Tanzen verboten: Das Tanzverbot untersagt öffentliche Tanz- und Sportveranstaltungen deutschlandweit. Jedes Bundesland hat hierfür eigene Regelungen, in Baden-Württemberg regelt das Feiertagsgesetz die genauen Zeiten. Das besagt nach § 10: Am Gründonnerstag darf von 18 bis 24 Uhr, Karfreitag ganztägig und am Karsamstag bis 20 Uhr keiner das Tanzbein schwingen.

Diese Gesetzgebung findet seinen Ursprung in religiöser Natur: "Ein stiller Feiertag ist dafür da, dem Thema Leiden und Besinnung Bedeutung zuzuschreiben", so Thomas Schalla, Dekan der Evangelischen Kirche Karlsruhe gegenüber ka-news. Nach christlicher Tradition ist der Karfreitag, der Todestag von Jesus Christus, der wichtigste Feiertag. "Es ist ein Tag der Erinnerung, ein Tag der Trauer und des Gedächtnis", ergänzt Hubert Streckert, Dekan der Katholischen Kirche Karlsruhe.
Tanzverbot noch zeitgemäß?
"Das Christentum ist immer noch Teil unserer Kultur und prägt unser Zusammenleben", sind sich beide Dekane einig. "Auch wenn nur selten im Jahr auf die stillen Feiertage aufmerksam gemacht wird - es ist gut und nützlich für die Gesellschaft. Es gibt schließlich noch Anderes, als laute Musik und Feiern", so Schalla.

Dekan Streckert weiß: "Viele Menschen profitieren von den christlichen Feiertagen und diese Werte sollten nicht aufgegeben werden." Denn viele andere Feiertage, an denen ein Tanzverbot gilt, gibt es nicht. Neben dem Karfreitag, der bekannteste Feiertag mit Tanzverbot, gibt es Allerheiligen, der Totensonntag und der Volkstrauertag. "Wer dennoch tanzen möchte, kann das ja im privaten Raum tun", findet Streckert.
Veranstaltungen nur mit Ausnahme möglich
Die gesetzlichen Bestimmungen haben sich in den vergangenen Jahren jedoch gelockert: Laut Bundesverfassungsgericht verstoße das Tanzverbot gegen die Freiheit der Religion und die Versammlungsfreiheit. Daher wurde 2016 beschlossen, dass es Ausnahmen für das Tanzverbot geben muss.
Heißt konkret: Veranstalter dürfen eine Sondergenehmigung beantragen, wenn sie trotz Tanzverbot eine Event durchführen möchten. Dieses muss dann von der Stadt geprüft und genehmigt werden. Auch die Kirche darf sich zu den Anträgen äußern, ob sie diese Veranstaltung befürworten oder nicht.

"Eiertanz zum Hasenfest"
So war es auch beim "Eiertanz zum Hasenfest" - trotz Ablehnung beider Kirchen wird es am Karfreitag erstmals eine Tanzdemo in Karlsruhe geben. Veranstalter ist der gemeinnützige Verein Giordano-Bruno-Stiftung Karlsruhe (GBS). Der humanistische Verein setzt sich laut eigener Aussage für eine zeitgemäße Ethik, ein offenes Denken und gegen die Diskriminierung konfessionsfreier Menschen ein.
"Wir setzen uns für gleiches Recht für alle ein. Dies betrifft sowohl nicht-religiöse Menschen, als auch Menschen anderer Konfessionen, oder zum Beispiel ein Christ, der am Karfreitag trotzdem tanzen möchte", so Janosch Rydzy von der GBS im Gespräch mit ka-news. "Die Freiheit der Weltanschauung ist unser Grundrecht und in einem säkularen Staat sollte kein religiös begründetes Gesetz dies einschränken."

Von 16 bis 18 Uhr wird während der Demo auf dem Platz der Grundrechte in der Karlsruher Innenstadt getanzt. "Zur Eröffnung wird es einen klassischen Walzer geben. Nach einer kurzen Kundgebung wird gemischte Musik gespielt, die zum freien Tanz einladen soll", erzählt Rydzy. "Neben Tanz soll es außerdem genug Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch geben."
"Das Tanzverbot schränkt ein"
"Wir wollen ins Bewusstsein rücken, dass durch das Tanzverbot Menschen in ihrer Freiheit eingeschränkt werden. Diesen Protest wollen wir mit Spaß, Tanzen und Musik verbinden", meint Janosch Rydzy. Angemeldet sei die Demo für eine Größe von ungefähr 80 Personen. "Wir sind gespannt, wie viele Menschen sich uns anschließen werden!"

Nach der Demo im Freien geht die Sause ab 18 Uhr im Arbeitskreis Kultur und Kommunikation (AKK) weiter. "Für eine offene Gesellschaft ist es wichtig, dass Toleranz gezeigt wird. Jeder sollte die stillen Feiertage auf seine Weise verbringen, sei dies in Ruhe oder auf einer Veranstaltung - beides sollte geduldet werden", betont Rydzy gegenüber ka-news.
Und wenn man doch tanzt?
Hubert Streckert von der Katholischen Kirche äußert im Gespräch mit ka-news den Wunsch nach Dialog statt Konflikt: Eine offene Kommunikation zwischen der Kirche und dem Verein GBS könne auftretende Meinungsverschiedenheiten seiner Meinung nach auf besserem Wege angehen.
Einen Verstoß gegen das Tanzverbot bestraft das Ordnungsamt Karlsruhe derzeit mit einem Bußgeld von 500 Euro. Seit 2013 hat die Polizei insgesamt sechs Tänzer in Gaststätten während des Tanzverbotes erwischt, die dieses Bußgeld zahlen mussten.

Wird das Tanzverbot nun irgendwann ganz abgeschafft sein? Nein: Der Karfreitag wird nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts weiterhin als gesetzlicher Feiertag anerkannt - und damit bleibt auch das Tanzverbot bestehen.
Daher haben die meisten Clubs am Karfreitag geschlossen und öffnen ihre Pforten erst wieder am Samstagabend. Wer am Freitag trotzdem weggehen möchte, hat zumindest die Möglichkeit, in verschiedenen Karlsruher Bars den Abend zu verbringen - die Tanzfläche kann man ja schon wieder am nächsten Tag stürmen.