Telekom-Betriebsratsvorsitzender Harry Sparn bezeichnete vor etwa 1.000 Demonstranten in Karlsruhe die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen des Telekommunikationsunternehmens als sozialen "Kahlschlag". Dadurch würden Mitarbeiter des Konzerns zu längeren Fahrtzeiten gezwungen, worunter Familien und das soziale Umfeld leiden würden. Alleine in Karlsruhe sollen, wenn es nach der Telekom geht, 105 von 133 Beschäftigten ihren Standort wechseln. Die Maßnahmen seien "unsozial, familienfeindlich und unehrlich", so Sparn.
Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass ab dem kommenden Jahr 17 Service-Außenstellen und kleine Büros für Geschäftskunden in Baden-Württemberg schließen sollen. Im Geschäftskundenvertrieb sei die Verlegung von rund 1.000 Arbeitsplätze nach Stuttgart und Augsburg geplant. Weitere rund 200 Mitarbeiter des IT-Bereichs sollen laut Verdi nach Darmstadt versetzt werden.
Demonstranten fragen: Wo ist die Wertschätzung geblieben?
Die Standortschließungen betreffen auch Uwe Böhm. Er arbeitet am Standort Karlsruhe und kämpft für die Erhaltung der Außenstelle. Denn er müsste bei einem Standortwechsel lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen. Das Unternehmen befinde sich auf einem Irrweg, so Böhm. "Kunden wollen doch gerade Regionalisierung und nicht Zentralisierung."
Auch Ilona Bayer zeigt sich angesichts der neusten Pläne ihres Arbeitgebers erschüttert. "Mein Mann arbeitet in Frankfurt. Ich arbeite in Stuttgart", ist auf ihrem Plakat zu lesen. "Wie soll da noch ein Familienleben stattfinden?", fragt sie.
"Wo ist die Wertschätzung der Kollegen geblieben? Die Gründe für die Standortschließungen sind für mich einfach nicht nachvollziehbar", findet auch Telekom-Mitarbeiterin Tanja Wolf.
Verdi: "Das ist versteckter Personalabbau"
"Wer seine Familie hinter sich lässt, wird keine Zukunft mehr bei der Telekom haben. Das ist versteckter Personalabbau", sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Angelo Bonelli. Das Unternehmen bürde den Angestellten bewusst längere Fahrtzeiten und höhere Fahrtkosten auf, damit sie freiwillig das Unternehmen verlassen. Das hätte bereits das Beispiel Freibug gezeigt. Nach der Standortschließung seien dort von 150 Mitarbeitern, gerade einmal fünf beim neuen Standort in Rottweil angekommen. Die Gewerkschafter fordern daher die Telekom auf, die "Arbeitsplätze bei den Menschen zu erhalten". Es dürfe kein Arbeitsplatz-Kahlschlag stattfinden.
Mit der Zusammenlegung der Außenstellen und Büros, die erst Ende 2012 abgeschlossen sein wird, sollen laut Telekom Bürokosten gespart und die Arbeit der Mitarbeiter effizienter gemacht werden. Da die Vertriebsmitarbeiter die meiste Zeit beruflich bei Geschäftskunden unterwegs seien, sieht die Telekom die Umzüge als zumutbar an. Telekom-Shops, in denen Privatkunden beispielsweise technische Probleme reklamieren können, sind Unternehmensangaben zufolge von den Umzügen nicht betroffen.