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Rüdiger Mayer: Rollender Unfallfotograf

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Rüdiger Mayer: Rollender Unfallfotograf

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    Rüdiger Mayer: Rollender Unfallfotograf
    Rüdiger Mayer: Rollender Unfallfotograf Foto: ps

    "51 Mal hast du die Kamera dabei und es passiert nichts. Dann ist sie einmal nicht da und du könntest sie brauchen", erzählt er. Heute hatte er aber Glück: Die Kamera war im Auto und das gleich beim Café geparkt.

    Mayer filmt alles, gelegentlich mit Unterstützung seines Sohnes Julian: Familienfeste, Partys, Hochzeiten und eben Unfälle. "Für andere ist das makaber", aber er bringt die Bilder unter Leute „um ein Bewusstsein zu wecken: 'Komm, fahr' mal eine Runde langsamer'." Für ihn ist es auch wichtig, dass er „nicht einfach drauf hält“, die Leute sollen nicht das ganze Elend sehen. Denn auch er weiß: "Vor Ort sieht man wirklich viel, da muss man schon schlucken.". Dabei denkt Mayer vor allem an Unfälle mit Kindern und Jugendlichen.

    Bei den Einsatzkräften vor Ort genießt er ein gutes Ansehen und auch ka-news greift gerne auf seine Bilder zurück. Dabei war er ursprünglich absolut fachfremd. Er verdiente sein Brot als Maler und Lackierer. Dann kam der 19. Juni 1986. Um 10.03 Uhr fiel eine Palette von einem Lkw direkt auf Mayers Rücken. Seit diesem Arbeitsunfall meistert er sein Leben im Sitzen.

    "Am Anfang brauchst du jemand, der dir in den Arsch tritt", gesteht er in etwas drastischen, für ihn nicht untypischen Worten. Unmittelbar nach seinem Unfall erlebte er ein "interessantes und lehrreiches Jahr“ im Krankenhaus. Seit dem kann er mit Ärzten nicht mehr allzu viel anfangen. Nach einem weiteren Jahr daheim, ist es ihm „zu langweilig geworden".

    Es folgte ein Zwischenstopp am Funk der Taxizentralen Karlsruhe und Karlsbad, doch auch das "hat mich nicht ausgefüllt".

    Schließlich war er vom ersten Tag an beim regionalen Fernsehsender B.TV, damals noch Baden TV, dabei. Mayer war in der Sendeabwicklung beschäftigt und wusste daher, was für Bilder gebraucht wurden. Eines Tages gab es einen Unfall. Es war kein Mitarbeiter greifbar, also fuhr Mayer raus, um zu filmen. Am Unfallort überlegte er kurz, was alles gesendet wird: "Auto einmal von links, von rechts, vorne, hinten und ein Gesamtüberblick." Wenig später war er wieder im Studio und beeindruckte seinen Chef so sehr, dass dieser spontan entschloss: "So, das machst du jetzt immer!" Er bekam eine eigene Sparte und blieb, bis am letzten Tag im Sender das Licht ausging.

    Auch beim nachfolgenden regionalen Fernsehsender war er von Anfang an dabei, allerdings im Schnitt, und da ihm das Filmen fehlte machte er sich selbstständig und verließ den Sender. Seitdem fährt er morgens die Tochter seiner Exfrau zur Arbeit, "sitzt dann auf der Lauer" und wartet auf Anrufe. Die kommen dann auch und er macht sich auf den Weg zum Unfall um dort zu filmen: "Ich fahre vor Ort rum, da sagt niemand was", freut sich Mayer sichtlich. Inzwischen ist er so bekannt, dass auch ZDF und RTL anrufen und fragen, ob er Bilder von für sie relevanten Unfällen hat.

    Beschreiben Sie sich mit drei Worten.
    Willensstark, humorvoll, hilfsbereit

    Was ist Ihre größte Stärke?
    Immer einen Weg zu finden wo es weiter geht.

