In der Mensa am Adenauerring lag am Mittwoch und Donnerstag ungewohnter Geruch in der Luft. Einige mögen es gemerkt haben: es roch ein bißchen wie in China.
Zwei Tage lang bot das Studentenwerk hier neben Tellerrösti, Rinderbraten und Makkaroniauflauf eine Rarität in Deutschland: echte chinesische Küche. Denn die Gäste aus Shanghai schauten ihren Karlsruher Kollegen nicht nur über die Schulter - sie kochten hier auch selbst. Und zwar das gleiche wie zuhause: zum Beispiel scharfes Schweinefleisch im Fischfond, scharf-saure Gurken, gebratene Eier oder Klebreis-Fleischbällchen.
Mit Gewürzkoffer, viel Handarbeit und lustigen Übersetzungen
"Es sollte wirklich authentisch schmecken, deshalb haben unsere Köche die Zutaten nur beim asiatischen Großhändler eingekauft", sagte Iris Buchmann, Leiterin des International Center beim Karlsruher Studentenwerk. Einen Koffer voller Gewürze hätten die Chinesen gleich selbst mitgebracht: "Vieles davon bekommt man hier ja gar nicht", so Buchmann.
Auch die Techniken seien sehr unterschiedlich. Während deutsche Köche die viele Handarbeit und fein geschnittenen Zutaten ihrer chinesischen Kollegen bewunderten, waren diese von den technischen Geräten in der hiesigen Mensaküche ebenso beeindruckt. "Und sie trinken so gerne deutschen Kaffee", ist Buchmann aufgefallen. Das Getränk sei in China zwar trendy aber wesentlich teurer.
"Kraftstoffverbrauch vom Rind"?
Laut Buchmann war das echte Essen aus dem Reich der Mitte ein großer Erfolg am Adenauerring: "Gestern kamen doppelt so viele wie erwartet." Auch ein Übersetzungsfehler auf der Menutafel sorgte wohl eher für Neugier als Abschreckung - ein Gericht nannten die chinesischen Kollegen "Kraftstoffverbrauch vom Rind". "Das fanden wir so lustig, dass es einfach so in die Karte übernommen wurde", lachte Buchmann. "Wir haben die Rückmeldung, dass das Essen sehr gut ankommt", bestätigte Tobias Engel, Mensaleiter des Studentenwerks. Nicht nur die chinesischen Komilitonen würden sich sehr freuen.
Und chinesische Komilitionen gibt es hier mittlerweile viele: 1.200 Studenten und Doktoranden zählt Kalrsruhe - die größte ausländische Gruppe überhaupt. Vor dem Hintergrund gegenseitigen Kennenlernens und Austauschs sind deshalb auch die Ess-Kulturtage zu sehen: "Die Idee dahinter ist: Deutsche sollen von China lernen und umgekehrt", erklärte Buchmann. Liebe wie Essen gingen ja bekanntlich durch den Magen, deshalb sei das Projekt eine wunderbare Möglichkeit.
Unterstützt werden die Ess-Kulturtage von der Robert-Bosch-Stiftung, die allgemein die Zusammenarbeit mit chinesischen Hochschulen fördert. Außer den acht Köchen gehörten noch rund 40 weitere Personen zur Delegation der Jiaotong-Universität - komplett mit Chor und Musikern. Ihre Aufführung sowie eine Teezeremonie waren Teil des kulturellen Begleitprogramms.
Spätzle und Schwarzwälder Kirschcreme lösen Polizeieinsatz aus
Nicht nur hier kam die fremde Kost gut an. Schon im April hatte das Karlsruher Mensateam die Jiaotong-Universität in Shanghai besucht und typisch Deutsches angeboten: "Schäufele, Schnitzel, Schweinebraten mit Spätzle und sowas", erinnerte sich Engel. "Die Studenten haben zu hunderten angestanden. Die Schlange reichte bis auf die Straße hinaus. Schließlich musste die Polizei kommen, um den Autos wieder Platz zu machen", erzählt Buchmann. "Ich glaube, Schwarzwälder Kirschcreme kam am besten an."
Die chinesischen Mensa-Kollegen hätten großes Interesse daran gezeigt, wie Deutsche etwas kochen. "Am Ende haben wir die Spätzle dann da gelassen", sagte er lachend. Der badische Mensaleiter hat auch viele Erfahrungen gewonnen: "Es ist schon sehr anders. In China macht man wirklich fast alles im Wok - auch Nudeln abkochen oder Pommes frittieren". Geschmacksverstärker hätten einen ganz anderen Stellenwert: "Die benutzen das eigentlich so wie wir hier den Pfeffer", sagte Engel. In Karlsruhe habe man darauf dann aber verzichtet.
Klasse trotz Masse
Buchmann zeigte sich in Anbetracht der ganz anderen Herausforderungen in der Shanghaier Mensa beeindruckt: "Es ist einfach bewundernswert, wie sie dort abertausende Studenten in nur fünf Stunden mit so frischem, vielfältigem Essen versorgen können". Mit über 40.000 Studenten sei die Jiaotong-Universität immerhin doppelt so groß wie ihr Karlsruher Pendant. "Außerdem wohnen sehr viele Studenten in Wohnheimen direkt auf dem Campus und essen deshalb dreimal täglich in der Mensa - immer warm", so Buchmann.
Engel fasste seine Erfahrungen in China so zusammen: "Mich fasziniert, wie die da kochen und arbeiten. Man lernt so auch die Mentalität kennen - aber man muss sich darauf einlassen können". Einiges von dem, was man bei den chinesischen Kollegen gesehen habe, wolle man künftig auch ins eigene Repertoire einbauen.
"Wir versuchen zum Beispiel mit unseren Maschinen diese feine Schnittechnik nachzuahmen", so der Mensaleiter. Exakt nachkochen werde man die Gerichte allerdings nicht. Engel ist sich sicher, dass der kulinarische Austausch mit Shanghai auch in Zukunft weitergehe. Er freue sich jedenfalls aufs nächste Mal: "Natürlich macht es uns einfach Spaß, mal zwei Tage anders kochen zu können."