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Paris/Sotschi: Obelix wird Russe: Adieu, Herr Depardieu!

Paris/Sotschi

Obelix wird Russe: Adieu, Herr Depardieu!

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    Neue beste Freunde: Kreml-Chef Wladimir Putin (r.) verleiht Schauspieler Gérard Depardieu die russischen Staatsbürgerschaft.
    Neue beste Freunde: Kreml-Chef Wladimir Putin (r.) verleiht Schauspieler Gérard Depardieu die russischen Staatsbürgerschaft. Foto: Mikhail Klimentyev

    Cher Monsieur Depardieu,

    früher gingen Menschen ins Exil, um dem Tod zu entkommen. Sie erhofften sich Sicherheit, Freiheit und Arbeit in einem anderen Land.

    Was erhoffen Sie sich, Monsieur Depardieu? Setzen Sie sich wie Pablo Neruda für den Weltfrieden und politisch Verfolgte ein, in einem Land, das lärmenden Kätzchen den Mund verbietet? Schaffen Sie wie Bertholt Brecht Entfaltungs- und Publikationsmöglichkeiten für Schriftsteller oder planen Sie eine Froschschenkel-Bar am Kreml zu eröffnen, um dem Vorbild zahlreicher Goodbye-Deutschland-Stars, die sich eine Existenz auf Malle wünschen, zu folgen?

    Nein, all das planen Sie nicht - das nehme ich zumindest an. Schluss mit den rhetorischen und hin zu bedeutsamen Fragen: Ihr Heimatland plant die Abgaben für Reiche zu erhöhen. Mit einem geschätzten Vermögen von 120 Millionen US-Dollar sind Sie der bestbezahlte Schauspieler Frankreichs. Doch sind es die geringen 13 Prozent Einkommenssteuer in Russland wert, Chardonnay gegen Gorbatschow einzutauschen? Hollande gegen Putin? 20-Zimmer-Villa gegen barackes Zollhaus? Lässt Sie der Wirbel um korrupte Wahlen und Medienzensur nicht zweifeln? Scheinbar wirklich nicht - einen Dankesbrief, in dem Sie Ihre neue Wahlheimat Russland als "große Demokratie" loben, haben Sie bereits verfasst. Sie erinnern immer wieder an Ihren Vater, der schließlich auch Kommunist gewesen sei und so stecke ein Teil Russlands seit jeher in Ihren Wurzeln.

    Verstehen Sie es nicht falsch, Gérard. Es ist Ihr gutes Recht, sich Ihren betuchten Landsleuten anzuschließen und sich aus Steuergründen abzusetzen. Ja, es ist zwar schon moralisch verwerflich, sich seiner Bürgerpflicht zu entziehen, aber Ihre Reaktion auf die finanzpolitische Brutalität Frankreichs ist nur menschlich, wie die steinzeitliche Verteidigung von Frau und Fleisch. Wir sehen es Ihnen nach, wenn Sie Ihren Einfluss als Weltstar in Zukunft nutzen werden, die Welt in Ihren eigenen Sphären zu verbessern: Schluss mit der Zensur im Osten, Reichen-freundlichere Politik im Westen - klingt nach einem Projekt, auf das vielleicht sogar andere Exilgrößen stolz sein könnten. Im Falle, dass Sie sich nicht für die zurückgebliebenen armen reichen Franzosen einsetzen möchten, schließen Sie sich doch mit Co-Auswanderin Brigitte Bardot zusammen und kümmern Sie sich um die in Frankreich verweilenden Zootiere. Wegen deren vermeintlich schlechter Behandlung will nämlich auch Bardot ihrem Heimatland den Rücken kehren.

    Für was Sie sich auch entscheiden, ein Tipp für den One-Way-Flug bleibt: Schnallen Sie sich an und halten Sie Ihre Blase unter Kontrolle, Monsieur Depardieu!

    Ihre Marie Wehrhahn

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