    Was ist Ihre größte Schwäche?
    Immer jedem helfen zu wollen.

    Was war als Kind oder Jugendlicher Ihr Traumberuf? Haben Sie damals jemals daran gedacht, das zu werden, was Sie heute sind?
    Lokführer bei der Bundesbahn. Nein, daran habe ich nie gedacht. Das wurde mir erst möglich durch meinen Unfall. Da erst bekam ich die Chance in die Fernsehbranche zu kommen und hängen zu bleiben (macht süchtig).

    Was würden Sie im Leben gerne noch erreichen?
    Keine besonderen Ziele. Ich nehme es wie es kommt.

    Was nervt Ihren Partner am meisten an Ihnen?
    Dass es keinen gibt!

    Auf welchen Gegenstand möchten Sie im Leben nicht verzichten?
    Auf meinen Rollstuhl, sonst würde ich nur dumm zuhause rumsitzen und könnte nicht all das machen was ich mache.

    Wen würden Sie gerne auf den Mond schießen?
    Menschen, die alte Mitbürger berauben und sie um das Letzte bringen. Weil die eh schon zu wenig zum Leben haben und sich nicht wehren können.

    Welcher Mensch beeindruckt Sie?
    Rudi Carell, weil er gezeigt hat, dass man auch mit einer Krankheit noch Humor haben kann bis zum Ende.

    Welche Musik (Interpret und Titel) und welcher Film haben Sie am meisten beeindruckt?
    Da gibt es einige, aber alle aufzuzählen sprengt wohl den Rahmen. Aber ich liebe Filme, bei denen man richtig lachen kann.

    Welches Buch haben Sie als letztes gelesen?
    Lesen, oh Gott, das ist was, was ich nicht mag, außer aus Langeweile beim Arztbesuch.

    Sie werden als Tier geboren. Als welches?
    Als Hund. Da müssen andere die Steuern zahlen und man bekommt immer Streicheleinheiten.

    Sie tauschen einen Tag mit einer Person des anderen Geschlechts - wer wäre das?
    Das wäre grausam, weil ich mir dann eine Freundin suchen müsste um gemeinsam mit ihr auf die Toilette zu gehen.

    Was finden Sie an Karlsruhe reizvoll?
    Ich bin hier geboren, es ist meine Heimat und es gibt so viele nette Mitbewohner,

    Was würden Sie an Karlsruhe ändern, wenn Sie Oberbürgermeister wären?
    Die Spritpreise senken. Weil wir die Raffinerie in Karlsruhe haben, aber das von uns gelieferte Benzin in weiter Entfernung trotz Anlieferung immer billiger ist als bei uns - was keiner verstehen kann.

    Welches sind die markantesten Karlsruher / deutschen Köpfe?
    Das ist schwer zu sagen, da es so viele gibt und alle was tun. Jeder das, was er kann. Und alle zusammen sind das Ergebnis.

    Sie leben in einem anderen Land. Welcher Grund könnte Sie dazu bewegen beziehungsweise davon abhalten, nach Deutschland einzuwandern?
    Das ist einfach. Der einzige Grund wäre, weil ich nicht wüsste was ich versäume in Karlsruhe und Umgebung.

    Es geht um das Glück der Republik. Welche Person, Gruppierung oder Idee sollte mehr Einfluss gewinnen?
    Menschen, die nicht nur versprechen um zu gewinnen, sondern um es auch zu halten und real werden zu lassen. Das würde helfen und neues Vertrauen schaffen.

    Wie und wo möchten Sie sterben?
    Da mache ich mir keine Gedanken, weil es eh kommt wie es kommt und wir darauf keinen Einfluss haben.

    Kommen Sie in den Himmel oder in die Hölle?
    Das wird sein wie im Leben. Ich werde mal da mal da sein, weil ich nicht gerne an einem Ort bin. Wenn ich es mir aussuchen darf, dann dort wo es mehr zu Lachen gibt!

    (ram)

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