Im Jahr 1909 war es, als der Badische Landtag beschloss: Die Marke 'Schwarzwälder Kirschwasser' muss geschützt werden - zu viel Verschnitt, zu viel Billigware war damals auf dem Markt. Das musste sich ändern, war man sich der Bedeutung des traditionsreichen Feuerwassers doch damals schon bewusst.
"Daraufhin kam es zur Gründung der Destillerie Kammer-Kirsch, damals unter der Verantwortung der Landwirtschaftskammer Baden", erzählt der heutige Geschäftsführer Gerald Erdrich. "Der Name war eine einfache Zusammensetzung der Kammer, welche die Aufsicht hatte und dem Erzeugnis, das es herzustellen galt."
Mit 100 Millionen Papiermark in die Zukunft
Der Name ist bis heute geblieben - das Unternehmen hat sich verändert. Die Intention, das Erzeugnis aus der Region zu schützen, veranlasste das Unternehmen immer wieder, mit der Zeit zu gehen. So wurde 1923 aufgrund der angespannten finanziellen Situation die 'Kammer-Kirsch Aktiengesellschaft' mit 100 Millionen Papiermark Grundkapital gegründet. "Damals war es an der Zeit, die Destillerie an den freien Kapitalmarkt anzuschließen", weiß Erdrich. Fortan entwickelte sich das Unternehmen stetig, 1929 kam es zur Anmeldung eines bis heute eng mit der Spirituose verknüpften Patents: Die Vierkantflasche, die bis heute Markenzeichen der Schwarzwälder Obstbrände ist.
Alles begann mit Kirschwasser
Seit 1989 leitet nun Gerald Erdrich die Geschicke des Unternehmens, das derzeit 25 Mitarbeiter beschäftigt. Im Laufe der Jahre habe sich vor allem das Verhältnis von Ablieferung an den Staat und der Vermarktung verändert: "In der Mitte des letzten Jahrhunderts war dieses Verhältnis ungefähr gleich, heute liegt es bei rund 70 Prozent Vermarktung und nur noch 30 Prozent Ablieferung", sagt Erdrich. "Dieses gesunde Mischverhältnis ist die große Stärke von Kammer-Kirsch."
Verkauft wird längst nicht mehr 'nur' Kirschwasser - vielmehr bietet die Karlsruher Brennerei Erzeugnisse aus allen möglichen Segmenten. Vor allem auf den Single-Malt-Whisky aus dem Malz der Badischen Staatsbrauerei Rothaus ist man stolz: "Nach dem Brennen lagert der Whisky in Eichenfässern, nur dadurch bekommt er seinen Geschmack", erzählt Erdrich. Ohnehin hänge viel vom richtigen Fass ab: Sowohl der Geschmack als auch die Farbe werden über die richtige Lagerung reguliert.
Deutschlandweit 12.000 Brennereien:"Baden ist das Herzstück"
Der Absatz spielt also die entscheidende Rolle auf einem insgesamt schwierigen Markt: "Nur rund vier Prozent des deutschen Spirituosen-Marktes machen Obstbrände aus. Und dieser ist schon der größte Markt", erzählt der Fachmann. Internationalisierung ist also das Stichwort, will man gewinnbringend wirtschaften: "Unsere Spezialitäten werden rund um den Globus verkauft: Amerika, Japan, Thailand, um nur einige Länder zu nennen."
Unzählige kleine Brennereien gibt es nach wie vor, überwiegend in Süddeutschland: "Baden bildet dabei das Herzstück - hier sind rund 12.000 Brennereien angesiedelt", berichtet Erdrich. Zum Vergleich: In Württemberg, Bayern, dem Saarland und Rheinland-Pfalz sind insgesamt rund 8.000 Brennereien zu finden.
Noch zum Ende des 20. Jahrhunderts gab es in den gleichen Gebieten über 36.000 kleine Brennereien. Für die Zukunft erhofft sich der Geschäftsführer die positive Fortentwicklung eines der Markenzeichen der Region. 1935 wurde die erste Flasche Kirschwasser nach Amerika verkauft. "Das", da ist Erdrich sicher, "war noch lange nicht die letzte."