Haben Sie den Swag? Keine Sorge, das ist nichts Schlimmes. Falls Sie bereits wissen, worum es sich dabei handelt, sind sie jugendsprachtechnisch ganz vorn dabei. "Swag" ist im Rahmen eines Wettbewerbs des Langenscheidt-Verlages von einer Jury zum "Jugendwort des Jahres 2011" gekürt worden. Dieser Ausdruck erhielt auch die meisten Stimmen beim Internetvoting. Im vergangenen Jahr hätten sich mehr als 40.000 Menschen an der Abstimmung beteiligt, teilte der Verlag mit.
Die aus Journalisten und Jugendlichen bestehende Jury, die seit 2008 jedes Jahr die Top 5 der Jugendwörter wählt, berücksichtigte bei der Bewertung der Ausdrücke "sprachliche Kreativität, Originalität der neuen Begrifflichkeit, Aktualität und Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen oder politischen Ereignissen sowie Verbreitungsgrad des Wortes".
Jugend-Jargon spiegelt Witz und Kreativität
Sprachbilder und Wortneuschöpfungen zeugen häufig von Witz und Kreativität, mitunter funktioniert der Slang auch als Abgrenzungsmechanismus einer Gruppe zu einer anderen. Auch Erwachsene wissen nicht, was gemeint ist. "Was ist denn nun mit deiner Mudda", denkt sich wohl noch immer der ein oder andere Unbeteiligte, der Jugendlichen beim Gespräch zuhört.
Aber zurück zum Swag: Haben Sie ihn? Dann sind sie zu beneiden. Der Begriff steht für eine "lässig-coole Ausstrahlung" sowie eine "charismatisch-positive Aura", so zumindest formuliert es der Langenscheidt-Verlag. Ziemlich gegenteilige Eigenschaften hat ein Mensch, der mit "Körperklaus" (Platz 4 der Liste) beschrieben wird. Er ist schlichtweg ein Tollpatsch oder Grobmotoriker.
Platz 2 ist wohl ebenso wenig erstrebenswert. Passiert Ihnen nicht nur ein kleineres Missgeschick, sondern ein "fail" oder gar ein "epic fail", haben Sie so richtig verloren. Der Vollständigkeit halber: Platz 3 der Liste belegt das Verb "guttenbergen". Was es bezeichnet, bedarf wohl keiner Erklärung. Langenscheidt gibt ein Wörterbuch mit dem Titel "Hä?? - Jugendsprache unplugged" heraus. Selbstverständlich enthält es auch die genannten Begriffe. Ob das Wörterbuch nur ein geschickter Werbe-Schachzug des Verlags oder tatsächlich ein notwendiges Nachschlagewerk ist, sei dahingestellt. Außerdem bleibt fraglich, ob die Begriffe direkt von dem Schulhöfen kommen und wie lange sie überhaupt im Sprachgebrauch bleiben werden.
Von einer einzigen Jugendsprache in Deutschland zu sprechen, wäre falsch. In jeder Jugendszene, in jeder Stadt, an jeder Schule, in jeder Gruppe gibt es eine individuelle Sprache. In der Forschung hat sich der Umgang mit den Jugendsprachen verändert. Immer mehr rücken sie in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Doch sind wir im Alltag intoleranter geworden? So mancher Lehrer möchte wohl seinen Schülern den via Twitter bereits vielfach verbreiteten Satz zurufen: "Der Punkt am Ende eines Satzes wird nicht 'Alta' ausgesprochen!" Doch hieß es nicht in früheren Generationen nicht auch schon "die Jugend versteht niemand"? Müsste in Schulen und Elternhäusern mehr darauf geachtet werden, wie Jugendliche sprechen, um dem Sprachverfall entgegenzuwirken? Viorel Leinberger, Schülerpraktikant in der ka-news-Redaktion und mit 16 Jahren perfekt im Thema, sagt dazu nur: "Chill doch mal" und denkt vielleicht "hdf".
Kiezdeutsch neuer Dialekt?
Eine Form der Jugendsprache, die sich besonders stark vom Standarddeutsch abhebt, hat ihren Ursprung in den Multikulti-Vierteln deutscher Großstädte. Der spezielle Slang wird von Nicht-Sprechern häufig mit Kopfschütteln bedacht. "Sprachschützer" sehen spätestens mit dem Wegfall von Präpositionen und Artikeln und dem Durchmischen mit ausländischen Worten, wie "Yallah" und "Abu" aus dem Arabischen oder "Lan" aus dem Türkischen, den Verfall der deutschen Sprache endgültig gekommen. Andere befürchten vielleicht nur, nicht zu verstehen, worüber gerade gesprochen wird.
Doch das sogenannte Kiezdeutsch hat nicht nur Kritiker. Heike Wiese, Professorin für Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam erforscht dieses Phänomen seit den 1990er Jahren. Mitte Februar erscheint ihr Buch "Kiezdeutsch". Es trägt den bezeichnenden Untertitel: "Ein neuer Dialekt entsteht". Dies ist zugleich ihre These: Der schlechte Ruf ist unberechtigt, das Kiezdeutsch ist ein eigenständiger Dialekt des Deutschen, und als solcher soll er auch bestehen bleiben.
Brauchen Jugendliche eine eigene Sprache als Mittel zur Abgrenzung? Ist sie gar ein Ausdruck von Kreativität? Oder führt das alles nur dazu, dass sie verlernen, wie es richtig geht? Stimmen Sie ab!