Den Begriff „Hybrid“ kennen viele aus dem Bereich der Automobilindustrie. Die Verbindung von Verbrennungs- und Elektromotor gilt dort als derzeit umweltfreundlichste Antriebstechnologie. Allgemein versteht man unter einem Hybrid ein System, bei dem zwei Technologien kombiniert werden, die auch alleine funktionieren würden, in Kombination aber die Vorteile beider Techniken vereinen. In der Klinik für Herzchirurgie entsteht nun eine neue Behandlungsmethode durch die Zusammenarbeit zwischen der Kardiologie und der Herzchirurgie. Die „Transcatheter Heart Valve“ (THV) genannte Methode ermöglicht es, alte Menschen, so genannte Hochrisikopatienten, relativ gefahrlos zu operieren, um ihnen eine neue Aortenklappe einzusetzen.
„Wir sind auf diesem Gebiet derzeit die führende Klinik im Westen Deutschlands“, erklärt der Chefarzt Dr. Herbert Posival. Seit April des vergangenen Jahres wurden bereits 110 Eingriffe durchgeführt. „Früher mussten wir diese Menschen nach Hause schicken. Wir konnten nichts für sie tun, da das Risiko, eine normale Operation nicht zu überleben, bei diesen Patienten viel zu groß gewesen wäre“, betont Posival die Bedeutung von THV.
Sechs Monate Bauzeit
Um eine neue Aortenklappe ins Herz einzusetzen, wird bei einer herkömmlichen OP der Brustkorb geöffnet. Bei THV wird die Klappe mit Hilfe eines Katheters, eines dünnen Schlauches, eingesetzt. Hierzu ist lediglich ein kleiner Schnitt in der linken Brust nötig. Alternativ kann die Klappe über die Schlagader in der Leiste und die Hauptschlagader eingeführt werden. Das Verfahren ist bisher jedoch nur mit biologischen Herzklappen möglich, nicht mit künstlichen Klappen aus Metall oder Kunststoff, die jüngeren Patienten eingesetzt werden. „Nur die biologische Klappe ist flexibel genug, um sie durch den engen Katheter zum Herz zu befördern“, erläutert Posival das Problem.
Für diese Eingriffe gibt es künftig einen eigenen Operationssaal, den Hybrid-OP. Anfang August wurde mit dem Bau des Saals begonnen, spätestens in zwei Wochen sollen die ersten Operationen hier stattfinden. Bau und Ausrüstung des 66 Quadratmeter großen Raumes kosteten die Klinik rund 2,4 Millionen Euro.
Großes Potential
Der Erfolg von THV ist schon zum jetzigen frühen Zeitpunkt beachtlich. „Von den 110 operierten Patienten sind lediglich drei verstorben. Das ist eine hervorragende Bilanz“, freut sich Posival. Das Leben von Menschen, die unter einer Verengung der Aortenklappe leiden, könne durch einen Eingriff nach THV erheblich verlängert werden. „Statistisch bleiben den Betroffenen nach der Diagnose noch ein bis zwei Jahre“, verdeutlicht der Chefarzt. Die Prognosen seien schlechter als bei Krebs. Durch THV könnten selbst 80-Jährige noch zehn und mehr Jahre am Leben bleiben.
„Unsere Gesellschaft wird immer älter. Durch die steigende Lebenserwartung nehmen auch die Herzerkrankungen im Alter zu“, erklärt Posival. THV stelle somit den Beginn einer neuen Ära dar. „In 20 Jahren ist diese Methode vielleicht Standard“, unterstreicht Professor Dr. Claus Schmitt vom Städtischen Klinikum das Potential von THV. Diese Art des Eingriffs werde sicher nicht auf das Einsetzen von Aortenklappen beschränkt bleiben. Und auch jüngere Patienten könnten auf diese Weise operiert werden. Bisher steht die Entwicklung aber erst am Anfang. Langzeiterfahrungen gibt es noch nicht.
Am kommenden Samstag, 7. Februar, haben Interessierte von 9 bis 15 Uhr die Möglichkeit, die neuen Räumlichkeiten ihm Rahmen des „Tags der offenen Tür“ zu besichtigen: Klinik für Herzchirurgie, Franz-Lust-Straße 30, 76185 Karlsruhe.
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