Es war der Abend der BG. Alles, was im Umfeld und den Medien nach den ersten drei vergeigten Saisonspielen gesagt und geschrieben wurde, jede Kritik an fehlender Wurfsicherheit und zu großer Nervosität fegten die Badener in eigener Halle regelrecht vom Parkett. Genau vier Angriffe beider Mannschaften, die zu Beginn des ersten Viertels allesamt nicht von Erfolg gekrönt waren, dauerte es, bis die "Korbfabrik" BG loslegte. Keine Rede mehr von Schwächen bei einfachsten Korblegern, weit und breit keine unglücklichen Einzelaktionen oder leichtsinnige Ballverluste. Nicht nur den Statistikern wurde warm ums Herz beim Betrachten des Scoutings: neun Dreier standen da schwarz auf weiß, so viele wie noch nie in den vorherigen Spielen. Allein fünf davon gingen auf das Konto von Rouven Roessler. Und ohne das Auftreten der gesamten Mannschaft schmälern zu wollen, war es auch der Abend des Rouven Roessler. Allein im ersten Viertel konnte der 1,98 Meter-Mann 14 Punkte auf seinem Konto verbuchen. Astreine Steals, spektakulärer Dunk - die Zuschauer bekamen von Anfang an tolles Basketball und eine Viertelführung von 22:18 geboten.
"Schutzengel" für Mario Kasun
Auch die zweiten zehn Minuten ließen sich gut an. Nach einem kleinen Durchhänger kamen die Skyliners zwar kurzzeitig auf 30:30 heran, konnten diesen Gleichstand aber nicht lange halten. Nach einem Foul an Frankfurts Mario Kasun gab es dann eine amüsante Unterbrechung: Kasuns verloren gegangene Kontaktlinse ließ sämtliche Spieler und Betreuer in gebückter Haltung über das Parkett schleichen, ehe ein Mitglied der Cheerleader-Truppe "Red Angels" zum Schutzengel des Centers avancierte und das gesuchte Stück unter dem Beifall des Publikums vom Boden auflas.
BG setzt deutliches Signal
Es geht aufwärts: Platz 14 für die BG (Foto: ka-news) |
Mit 40:39 starteten die Teams dann nach einiger Verspätung das dritte Viertel. Die Signalhupe der Europahalle konnte erst von einem Hausmeister wieder gebändigt werden, so dass der Schiedsrichter die Begegnung kurzerhand aussetzte. Überhaupt spielte die Technik in der Arena an diesem Abend verrückt: die Anzeigetafel musste mehrere Male neu geladen werden, die 24-Sekundenuhren streikten - nichtsdestotrotz stürmte die BG auch durch diesen Durchgang und baute ihre Führung auf 57:52 aus. Die Skyliners wirkten komplett überrumpelt und hilflos in ihren Aktionen. Was Headcoach Gordon Herbert schon vor der Partie angekündigt hatte, bewahrheitete sich überdeutlich: es war ein Spiel mit vielen Unbekannten. Und genau diese Unbekannten machten den Hessen das Leben schwer. Auch wenn Roessler mit 31 Punkten klarer Topscorer war, von den neun eingesetzten Spielern punkteten immerhin acht. 44% betrug die Trefferquote der Mitteldistanz-Zweierwürfe der BG, 20% dagegen beim Opelteam, und auch die Freiwürfe gelangen den Karlsruhern diesmal um einiges besser: 73% zu 44% sprachen deutliche Worte.
Nach Scott Brakebills vorzeitigem Aus durch sein fünftes Foul im letzten Viertel gelang den Skyliners noch einmal der 74:74 Ausgleich - das hieß Herzschlagfinale pur. Eine Auszeit für die BG Iceline 15:20 Sekunden vor Schluss stellte die Geduld der 2.200 Zuschauer auf eine harte Probe. Es wurde um jeden Ball bis zum Umfallen - im wahrsten Sinne des Wortes - gekämpft, der Schiedsrichter musste zwei Mal auf Sprungball entscheiden. In noch zu spielenden 4:20 Sekunden und nach zwei Freiwürfen für Narcisse Ewodo, traf Frankfurt praktisch mit dem Schlusssignal einen Dreier, der jedoch im Freudentaumel unterging und am 81:79 Sieg der BG Iceline über den haushohen Favoriten nichts mehr änderte.
Jeder hat jeden mitgerissen
So knapp die Niederlage in Ludwigsburg noch gewesen war, gestern konnten die Jungs von Trainer Dr. Ivan Vojtko ihr ganzes Potenzial ausschöpfen. Der Coach konnte seine Freude nun wirklich nicht mehr verbergen und kam mit einem Grinsen von einem Ohr zum anderen zur Pressekonferenz nach dem Spiel. "Ich habe nicht geglaubt, dass wir heute gewinnen. Aber wir waren das ganze Spiel ebenbürtig oder sogar besser und haben verdient gewonnen", so der Slowake. Sein Gegenüber, Gordon Herbert, gratulierte den Karlsruhern zu ihrer Leistung und vor allem zu ihren großartigen Fans und der Gänsehaut-Atmosphäre in der Halle. BG-Manager Matthias Dischler strahlte und verkündete überschwänglich: "Das ist Basketball!" Die Presse sei schon über den Verein hergefallen, jetzt habe man gezeigt, dass man eben doch eine Mannschaft sei, die zusammen alles schaffen kann. "Wir dürfen nicht abheben, aber uns ist heute eine Zentnerlast vom Herzen gefallen." Auch Rouven Roessler zeigte sich ungewohnt gesprächig: "Heute hat jeder jeden mitgerissen. Das Publikum war da, wir wollten die Blamage von Bonn wettmachen. Wenn wir aber in Würzburg nicht gewinnen, war der heutige Sieg nichts wert."
Wer die BG Iceline dort hin begleiten will, kann sich den "South-Stars" anschließen. Der Fanclub organisiert die Busfahrt am Samstag, 8. November, zur TSK Würzburg. Abfahrt ist um 16 Uhr, anmelden kann sich jeder Interessierte direkt bei den "South-Stars".
Für die BG trafen: Roessler (31/5 Dreier), Ewodo (15/2), Makanda (9/1), Svitek (8), Brakebill (6), Frana (6), Gavel (5/1) und Jaman (1). Bester Werfer der Opel Skyliners Frankfurt war Chris Williams (23).