Herr Kahn, in Ihrer Jugend war der "ewige" Torhüter Rudi Wimmer ein Idol, später wurde er in der A-Jugend Ihr Trainer. War er auch für Sie ein besonderer Fußballer?
Er war die Torwart-Ikone schlechthin, eine Legende wie Dino Zoff. Ruhig, nicht spektakulär und mit einer enormen Erfahrung. Ich habe damals beim Training zugeschaut, als Bernd Fuhr verpflichtet wurde. Es war sehr interessant für mich zu sehen, daß Wimmer kaum einen Ball mit einer Parade hielt. Immer stand er richtig, um Schüsse entweder wegzuboxen oder auch nur einfach mit dem Fuß abzuwehren. Seine Antizipation war unglaublich. Aber mein Vorbild damals war Toni Schumacher.
Großen Schwung entfachten anfangs der Neunziger die Europapokaljahre des KSC.
In dieser Zeit hätte der KSC die Möglichkeit gehabt Strukturen zu schaffen, die es dem Verein ermöglicht hätten, sich sportlich und wirtschaftlich langfristig zu etablieren. Die im professionellen Fußballgeschäft weit verbreitete Angewohnheit freie finanzielle Mittel aus Transfererlösen sofort wieder in Spieler und Gehälter zu investieren führt häufig über kurz oder lang zu finanzieller Instabilität. Anstatt den Verein zunächst zu konsolidieren, haben die Verantwortlichen wohl gedacht, man gehöre schon zu den Spitzenclubs der Bundesliga. Mit der Entlassung von Winfried Schäfer wurde es dann sicherlich nicht einfacher.
Sehen Sie Parallelen zu heute?
Die heutige Situation ist letztlich dadurch gekennzeichnet, dass der Verein es als Erfolg vermeldet wenn ihm im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens der DFL die Lizenz erteilt wurde und man den Klassenerhalt in der 2. Liga bewerkstelligt. Sportlicher Erfolg setzt eine gewisse wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voraus. Diese wieder zu schaffen wird die Aufgabe der Verantwortlichen sein. Sollte dies gelingen, dann könnte der KSC wieder positiver in die Zukunft blicken.
Wir haben Fotos dabei von der Mitgliederversammlung im Herbst 2009, als Paul Metzger zum Präsidenten gewählt wurde. Waren Sie im Nachhinein überrascht über die Feindseligkeit, die Ihnen gegenüber zum Ausdruck gebracht wurde?
Zunächst einmal muss ich gestehen, dass ich mir während der Mitgliederversammlung überhaupt nicht darüber bewusst war, dass nur Fragen gestellt werden dürfen! Und es war deshalb auch verständlich, dass einige Leute nicht begeistert reagierten. Andererseits war von einer bestimmten Gruppe gewiss auch ein wenig Vorsatz dabei. Aber ich schließe aus einer Gruppe von vielleicht 100 Personen nicht auf alle oder den Gesamtverein. Und werde dies auch künftig nicht tun. Daher konnte ich diese Sache für mich auch verhältnismäßig rasch abhaken. …
Wir erinnern uns, dass auch Vorwürfe im Sinne von "Wo warst Du, als es uns dreckig ging!?" kamen.
Ja, wo war ich? Ich habe selbst Fußball gespielt!
Eine mögliche Gegenfrage Ihrerseits hätte lauten können, "Wo war ich denn, als der KSC nach oben kam?!"
Das hat mich dann doch überrascht, daß die Menschen so schnell vergessen hatten. Zumal ich mich über den KSC auch während meiner Zeit in München nicht im Ansatz negativ geäußert hatte. Aber wie gesagt, es war wirklich nur eine Minderheit, die derart polterte.
Die Fragen stellten Matthias Dreisigacker und Christian Pfefferle von "Auf, Ihr Helden!". Die aktuelle Ausgabe bietet neben dem Interview mit Oliver Kahn Beiträge zu Manfred Amerell, Makhtar Thioune oder den legendären Freundschaftsspielen des KSC gegen brasilianische Spitzenmannschaften wie Santos FC oder den Botafogo in den 50er und 60er Jahren.