Gespannt sind alle Augen auf Regisseur Stephan Rick gerichtet. Nicht nur die Hauptdarsteller - vor allem die Komparsen atmen erleichtert auf, als dieser mit beiden Daumen nach oben signalisiert: "Die Szene ist im Kasten". Zum Team der Lokalredaktion gehören an diesem Tag auch der Karlsruher Michael Kern und Tim Schaab aus Baden-Baden. Die beiden sind Komparsen aus Leidenschaft.
Um für oftmals wenige Sekunden im Rampenlicht zu stehen, stecken sie in jede Szene ihr Herzblut. Für diesen Traum fahren sie immer wieder quer durch die gesamte Bundesrepublik. Zuletzt wirkten Kern und Schaab bei den Dreharbeiten zu "Ottos Eleven" mit und zeigten ihre Gesichter als Pokerspieler und Croupier.
Heute sind sie als Komparsen für Filmaufnahmen des Psychothrillers "Unter Nachbarn" gebucht, der zurzeit in Karlsruhe und Umgebung gedreht wird. Realisiert wird er von der Produktionsfirma kurhaus production in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk (SWR). Die fiktive Zeitungsredaktion, in der die letzte Szene spielte, wurde eigens dafür in einem leer stehenden Konferenzraum eingerichtet. Maxim Mehmet, bekannt aus dem Film "Männerherzen", verkörpert den Journalisten David, einer der Hauptcharaktere.
"Man schaut die Filme seither ganz anders"
"Jedes Mal ist es eine neue Herausforderung, sich in eine Rolle einzufinden", beschreibt Schaab den Reiz des Schauspielens im Hintergrund. Entspannt rückt er seine Schiebermütze zurecht. Gerade wird die vorangegangene Szene noch einmal aus einer anderen Perspektive gedreht. Tim Schaab liebt die Abwechslung des Komparsenseins. Mit jeder Ausführung strahlt er mehr und man kann spüren, wie ergriffen er vom Filmgeschäft ist. "Besonders der Einblick in die Arbeitsweise am Filmset ist spannend", ergänzt Michael Kern mit verklärtem Blick. Seit seinem Engagement beim Film schaut er jeden Streifen mit ganz anderen Augen.
"Als Zuschauer sieht man die viele Arbeit und Mühe nicht, die oft für nur eine Minute investiert wird", macht er deutlich. Bis zu 13 Stunden kann ein Drehtag dauern, wovon man am Ende im Film nur vier Minuten sieht. Dass sie dazwischen stundenlange Leerläufe haben und doch nur wenige Sekunden im Bild erscheinen, stört sie nicht – ganz im Gegenteil. Die vielen Stunden am Rande des Sets sind oft noch spannender. Der Austausch mit befreundeten Komparsen von anderen Dreharbeiten, das Treffen mit den Schauspielern und die Zusammenarbeit mit der Filmcrew sind weitere Höhepunkte, auf die Schaab und Kern sich immer wieder aufs Neue freuen.
Als nächstes stehen für die Büroszene entsprechende Tonaufnahmen an. Damit soll nochmals die Atmosphäre in einem Großraumbüro akustisch eingefangen werden, erklärt Komparsenbetreuer Robert Niemetz. Die entsprechenden Geräusche werden anschließend über das abgedrehte Bild gelegt. "Ton läuft – und bitte", lautet die Anweisung. Nun dürfen sie noch einmal ordentlich Schubladen knallen, telefonieren und tippen – alles, was der Beruf des Redakteurs an Geräuschen so hergibt. Ein Mitarbeiter läuft derweil mit einem großen Mikrofon durch die Gänge. Die Stimmung ist ausgesprochen locker und entspannt. Beide schätzen die gute Laune und die Aufgeschlossenheit des rund 40 Mann starken Teams. Dies sei selten, hebt Michael Kern hervor. "Sonst sind Dreharbeiten durch sehr viel Anspannung am Set geprägt", verrät er.
"Erst durch Komparsen werden die Szenen lebendig"
Allein mit einer gestellten Kulisse und einigen Darstellern kommen weder Film noch Fernsehen vollständig aus. Kaum jemand nimmt zwar den Redakteur wahr, der an einem überfüllten Schreibtisch hektisch in seinen Unterlagen blättert, während die Protagonisten im Raum umhergehen - doch erst durch Komparsen werden die Szenen lebendig. Durch solche Menschen, die im Hintergrund den Alltag darstellen, erklärt Robert Niemetz.
Der Komparsenjob ist ein fester Teil ihres Lebens geworden, gestehen Michael Kern und Tim Schaab ein. Und auch darin möchten sie sich weiterentwickeln. Von einer durchgängigen Minirolle in einer Serie bis hin zu kleineren Sprechrollen können beide sich alles vorstellen. 2011 soll "Unter Nachbarn" in die Kinos kommen, im Herbst 2012 wird er voraussichtlich im Fernsehen ausgestrahlt.