Das Engagement für die "Vergessenen aus Osteuropa" ist derzeit ein besonderer Schwerpunkt in der Karlsruher Bahnhofsmission. Immer mehr Menschen aus Rumänien, Bulgarien und anderen osteuropäischen Ländern suchen Hilfe bei Heidi Renner, Leiterin der Mission, und ihren Mitarbeitern. "Diese Menschen kommen zu uns, wenn etwas schief gelaufen ist" - wenn der Traum vom Leben in Deutschland ohne Unterkunft, Essen und Lohn ausgeträumt ist.
Ein Busticket nach Hause
In der vergangenen Woche beispielsweise sei eine junge Frau in die Räume der Karlsruher Mission gekommen, die verschleppt und zur Prostitution gezwungen worden sei, berichtet Renner. Mittel-, obdachlos und psychisch völlig instabil habe sie den Wunsch geäußert, wieder nach Hause zu wollen. In einem solchen Fall organisieren Renner und die überwiegend ehrenamtlich engagierten Helfer in enger Zusammenarbeit mit der Sozial- und Jugendbehörde der Stadt eine Unterkunft und ein Busticket für die Betroffenen.
Die Fahrkarte für den Bus nach Hause erhalten allerdings nur diejenigen, die wirklich zurück nach Hause wollen. "Wir wollen kein Reisebüro sein", stellt Sonja Rexhäuser von der Sozial- und Jugendbehörde klar. Damit möchten die Behörde und die Bahnhofsmission vermeiden, dass Leute mehrmals ein Ticket nach Hause erhalten und wenige Wochen später wieder in Karlsruhe ankommen.
"Die zunehmende Verarmung und Vereinsamung spüren wir hier deutlich"
Finanziert werden die Fahrkarten überwiegend durch Mittel für die Wohnungslosenhilfe. Auch andere kirchliche Organisationen wie etwa die Caritas leisten Beiträge, um mittellosen fremden Menschen - sei es aus Deutschland oder dem Ausland - den Heimweg zu ermöglichen. Die Bahnhofsmission selbst lebt hauptsächlich von Spenden und Zuschüssen. Vor allem Ehrenamtliche engagieren sich für die Hilfsbedürftigen.
In den letzten Jahren stellt Renner eine zunehmende Zahl ausländischer und verarmter Menschen fest, die bei der Bahnhofsmission um Hilfe bitten. "Die zunehmende Verarmung und Vereinsamung spüren wir hier deutlich", erklärt die Leiterin. Vor 18 Jahren, als sie die Leitung der Mission übernahm, hielten sich dort noch überwiegend Obdachlose auf.
Hilfe für in der Stadt gestrandete Menschen
Seit zirka fünf Jahren sind es immer häufiger Menschen aus Osteuropa, die in der Fächerstadt stranden und bei der Bahnhofsmission Hilfe finden. Auch die ersten Flüchtlinge aus Tunesien, die zur Landesaufnahmestelle für Asylbewerber wollten, haben sich bereits bei Renner gemeldet.
"Die Bahnhofsmission ist auf jeden Fall ein Segen für die Stadt", kommentiert Sonja Rexhäuser das Motto. Als Vorteile nennt sie die im Vergleich zur Behörde langen Öffnungszeiten, den zentralen Standort - "Den Bahnhof findet man gleich" - und die Stellung als zentrale Einrichtung, die die bedürftigen Menschen aufnimmt und sich nach Bedarf an die unterschiedlichen Stellen wendet, mit denen die Bahnhofsmission eng zusammenarbeitet.