Das System ermöglicht die interdisziplinäre Erforschung des Phänomens, wie das KIT der Presse mitteilt. "Graffitis sind für viele wissenschaftliche Disziplinen ein hochinteressantes Forschungsfeld", sagt Professor Martin Papenbrock. Der Kunsthistoriker am Institut für Kunst- und Baugeschichte des KIT erfasst gemeinsam mit der Sprachwissenschaftlerin Professor Doris Tophinke von der Universität Paderborn 120.000 Fotografien von Graffitis. Ziel des umfangreichen Digitalisierungsprojekts ist es, das Bildmaterial systematisch zu erschließen und für die wissenschaftliche Forschung zugänglich und auswertbar zu machen.
Das soll erforscht werden
Bei Graffitis handelt es sich um figürliche Darstellungen, vielfach aber auch um Wörter und Namen, die verfremdet und in ihrer Bildlichkeit ausgestaltet werden. Dies macht sie gleichermaßen für schrift- wie für bildbezogene Forschungen interessant. Für das "Informationssystem Graffiti in Deutschland" werden die größtenteils aus Beständen öffentlicher Archive oder Einrichtungen stammenden Fotos unter anderem nach sprach- und bildbezogenen Kategorien mit genauen Angaben versehen. So können sie in der Datenbank nach Ort und Zeitpunkt der Aufnahme sowie nach Kriterien wie Farbe und Technik oder nach ihrem Trägermedium - zum Beispiel eine Lärmschutzwand oder ein Stromkasten - gefunden werden.
"Damit wird es erstmals möglich, das Phänomen Graffiti auf der Basis großer Datenmengen zu untersuchen", so Papenbrock. Es sei dann unter anderem erkundbar, wie lange einzelne der zumeist jugendlichen Akteure aktiv sind oder wie sich Graffitis im städtischen Raum ausbreiten. Deshalb ist das "Informationssystem Graffiti in Deutschland" nicht nur für Kunst- und Sprachwissenschaft interessant, sondern auch eine aufschlussreiche Quelle für Ethnologie und Soziologie, Kultur- und Medienwissenschaften.
"Wichtige Hinweise auf urbane Konfliktzonen"
"Graffitis zeigen, wo sich Aktionsorte von Jugendlichen befinden und geben Planern von Stadtquartieren wichtige Hinweise auf urbane Konfliktzonen", so Papenbrock. Die Fotografien aus den Jahren 1983 bis 2015 stammen aus Mannheim, Köln und München. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das auf sechs Jahre angelegte Projekt ab April 2016 für die ersten drei Jahre mit insgesamt 850.000 Euro, die jeweils zur Hälfte den beiden Hochschulen zufließen. InGriD wird mit technischer Unterstützung des Zentrums für Informations- und Medientechnologien (IMT) der Universität Paderborn und der Universitätsbibliothek Paderborn erstellt. Am KIT und an der Universität Paderborn sind jeweils drei Doktoranden in den Aufbau von InGriD eingebunden.