNET" - ein amerikanisches Computer-Netzwerk unter Hochschulen. 1984 wurde dieses Netz zunächst auf Deutschland und Israel ausgeweitet. Karlsruhe war damals einer von nur fünf globalen Knotenpunkten und blieb fünf Jahre lang auch der einzige in der Bundesrepublik.

    "Wir haben Informatik hier schon früh ernst genommen und 1972 die erste deutsche Fakultät für dieses Fach gegründet", sagt Jörn Müller-Quade vom KIT. Mit rund 5.000 Studenten ist es bis heute die bundesweit größte Informatikfakultät. Zur Feier der ersten E-Mail auf deutschem Boden ließen sie am Samstag 72 Luftballons in Form von Einsen und Nullen in den Himmel steigen - am Boden stellten sie sich dabei so auf, dass es den Namen der Stadt Karlsruhe im Binärcode ergab. Das "A" wurde als @-Zeichen geschrieben.

    Seit dem erfolgreichen E-Mail-Projekt vor 30 Jahren schlage das "Herz des deutschen Internets" in Karlsruhe, sagte Bürgermeister Wolfram Jäger im Rahmen der Veranstaltung. Tatsächlich ist die Fächerstadt eine IT-Hochburg: Über 4.000 Unternehmen der Branche sind hier angesiedelt. Der Anteil der 36.000 Beschäftigten ist etwa doppelt so hoch wie im bundesdeutschen Durchschnitt. "Mittlerweile ist zwar Berlin zur 'Internethauptstadt' geworden, aber trotzdem bleibt Karlsruhe ein wichtiges Zentrum", sagt Hornberger. Besonders lobt er den hiesigen "Cyber-Spirit" - die starke Zusammenarbeit der vielen kleinen IT-Unternehmen. Auch Bürgermeister Jäger unterstreicht die Symbiose von Forschung, Lehre und Geschäftswelt in Karlsruhe - die Technologie-Region sei ein erfolgreiches Modell.

    E-Mail auch noch in den nächsten 30 Jahren?

    Dass E-Mails einmal weltweit zum unentbehrlichen Bestandteil der Kommunikation werden würden, war vor 30 Jahren noch nicht abzusehen. Bis es soweit war, musste auch noch einiges passieren. "Ein erster wichtiger Schritt war sicherlich der Fall des eisernen Vorhangs. Das hat den Weg frei gemacht für eine Kommerzialisierung des Internets. Vorher gab es das Netz ja nur zwischen Universitäten", erklärt Rotert. Mit der Einführung des Worldwide Web kam 1995 der nächste Meilenstein: "Anfänglich gab es da noch quasi ein 'Henne-Ei-Problem': Die Anbieter wollten ohne viele Nutzer nichts reinstellen und die Nutzer waren ohne Inhalte natürlich noch nicht interessiert. Aber dieses Problem hat sich dann sehr schnell gelöst", so Rotert. Den letzten wichtigen Schritt stellten Breitband und Flatrates dar - 1999 bot die Telekom erstmals DSL in Deutschland an. Langsame Verbindungen über den Telefonanschluss waren damit Geschichte.

    Seitdem sind das Internet und insbesondere E-Mails nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. "Heute kann man wahrscheinlich eher auf ein Postfach verzichten, als auf eine E-Mail-Adresse", meint Hornberger. Rund 500 Milliarden Mails werden weltweit pro Jahr verschickt. 75 Prozent davon sind derzeit noch privat Art - der Anteil nimmt bei jungen Leuten allerdings ab. Sie bevorzugen immer häufiger die neueren Messenger-Dienste wie etwa WhatsApp. Dass sie die E-Mail bald ganz ersetzen, kann sich Rotert aber nicht vorstellen: "Ich sehe die Mail auch noch in den nächsten 30 Jahren. Momentan gibt es dafür keinen Ersatz."

    Damit 2014 nicht "1984" wird

    Das liegt laut Hornberger vor allem daran, dass E-Mails "klassisch strukturiert" sind - man kann sie etwa in Ordnern ablegen und Dateien anhängen. "Messenger-Dienste sind schneller, aber auch unsteter. Die beiden Nachrichtenformen richten sich an unterschiedliche Nutzer", sagt Hornberger. Tatsächlich nimmt der E-Mail-Verkehr in der Geschäftswelt weiter zu. Auch bei der klassischen Mail könne aber noch einiges verbessert werden: "Jetzt müssen wir noch einen Weg finden, damit die Menschen nicht dauernd an ihre E-Mails denken. Vor allem aber sollte es einen besseren Schutz vor Datenspionage geben", so Hornberger.

    Auch für Müller-Quade wecke das Jahr 1984 im Zeitalter der NSA leider noch andere Assoziationen. "Daran müssen wir etwas ändern - die Technologie dafür ist schon da. Dass 2014 nicht '1984' wird, daran forschen wir", so Müller-Quade. Das KIT ist eines von nur drei Kompetenzzentren für IT-Sicherheit in Deutschland. Laut Roter ist Karlsruhe besonders wichtig für die weitere Entwicklung von Protokollen und Verschlüsselungen.

    Für die Zukunft hofft er, dass alles, was einen Rechner zuhause verlässt, automatisch verschlüsselt wird. "Die Entschlüsselung soll möglichst schwer sein. Das erschwert dann zwar auch etwa die Polizeiarbeit im Internet, aber das würde ich in Kauf nehmen. Man kann nicht alles haben und ich finde, man soll nicht die große Mehrheit anständiger Bürger für eine kleine Gruppe Krimineller bestrafen", so Rotert.

    Können Sie sich noch an ihre erste Post aus dem digitalen Netz erinnern? Wie sah Ihre erste E-Mail aus? Von wem war sie? Erzählen Sie uns von Ihrem ersten Mail-Abenteuer im Kommentarbereich unter diesem Artikel.

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