Offiziell ist das Thema ein anderes. «Deutschland und die Vereinten Nationen - die UN und die Zukunft globaler Ordnungspolitik» - so steht es im großen Weltsaal des Auswärtigen Amtes, wo am Montag mehr als 200 deutsche Botschafter zu ihrer alljährlichen Konferenz zusammengekommen sind. Aber auf den Gängen geht es vor allem um eines: Wie lange kann sich Guido Westerwelle als Außenminister noch halten?
"Das Amt mag keine Verlierer"
Und schließlich hängt das eine ja auch mit dem anderen zusammen. Die Enthaltung zum Libyen-Einsatz im UN-Sicherheitsrat hat Deutschlands Vertretern im Ausland seit März schon einiges an Erklärungsarbeit abgefordert. Auch viele Botschafter waren mit der Entscheidung nicht einverstanden. Dass es nun fast eine ganze Woche dauerte, bis der FDP-Minister den Nato-Partnern Anerkennung zollte, hat die Sache arg verschlimmert.
Sogar im Weltsaal reden die Diplomaten offen darüber, dass Westerwelle bei der UN-Generalversammlung im September möglicherweise gar nicht mehr dabei sein wird. «Wir sind ja alle zu Loyalität verpflichtet», sagt einer, der auf Dienst in einem der wichtigeren Partnerländer ist. «Aber das Amt mag nun mal keine Verlierer.» Die Umfragen, wonach noch kein deutscher Außenminister so unbeliebt war wie der jetzige, kennt hier jeder.
So ist es kein Wunder, dass in Berlin aktuell nicht nur über mögliche Nachfolger spekuliert wird. Die besten Chancen hätte wohl der amtierende Staatsminister Werner Hoyer. Der 59-Jährige hat vielleicht nicht die ganz große Ausstrahlung. Aber er kennt das Amt, ist international bestens vernetzt und kommt auch mit der Kanzlerin klar. Leichter wäre der Wechsel mit niemand.
Rücktritt oder nicht - das ist die Frage
Zwei andere FDP-Politiker hätten zumindest Außenseiterchancen: der Europa-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (44), ein Neffe des früheren Wirtschaftsministers, Diplomatensohn und selbst Diplomat, sowie Entwicklungsminister Dirk Niebel. Das Ressort, das er eigentlich auflösen wollte, hat der 48-Jährige gut in Griff bekommen.
Im Moment jedoch liegt die Entscheidung noch bei Westerwelle selbst. Diese Signale bekommt er dem Vernehmen nach auch ziemlich nachdrücklich aus der eigenen Partei. Westerwelle ist bekannt dafür, dass er sich im Sturm nicht wegduckt. Aber die Frage, wie lange man so eine Behandlung durch die eigenen Leute erdulden kann, hat er sich gewiss schon gestellt.