Saltatio Mortis, ihr habt es mit eurer neuen Platte "Das schwarze Einmaleins" auf Platz 1 der deutschen Media Control Charts geschafft. Was ist das für ein Gefühl, sich in ein Ranking mit Andrea Berg, Helge Schneider und Xavier Naidoo einzureihen?
Falk: Das Gefühl ist unbeschreiblich - die Chartplatzierung kam für uns total überraschend. Wir konnten es selbst nicht glauben, schließlich unterscheidet sich unsere Musik stark von der unserer Kollegen. Trotzdem - wir haben es tatsächlich geschafft, Andrea Berg zu überholen (lacht).
Ich habe im Vorfeld mal in euer Album reingehört - ihr habt Recht: Nach Schlager und Mainstream klingt das wirklich nicht - im Gegenteil vernimmt man Dudelsack-Melodien und rockige deutsche Texte. Wer hört euch und wie würdet ihr eure Musik beschreiben?
Luzi: Unser Publikum heute ist bunt, obwohl wir unsere Anfänge hauptsächlich in der Gothic-Szene machten - einfach weil unsere Musik dort sehr gut aufgenommen wurde. Mittelalterklänge sind eben nicht Jedermanns Sache. Mittlerweile nehmen wir aber auch Rockmusik auf. Tatsächlich zählen wir heute die unterschiedlichsten Leute zu unseren Fans: Vom Kind bis zum Opa - unser Publikum beschränkt sich weder auf ein bestimmtes Alter noch auf eine einzige Gesellschaftsschicht.
Falk: Unsere Musik ist mitreißend - keiner kann sich ihr entziehen: Entweder man findet uns super oder total schrecklich - ein Mittelding gibt es eigentlich nicht. Aber das ist gut, wir wollen bewusst anecken und die Leute zum Nachdenken anregen. Gerade unser neues Album ist, was die Songtexte anbelangt, sehr aktuell: Es geht um Politik, Gesellschaftskritik und Gerechtigkeit. Eigentlich passend zur Bundestagswahl (lacht).
"Wachstum, Wachstum über alles, über alles in der Welt - danach lasst uns alle Streben, bis der letzte Groschen fällt": In eurem aktuellen Song dichtet ihr die deutsche Nationalhymne um und schlagt kritische Töne an. Ihr lasst offenbar kein gutes Haar an der Entwicklung der Finanz- und Arbeitspolitik hierzulande, verstehe ich das richtig?
Falk: Es kann so nicht weitergehen, das Konsumsystem ist zum Scheitern verurteilt: Wir wollen mehr Geld, mehr Produkte, mehr Sicherheit und mehr Wohlstand. Die Politiker wollen uns weis machen, dass die Basis dafür ein stetiges Wirtschaftswachstum ist. Aber ist das tatsächlich die Lösung für all unsere Probleme? Auch wir haben keine Antworten, aber wir wollen die Fragen publik machen - einen Denkanstoß geben. Wobei uns wichtig ist, uns nicht als Moralapostel zu positionieren und mit dem Zeigefinger auf andere zuzugehen. Wir sind alle gleich.
Luzi: Es kamen schon Anfragen von Parteien, die unsere Musik als Werbung verwenden wollten. Das haben wir kategorisch abgelehnt.
Der Großteil eurer achtköpfigen Band hat seine Wurzeln in der Fächerstadt. Auch wir waren erstaunt, dass Karlsruhe Chartstürmer zu seinen Söhnen und Töchtern zählen kann. Wie hat eure Karriere denn angefangen?
Falk: Uns gibt es schon seit 14 Jahren...
Luzi: ...wurde auch mal Zeit, dass wir es auf Platz 1 schaffen (beide lachen).
Falk: Angefangen haben wir als Straßenmusiker. Wobei das Ganze mit der Band tatsächlich das Resultat eines Besuchs auf dem Mittelaltermarkt war: Wir waren dort alle einzeln mit unseren Instrumenten unterwegs - irgendwann schlossen wir uns unvermittelt zusammen und hatten einen Riesen-Spaß gemeinsam zu musizieren. Dann kam das eine zum anderen und wir gründeten spontan Saltatio Mortis. Nach einigen Gigs und Bandproben, nahmen wir eine erste CD auf - damals vor allem um die Reise zu einem Festival nach Schweden zu finanzieren (grinst). Das Ganze nahm schließlich seinen Lauf und heute sind wir auf Platz 1 der deutschen Charts. Unser Beruf ist mit jeder Menge Stress verbunden - Bodenständigkeit und geregelte Arbeitszeiten = Fehlanzeige.
Luzi: Trotzdem: Noch immer lieben wir es, spontan Straßenmusik zu machen. Als Spielleute machen wir auch immer mal wieder die Kaiserstraße unsicher.
Wenn ihr nicht gerade im Proberaum seid - was sind denn eure Lieblingsorte in Karlsruhe?
Falk: Oh - ganz klar: Der Schlossgarten ist ein schönes Plätzchen. Aber ich für meinen Teil sitze auch gern im Café Palaver am Lidellplatz.
Luzi: Aber die Innenstadt allgemein ist auch toll - man hat alles beieinander und muss keine langen Wege zurücklegen, wenn man etwas braucht.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Falk: Uns ist es ein besonderes Anliegen, so viel wie möglich mit Leuten und Firmen aus der Region zusammenzuarbeiten - dieses Ziel wollen wir auch künftig weiterverfolgen. Einen speziellen Traum haben wir auch (lacht): Obwohl wir Stamm-Band für Festivals wie Wacken, M'era Luna und Co. sind, bewerben wir uns seit Jahren jedes Mal aufs Neue vergebens bei Das Fest - dort wollen wir unbedingt einmal auftreten, egal ob auf der Mainstage oder nur im Mittagsprogramm. Das Format ist total super und es gehört, wie auch wir, zu Karlsruhe. Das sollte den Menschen bewusst werden: Auch wenn wir viel unterwegs sind - unsere Heimat ist hier und darauf sind wir stolz.