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Karlsruhe: Pforzheimer Experte klärt Mysterium: Geht Technik absichtlich schnell kaputt?

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Pforzheimer Experte klärt Mysterium: Geht Technik absichtlich schnell kaputt?

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    Unter der Lupe: Der Vorwurf, dass Hersteller absichtlich Fehler in Technikgeräte und andere Produkte einbauen, kommt immer wieder auf. Doch: Was ist dran?
    Unter der Lupe: Der Vorwurf, dass Hersteller absichtlich Fehler in Technikgeräte und andere Produkte einbauen, kommt immer wieder auf. Doch: Was ist dran? Foto: Soeren Stache

    "Diskutiert wird, ob es die 'geplante Obsoleszenz', also den absichtlich eingebauten Fehler durch die Hersteller, wirklich gibt", sagt Tobias Brönnecke, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Pforzheim. Zum Beispiel werden immer wieder sogenannte "Sollbruchstellen", also bewusst eingebaute Mängel, in einzelnen Produkten vermutet. Doch gibt es das wirklich? Schließlich bestreiten die Hersteller diese Vorwürfe seit Jahren.

    Auch Kleider und Schuhe betroffen

    Brönnecke aber hat zumindest an vereinzelt eingebauten Schwachstellen keine Zweifel: "Fest steht, dass es immer wieder Produkte gibt, die ohne große Mehrkosten besser konstruiert werden und damit wesentlich länger halten können." Beispielhaft nennt er Küchengeräte, bei denen Plastik auf Metall trifft. Die Plastikteile werden dann sehr schnell abgenutzt - und das obwohl dasselbe Teil aus Metall den Hersteller kaum mehr kosten würde.

    Gezielte und von langer Hand geplante Schwächung der Produkte also? Ganz so weit will Brönnecke,  der auch Mitglied der Verbraucherkommission Baden-Württemberg ist, nicht gehen. Er sagt: "Die Kommission schlägt vor, statt von 'geplanter' lieber von 'fahrlässiger' Obsoleszenz zu sprechen." Ein kleiner, jedoch entscheidender Unterschied. Gemeint sei, dass ein Produkt schlicht nicht dem Stand der Technik entspricht - obwohl es das ohne große Mühe seitens des Herstellers könnte.

    Beispiele für derartige "Fahrlässigkeiten" kennt Brönnecke einige. Er führt aus: "Bei Druckern werden teilweise sogenannte Anhaltechips eingebaut. Die sorgen dafür, dass das Gerät nach einer gewissen Anzahl von Ausdrucken außer Gefecht gesetzt ist." Doch nicht nur bei Haushalts- und Technikgeräten lassen sich solche Mängel feststellen, wie Brönnecke deutlich macht. So seien zum Beispiel auch Schuhe, deren Sohle nicht richtig verklebt wurde, oder Kleider, deren Fasern extra kurz gehalten werden immer wieder auffällig.

    "Der Gesetzgeber ist gefordert"

    "Das schlimmste dabei ist, dass der Preis kein verlässlicher Indikator für Schrott ist", macht der Fachmann außerdem klar. Allenfalls bei absoluten Billig-Waren könne von vornherein kaum eine akzeptable Qualität erwarten werden. Absichtliche Qualitäts-Mängel ziehen sich also offenbar durch alle Preisklassen - und werden gleichzeitig von Unternehmen aller Preisklassen vehement abgestritten.

    Ein Umstand, den Brönnecke sogar nachvollziehen kann. Bei einem Nachweis der eingebauten Defekte seien die Folgen für die Unternehmen nämlich durchaus relevant. Er führt aus: "Theoretisch ergeben sich durch eine mindere Qualität im Verhältnis zu einem vergleichbaren Produkt Rechte auf Reparatur oder eine Ersatzlieferung." Auch könnten die Hersteller dazu verdonnert werden, das Geld zurückzuzahlen oder gar Schadensersatz zu zahlen.

    Bei seiner Schilderung legt der Experte auf das Wort "theoretisch" besonders großen Wert - denn in der Realität sehe es oft anders aus: "Diese Rechte gelten nur zwei Jahre. Das ist bei vielen Produkten zu kurz. Außerdem liegt die Beweispflicht, dass wirklich ein solcher Defekt vorliegt, beim Kunden. Und dann mauern die Hersteller gerne."

    Brönnecke nennt die Probleme, hat aber auch Lösungen parat. Er sieht dabei vor allem den Gesetzgeber in der Pflicht: "Es ist die Angabe der Mindestlebensdauer auf jedem Gerät nötig, vergleichbar mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum bei Lebensmitteln. Vor Ablauf dieser Frist dürfen die Rechte der Käufer dann nicht verjähren." Außerdem gelte es, den Verbraucher künftig aus der Beweispflicht zu nehmen, so der Experte.

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