Seit 2004 hat eine grasende Esel-Herde die Beweidung der Naturschutz-Fläche in Karlsruhe fest im Griff - nun, da befristete Verträge abgelaufen seien, gab "Herrchen" und Landschaftspfleger am Karlsruher Birkenhof, Carsten Weber, bekannt, dass er die tierischen Mähdrescher abziehen wolle. Der Grund: Schwerwiegende Vorwürfe an die Stadt Karlsruhe, deren Umweltamt als Auftraggeber fungiert.
Offene Rechnungen, Vandalismus-Attacken und totgebissene Tiere
Es habe vielerlei Probleme gegeben, die bei der Stadt jedoch laut ihm nicht auf Gehör stießen: Zertrümmerte Zäune, fehlende Ausweichweiden, fehlende Winterweiden, totgebissene Tiere und Vandalismus-Konflikte mit der Polizei beklagt der Landschaftspfleger in einer Mail an ka-news. "Es ist wohl ganz allein mein Problem, wenn es eine Gefährdung der Tiere durch Vandalismus, Hundehalter oder andere Personengruppen gibt", so Weber - "zudem seien nachweislich erbrachte Leistungen seinerseits bis heute noch nicht vollständig bezahlt worden. "Mitte 2012 habe ich erstmals bei den Verantwortlichen der Stadt und dem Regierungspräsidium um Unterstützung gebeten [...], und auch angesprochen, dass eine Beweidung unter diesen Bedingungen in Zukunft nicht mehr möglich ist."
2013 sei es erneut zu Gesprächen mit der Dezernatsleitung, wie auch mit der Amtsleitung des Umweltamtes mit der nochmaligen Bitte um behördliche Unterstützung gekommen. Die Probleme hätten sich laut Weber zu dieser Zeit durch eine "massive Diffamierungskampagne von Jägern" vergrößert.
Weber: "Die Stadt hat auf meine Kündigung nicht reagiert"
"Das Desinteresse ist aus meiner Sicht groß", ärgert sich Weber - "es gibt seit Jahren trotz meiner Bemühungen und Vorschläge keine Initiative die ökologische Beweidung auf breite Basis im Rahmen eines Gesamtprojektes zu stellen." Der Landschaftspfleger ist unter anderem auch für die Beweidung der Rüppurer Wiesen sowie anderen Arealen in Karlsruhe verantwortlich. Es ärgere ihn, dass die Pflegemaßnahmen isoliert betrachtet würden - so gehe es bei den Problemen nicht nur um den Flugplatz sondern auch um andere Weideflächen. Der Frust endete schließlich in Resignation: Weber kündigte die Beweidungsarbeit für die Stadt: "Darauf haben die Verantwortlichen seit Monaten überhaupt gar nicht reagiert."
Keine Hilfe? Kein Lohn? Im Stich gelassen? Diese Vorwürfe will die Stadt Karlsruhe nicht auf sich sitzen lassen. In einer Stellungnahme gibt sie gegenüber ka-news bekannt, dass sie Webers Kündigung zwar bedauere, jedoch sehr wohl Initiative ergriffen hätte. Seine Anklage weist sie entschieden zurück. "Die Vorwürfe von Weber treffen nicht zu - auch in diesen Tagen haben wir ihm Hilfsangebote unterbreitet, um für ihn eine gute Lösung zu finden. Dies in Gesprächen mit ihm direkt, aber auch mit den weiteren Beteiligten."
Stadt weist Vorwürfe zurück: "Weber musste keine Polizeikosten bezahlen"
Spezifisch heiße dies: Man habe sehr wohl versucht, in "diesem sehr komplexen Vertragskonstrukt mit der EU-Kofinanzierung" für Weber eine gute Lösung zu finden. Dies sei leider nicht so einfach - Aussteller des Vertrages und Flächeneigentümer sei nämlich das Land Baden-Württemberg, nicht die Stadt Karlsruhe. Weiter: "In der Vergangenheit wurden auch Fragen der Versicherung der Zäune, der Ausweichweiden und des Jagdverbots aufgegriffen" - in diesen Punkten bemühe sich die Stadt seit Langem um Besserung.
Aber wer ist beispielsweise für die Reparatur der zerstörten Zäune um die Eselweide herum verantwortlich? "Unter der Woche werden regelmäßig von der städtischen Feldhut und ehrenamtlichen Naturschutzwarten die Zäune kontrolliert und gerichtet", so die Stadt. Seien größere Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich, erfolge eine spontane Beauftragung der Arbeitsförderungsbetriebe - die Kosten übernehme in der Regel das Land. Dass Weber in der Vergangenheit sogar Polizeikosten auf sich habe nehmen müssen, streitet die Stadt ab.
Stadt will Managementplan erstellen
Trotz des Disputs ist die Karlsruher Verwaltung guten Willens: Selbstverständlich habe Weber die Möglichkeit, auch zukünftig diese Flächen zu beweiden - erfreue sich die Eselbeweidung doch öffentlich großer Beliebtheit und sei eine gute natürliche Flächenpflegeart. Nun wolle man seitens der Stadt einen Managementplan für das Gebiet erstellen, das alternative Beweidungsmethoden, im Falle einer Nicht-Einigung mit dem bisherigen Landschaftspfleger, beinhalten soll. Dieses soll schließlich dem Gemeinderat vorgestellt werden.
Letztlich steht es derzeit Aussage gegen Aussage - ob sich Stadt und Weber schlussendlich einig werden, steht derzeit noch in den Sternen. Der Konflikt beschäftigt aktuell auch die Grünen-Fraktion sowie die GfK. "Eine Bezahlung der für den Naturschutz erbrachten Leistungen muss auf jeden Fall sichergestellt sein", so Lisbach - "uns ist wichtig, dass die Stadt in dieser Frage als verlässlicher Partner auftritt."
Um Mängel dieser Art zu beseitigen, sollten laut den Grünen alle städtischen Stellen under Federführung des Umweltamtes an einem Strang ziehen und ein "Beweidungskonzept" erstellen, das neben dem Alten Flugplatz auch für Flächen wie Knielinger Waid, Grötzinger Knittelberg, Rheinaue und Rüppurrer Wiesen, greift. Außerdem sollte künftig darüber nachgedacht werden, wie die Stadt den Tierhalter in der Instandhaltung unterstützen könnte.