"'Giulia ist nicht kaputt", stellt Projektleiter Marko Schimmelpfennig auf der Pressekonferenz am Freitag klar. Die Situation sei unglücklich und sehr speziell, aber keineswegs schockierend. Was war passiert?
Nachdem der Trichter unter der Kaiserstraße am vergangenen Wochenende aufgefüllt worden war, wurden am Samstag die Motoren von "Giulia" wieder angeworfen. Bei Beginn des Vortriebs stellte man einen "außergewöhnlichen hohen Widerstand" fest, so Schimmelpfennig. Soweit nichts Ungewöhnliches, mit einer gewissen Reibung sei bei der Durchfahrung einer Baugrubenwand zu rechnen. Als man jedoch den Druck auf rund 500 Bar erhöhte und auch eine Kraft von über 6.000 Tonnen die Anfahrt nicht erleichterte, wurde der Vortrieb unter Tage nach wenigen Zentimetern eingestellt.
Schild hat sich mit Bohrwand verklemmt
Untersuchungen ergaben, dass sich das Stahlschild der Tunnelvortriebsmaschine mit der 1,20 Meter starken Bohrpfahlwand verklemmt hatte. Das Schild folgt hinter dem Schneidrad - in ihm liegt die Arbeitskammer, wo auch die Tübbinge zu Tunnelringen zusammengefügt werden. Nach der Abwägung verschiedener Verfahren, entschied sich BeMo Tunnelling, den überschüssigen Beton per Wasserdruck zu lösen und so "Giulia" aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
Mit dem Höchstdruckwasserstrahlverfahren wird das störende Material entfernt - Anwendung findet das Verfahren laut Schimmelpfennig vorwiegend im Brückenbau. "Es schont den Stahl und wirkt erosiv auf den Beton", so der BeMo-Projektleiter, "das heißt, es schadet der Maschine nicht." Kein unwesentlicher Aspekt, denn die Düse, aus welcher das Wasser mit rund 2.000 Kilometer pro Stunde auf die Wand geschossen wird, ist rückwärtig am Schneidrad angebracht.
Gesteuert wird die Düse per Fernbedienung, eine manuelle Bedienung ist aus Arbeitsschutz-Gründen nicht möglich. Zirka 30 Liter pro Minute wird die Rotationsdüse auf die Betonwand schießen. Durch den starken Druck, soll der Strahl den Beton zerschneiden. Sobald sich das Schneidrad dreht, wird durch den Wasserstrahl die Öffnung in der Bohrpfahlwand geweitet, so dass sich das Schild durchschieben kann.
Probleme sollen nicht wieder vorkommen - "haben Konsequenzen gezogen"
Um die Düse am Schneidrad anbringen zu können, musste zunächst ein Abstand zwischen Schneidrad und Schild geschaffen werden. Am Freitagmittag konnte mit ersten Bestrahlungen begonnen werden, so Schimmelpfennig. BeMo plant für die Beseitigung des Betons durch das Höchstdruckwasserstrahlverfahren maximal drei Tage ein. Wie gehabt wird auch am Wochenende unter Tage gearbeitet werden.

Wie stark die Verzögerung im Zeitplan endgültig zu Buche schlagen wird, darüber äußerten sich die Verantwortlichen am Freitag nicht. Künftig soll Probleme dieser Art jedoch nicht mehr vorkommen: "Wir haben entsprechende Konsequenzen gezogen", so Schimmelpfennig. Mehrkosten sollen laut Kasig-Geschäftsführer Uwe Konrath durch die aktuelle Verzögerung nicht entstehen. Am Montag, 6. Juli, will man sich mit den Karlsruher Verkehrsbetrieben (VBK) erneut zusammensetzen, um zu besprechen, wann die Freigabe für den Bahnverkehr erfolgen kann. Sie ist bislang für kommenden Dienstag, 7. Juli, geplant.
ka-news Hintergrund:
Am vergangenen Donnerstag, 28. Juni, stellte die Karlsruher Schieneninfrastruktur (Kasig) ein trichterförmiges Loch unter der Kaiserstraße fest. Der Bahnverkehr musste umgeleitet werden. Nachdem das Loch zu Mitte dieser Loch erfolgreich verfüllt worden war, gab die Bauherrin weitere Probleme bekannt. Tunnelvortriebsmaschine stecke fest. Eigentlich sollten die Bahnen bereits diese Woche wieder den gewohnten Weg über die Kaiserstraße nehmen können.
Aktuell fahren alle Innenstadt-Linien zwischen Kronen- und Europaplatz in beide Richtungen eine Umleitung. Ursache ist ein Gleisschaden im Bereich der Herrenstraße. Konkret betroffen sind die Linien 1, 4, S1, S11, S2, S5 und S51. Voraussichtlich wird dies noch bis kommenden Dienstag der Fall sein. Hier gibt's den Umleitungsplan.