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Stutensee: Straffreie Zukunft für Jugendliche - 25 Jahre Heinrich-Wetzlar-Haus

Stutensee

Straffreie Zukunft für Jugendliche - 25 Jahre Heinrich-Wetzlar-Haus

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    Justizminister Ullrich Goll
    Justizminister Ullrich Goll

    In vielen Fällen sei es gelungen, die unheilvolle Abwärtsspirale, in der sich fast alle Jugendlichen bei ihrer Aufnahme in die Untersuchungshaft befänden, zu stoppen und ihnen zunächst eine feste Ankerstelle anzubieten. "Die jungen Menschen bekommen wichtige Zukunftsperspektiven gerade für die Zeit nach Abschluss des gegen sie laufenden Strafverfahrens aufgezeigt", so Goll laut einer Pressemitteilung des Justizministeriums.

    Es sei eine ausgezeichnete Wahl gewesen, bei der Namensgebung für das Haus auf den früheren jüdischen Landgerichtspräsidenten Heinrich Wetzlar zurückzugreifen, sagte Goll. Dadurch sei vordergründig zunächst an die vorhandene örtliche Tradition angeknüpft worden.

    Denn zusammen mit seiner Ehefrau Therese habe Heinrich Wetzlar 1919 just an dieser Stelle, im ehemals großherzoglichen Jagdschlösschen Stutensee, ein Jugendfürsorgeheim gegründet, das beide über viele Jahre hinweg auch selbst leiteten.

    "Darüber hinaus wurde auch in inhaltlicher Hinsicht die 1933 durch die Nazi-Herrschaft unterbrochene Tradition des Hauses wieder aufgenommen. Das von Therese und Heinrich Wetzlar geführte Haus diente nämlich ebenfalls der Aufnahme von Jugendlichen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren und denen deshalb Untersuchungshaft drohte.

    Der grundlegende Gedanke - der Verzicht von Untersuchungshaft zu Gunsten einer frühen und intensivpädagogischen Einflussnahme auf die gefährdeten Jungen - war bereits im Konzept des damaligen Heimes verankert", erklärte Goll.

    Dank an Angehörige der Familie Wetzlar

    "Für Heinrich Wetzlar, der eine eindrucksvolle Karriere im badischen Justizdienst durchlief, stand nicht der Straftäter, der juristische Fall, sondern der junge Mensch mit seinen Brüchen und Gefährdungen im Mittelpunkt. Durch die Einrichtung dieses Heims in Stutensee versuchte er, jungen Menschen neue Chancen und Perspektiven für ihr weiteres Leben zu eröffnen", würdigte der Justizminister das Wirken Wetzlars.

    "Nach all dem Unrecht und Leid, das Heinrich und Therese Wetzlar in Deutschland und in deutschem Namen erlitten haben, ist es mehr als bemerkenswert, dass sich die Familie auch nach dem Krieg in Deutschland für die Belange der Jugendhilfe und das Projekt 'Heinrich-Wetzlar-Haus' einsetzte und mit diesem verbunden bleibt“, sprach der Minister den Angehörigen der Familie Wetzlar, von denen eine Enkelin und zwei Urenkel bei der 25-Jahr-Feier anwesend waren, seinen Dank aus.

    Alltag im Heinrich-Wetzlar-Haus nicht für jeden geeignet

    Der Alltag im Heinrich-Wetzlar-Haus sei für die Jugendlichen "kein Zuckerschlecken und soll es auch nicht sein", erläuterte Goll. Sie erwarte ein strukturierter Alltag mit Verbindlichkeit und Grenzziehung, Ausbildung und Förderung, Kreativität und Perspektive. Das sei zwar für die Mehrzahl ihrer Altersgenossen eine Selbstverständlichkeit. Für die meisten der im Heinrich-Wetzlar-Haus untergebrachten Jungen sei es jedoch Neuland. Die allermeisten hätten sich schon lange aus ihrem sozialen Umfeld gelöst.

    Eine derartige Unterbringung sei, so der Minister weiter, nicht für alle geeignet. Für manche der straffällig gewordenen Jugendlichen sei das Heinrich-Wetzlar-Haus bereits aufgrund ihrer individueller Belastungen und Störungen nicht geeignet. Andere könnten oder wollten die Ihnen eröffnete zweite Chance nicht ergreifen.

    "Für eine beachtliche Zahl ist das Heinrich-Wetzlar-Haus jedoch ein maßgeschneidertes und passgenaues Hilfsangebot. 950 Jungen wurden seit Gründung des Hauses aufgenommen und haben vorübergehend hier gelebt", teilte Goll mit.

    Nicht allen sei es gelungen, die positiven Impulse in ihr weiteres Leben nach dem Aufenthalt im Heinrich-Wetzlar-Haus mitzunehmen. Die Arbeit mit diesen Jugendlichen trage naturgemäß bereits wegen ihrer biographischen Belastungen das sehr reale Risiko des Scheiterns in sich. Misserfolge im Einzelnen seien deshalb ins angemessene Verhältnis zu der weit überwiegenden Zahl der erfolgreichen Interventionen zu setzen, sagte der Minister.

    "All denjenigen, die sich mit Leidenschaft und Augenmaß für gefährdete Jugendliche einsetzen, gilt mein ganz besonderen Dank", sagte der Minister. Das seien vor allem die motivierten Mitarbeitern des Heinrich-Wetzlar-Hauses selbst, die sich Tag für Tag mit großem Engagement dieser Aufgabe widmeten. Darüber hinaus dankte Goll aber auch denen, die diese Einrichtung ideell, ehrenamtlich oder fachlich unterstützten.

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