Wer zum Schöffen berufen wird, ist verpflichtet das Amt auszuführen. Ohne Vorwarnung erhält aber kaum jemand einen Brief mit der Einberufung, berichtet Robert Gunderlach im Gespräch mit ka-news. Er ist erster Vorsitzender der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen Baden-Württemberg. Der Ausschuss rekrutiere ungern aus dem Melderegister, denn dann bekomme man "Leute ohne Motivation". In Baden-Württemberg gibt es 7.500 Schöffen-Plätze. "Darauf kommen aber viel mehr Bewerber", meint Gunderlach.
Verantwortungsvolles Amt mit vielen Pflichten
Was viele nicht wissen: In einem Gerichtsverfahren sind die Schöffen den Berufsrichtern gleichgestellt - auch beim Stimmrecht. So können die Laienrichter in einer Verhandlung den Richter beim Urteil überstimmen. Denn in der Regel kommen in einer Strafgerichtskammer zwei Schöffen auf einen Berufsrichter. Sie dürfen auch Fragen an die Zeugen und Angeklagten stellen und die Akten einsehen - sofern sie das zuvor mit dem Richter abgesprochen und mit seiner Strategie in Einklang gebracht haben.
Da ein Schöffe die richterliche Unabhängigkeit in gleicher Weise wie ein Berufsrichter genießt, ist er auch den gleichen strafrechtlichen Anforderungen unterworfen. Das heißt, dass ein Schöffe sich nicht dafür bezahlen lassen darf, auf die Urteilsentscheidung in die eine oder andere Richtung Einfluss zu nehmen. Tut er dies, kann er wegen Bestechlichkeit oder Rechtsbeugung verurteilt werden.
Gerichtsverfahren können sich über mehrere Monate hinziehen
Das verantwortungsvolle Amt ist mit großem Zeitaufwand verbunden. Bereits im Dezember des Vorjahres bekommen die Schöffen alle Termine der Gerichtsverhandlungen mitgeteilt, denen sie zugelost wurden. Deshalb müssen sie selbst einen Urlaub so planen, dass er sich nicht mit den Sitzungsterminen überschneidet. Dabei kann sich eine Verhandlung über mehrere Monate hinziehen. "Gerade bei Mordfällen handelt es sich oft um Indizienprozesse, die viele Folgesitzungen haben können", so Gunderlach.
Vorurteilsfrei in der Verhandlung
Zwar sind im Gesetz keine Eigenschaften festgelegt, die ein Laienrichter mitbringen muss, aber bestimmte Fähigkeiten sollte ein Schöffe schon haben: Menschenkenntnis und ein gewisses Einfühlungsvermögen sind wichtige Eigenschaften, um die Glaubwürdigkeit von Zeugen zu beurteilen. Auch logisches Denkvermögen und Intuition braucht ein Schöffe. Denn er muss verschiedene Aussagen in Einklang bringen und erkennen, welchen er mehr Glauben schenken kann.
Der Schöffe soll, egal womit er im Gerichtssaal konfrontiert wird, neutral und unparteilich handeln. Dies sei besonders schwierig bei Vergewaltigungen, erzählt Gunderlach, denn dort gibt es meist nur zwei Aussagen: die des Angeklagten und die des Opfers.
Als Schöffe bewerben kann man sich direkt bei Gemeinden, über Parteien, Kirchen und Verbände. Die Auswahl der Schöffen erfolgt dann über eine Liste, die in den Gemeinderäten beschlossen wird. Diese Vorauswahl erhält wiederum der Schöffenwahlausschuss, der die geeigneten Personen bestimmt. Die ausgewählten Laienrichter haben ihr Amt für fünf Jahre inne. Einmal kann ein Schöffe wiedergewählt werden, dann muss er eine Amtsperiode aussetzen.