"CDU-Parlamentarier blamiert sich mit Steinbach-Brief", berichteten deutsche Medien am Dienstag - etwa auf Internetseiten wie Spiegel-Online und n-tv. Dabei sollte es offenbar in aller erster Linie ein Angriff auf FDP-Mann Guido Westerwelle werden: In dem seit Wochen anhaltenden Zank um Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach forderte der CDU-Europaabgeordnete Caspary (Landkreis Karlsruhe) vom Außenminister ein Statement zu polnischen Mitgliedern im Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Dabei unterlief ihm augenscheinlich ein gravierender Fehler. Das Schreiben - das offenbar eine Art Aufrechnung polnischer und deutscher Verfehlungen in der Vergangenheit zum Ziel hatte - hat den kleinen, aber feinen Makel, dass in dem seit 2008 bestehenden Stiftungsrat mit seinen formal 13 Mitgliedern kein einziger polnischer Vertreter sitzt. Weder der Stiftungsrat, noch der Beirat ist bislang komplett besetzt: nur in letzterem sitzt ein Mitglied der Akademie der Wissenschaft in Warschau, Tomasz Szarota, ein weithin angesehener polnischer Historiker. Caspary schrieb dennoch: "Vollkommen ausgeblendet bleibt in diesem Zusammenhang jedoch die Fragestellung über die persönlichen Hintergründe und Lebensläufe der polnischen Beiratsmitglieder", heißt es nach Medienberichten in dem Schreiben. Deshalb wende er sich mit der Frage an den Außenminister, heißt es dort, welche Erkenntnisse er, beziehungsweise die Bundesregierung darüber habe. Caspary war zu dem Vorgang seit Dienstag für eine ka-news-Anfrage nicht erreichbar. Caspary fragte weiter: "Liegen Ihnen oder der Bundesregierung Erkenntnisse über mögliche Taten, Aktivitäten oder Äußerungen von polnischen Beiratsmitgliedern vor, die einer Berufung in den Beirat entgegenstehen könnten?", heißt es in dem Brief, der nach eigenen Angaben "Spiegel Online" vorliegt. Auch das Hamburger Abendblatt hatte schon berichtet, der Vorgang wird zudem von polnischen Medien bestätigt. Das Schreiben wurde den Medienvertretern offenbar über das Auswärtige Amt zugespielt. Das Thema ist und bleibt heikel. Es geht um die Besetzung des verbliebenen Postens im Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Westerwelle ist strikt gegen die CDU-Politikerin Erika Steinbach. Diese, so der Liberale, habe - inzwischen Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) - 1991 im Bundestag den deutsch-polnischen Grenzvertrag, sprich: die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie abgelehnt. Bei seiner Attacke steht der CDU-Europaabgeordnete Caspary nicht allein. Das von ihm initiierte Schreiben trägt die Unterschriften von insgesamt 17 Unionsvertretern im Europäischen Parlament. Darunter finden sich die Signaturen von hochrangigen deutschen Kollegen wie Markus Ferber, dem Vorsitzenden der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament. Die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier hat ebenso unterzeichnet wie Manfred Weber, Vizefraktionschef der "Europäischen Volkspartei". Den Brief von Daniel Caspary zitiert auch beispielsweise ein offenbar eher rechtslastiger polnischer Internetblog "salon24.pl" mit dem Titel "Niemiecki strzał w próżnię". Mit dem Schreiben dürfte Caspary sein ohnedies angespanntes Verhältnis zur FDP-Europaabgeordneten Sylvana Koch-Mehrin (Wahlkreis: ebenfalls Karlsruhe) nicht wirklich verbessern. Koch-Mehrin hatte sich ebenfalls schon kritisch zu dem Brief geäußert. Im Frühjahr hatte Caspary in einer Anspielung auf die Rebsorte "Silvaner" versucht, die ständige Medienpräsenz der FDP-Frau mit seiner Homepage "silvaner-fuer-europa.de" zu veräppeln. Auch so kann man offenbar Schlagzeilen machen. Eher unfreiwillig geriet Caspary im November vergangenen Jahres bundesweit in die Medien als er auf "abenteuerlichen Wegen" aus dem Hotel Taj Mahal im indischen Mumbai (dem früheren Bombay) dem Kugelhagel bei terroristischen Anschlägen entkommen war.
Karlsruhe