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Stromversorgung unterbrochen

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Stromversorgung unterbrochen

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    Zuerst eine kleine Rauchwolke, dann der Blitz und ein lauter Knall. Für den jungen Feuerwehrmann war der Dienst um 17.36 Uhr eigentlich längst beendet. Aber was er auf seiner Heimfahrt unweit des Karlsruher Rheinkraftwerks hinter dem Steuer seines Autos sah und hörte, war besorgniserregend. Per Mobiltelefon versuchte der Mann seine Kollegen in der Feuerwehrleitstelle zu informieren - aber das Handy war tot. Also kehrte der Mann zu seinen Kollegen zurück. Dort brach Minuten später so etwas wie ein organisiertes Chaos aus. Kurz vor Anbruch der Dunkelheit war die Stadt mit ihren knapp 270.000 Einwohnern vollständig ohne Strom. In 140.000 Haushalten gingen die Lichter aus. Am gestrigen Abend war zunächst nur von 50.000 Haushalten ausgegangen worden.

    Hochspannungstransformator war in Brand geraten

    Bei der Feuerwehr schrillten die automatischen Brandalarme. Aus stecken gebliebenen Aufzügen gingen die ersten Notrufe ein. Und während aus der Dämmerung ein tiefes Schwarz wurde, lag mancherorts ein dumpfes Brummen in der Luft: In Krankenhäusern, Altenheimen, Rettungsleitstellen, den großen Kaufhäusern und Büroetagen sprangen die Notstromaggregate an. Voll besetzte Straßenbahnzüge blieben auf freier Strecke stehen. Alle Ampeln fielen aus. Im ganzen Stadtgebiet bildeten sich kilometerlange Staus. Passanten tasteten sich an den Hauswänden entlang. Manche Bewohner fühlten sich "plötzlich wie ein Neandertaler. Du drückst den Lichtschalter und nichts passiert".

    Kerzenschein-Idylle (Foto: Helge Wurst)

    Bei den Stadtwerken blinkten auf den Schalttafeln die Warnleuchten. 31 Minuten brauchten die Techniker, um die Ursache des totalen Crashs zu lokalisieren. An jenem Rheinkraftwerk im Westen der Stadt war auf einem abgesperrten Gelände ein Hochspannungstransformator in Brand geraten. Aus noch unbekannten Gründen war er "förmlich explodiert", sagte der Sprecher der Stadtwerke, Markus Schneider. Die Explosion hatte eine Kettenreaktion zur Folge. Durch den Kurzschluss sprangen sämtliche Sicherheitseinrichtungen im Hochspannungsnetz an. Im gesamten Stadtgebiet brach daraufhin die Energieversorgung zusammen. Fieberhaft versuchten Techniker, die Stromversorgung über ein weiteres Kraftwerk im Osten der Stadt wieder anzufahren. "Langsam hoch- und umschalten", heißt das in der Fachsprache, damit das Netz nicht zusammenbricht.

    Fernwärmenetz geriet aus den Fugen

    Ab 18.07 Uhr gingen die ersten Lichter wieder an. Mehrere Dutzend Menschen wurden von der Feuerwehr aus Aufzügen befreit. Manche nach mehr als einer Stunde "mit Schweißperlen auf der Stirn". Der Transformator unweit des Rheins brannte mehr als eine Stunde lang. Aus Sicherheitsgründen verzichtete die Feuerwehr darauf zu löschen. "Bei Hochspannungseinrichtungen ist die Gefahr einfach zu groß", erklärte ein Sprecher.

    Die Karlsruher mussten auf Kerzen und Taschenlampen zurückgreifen (Foto: Helge Wurst)

    Zehn Minuten vor sieben war die Energieversorgung wiederhergestellt. Zeitgleich mit dem Stromausfall geriet das Fernwärmenetz aus den Fugen. Das Rheinkraftwerk versorgt große Wohnkomplexe mit Fernwärme. Mangels Strom fielen die Pumpen für den Transport des heißen Wassers aus. An zwei Stellen brachen die Rohre wegen des Rückstaus. Nach drei Stunden waren die Leckagen abgedichtet, doch bis spät in die Nacht blieben mehrere Tausend Heizkörper kalt. Aus Sicht von Rettungskräften und Polizei war der totale Blackout noch glimpflich ausgegangen. Der Sachschaden ist noch nicht abzuschätzen. Allein am Transformator sind mindestens 250.000 Euro in Rauch aufgegangen.

    [Der Beitrag erschien am heutigen Donnerstag, 31. Januar, in der "Stuttgarter Zeitung". Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.]

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