Die Ditib, übersetzt steht die Abkürzung für die türkisch-islamische Union der Anstalt für Religionen, ist in Deutschland umstritten. Der Vorwurf: Die Ditib sei ein "Sprachrohr Präsident Erdogans" - weiter: Die türkische Politik beeinflusse über den Islamverband die im Ausland lebenden Muslime.
Damit wird der Verband immer wieder zum Gesprächsthema - auch in der Fächerstadt: Hier vor allem dadurch, dass Ditib schon seit mehreren Jahren einen Neubau ihres Glaubenszentrums plant: Nachdem das Bauvorhaben allerdings bisher an längeren politischen Streitigkeiten scheiterte und Pläne für einen Moschee-Neubau in Mühlburg im November 2016 auf Eis gelegt wurden, soll es jetzt klappen: Die Ditib-Gemeinde will in der Käppelestraße in der Karlsruher Oststadt auf ihrem eigenen Gelände eine neue Moschee bauen.
Konkret sind laut Bürgerverein Oststadt drei Geschosse mit einem zurückversetztem Dachgeschoss vorgesehen. Über dem Andachtsraum, in dem 700 Menschen Platz finden sollen, ist eine 17 Meter hohe Kuppel geplant. Damit der Moschee "ein repräsentativer Charakter" verliehen wird, soll ein Minarett von 35 Metern Höhe gebaut werden. Darüber informiert der Bürgerverein schon vorab auf seiner Internetseite.
Für offene Fragen: Info-Veranstaltung vor Ort
Um alle offenen Fragen zum geplanten Bau zu klären, lädt der Bürgerverein am Donnerstag, 18. Januar, ab 19 Uhr zu einer Info-Veranstaltung mit anschließender Podiumsdiskussion ein. Die Veranstaltung soll direkt vor Ort stattfinden, damit alle Interessierten einen genauen Einblick erhalten. An diesem Abend soll die islamische Gemeinde ihre Pläne erläutern, Vertreter der christlichen Kirchen, der Stadt und der Parteien seien eingeladen.
Doch wie stehen die Karlsruher Parteien zum Moschee-Neubau in Karlsruhe vor allem vor den Hintergrund, dass die Stadtverwaltung informelle Gespräche mit der Gemeinde geführt hat? In der Vergangenheit führte der Neubau der Ditib-Moschee im Gemeinderat zu hitzigen Diskussionen - so auch bei der letzten öffentlichem Sitzung des vergangenen Jahres. Damals sorgte ein Antrag der CDU, in der die Partei das Einstellen der "informellen Kontakte" forderte, für unterschiedliche Meinungen der Stadträte.

CDU: "Ditib plant Maximalbebauung"
Rund einen Monat später gehen die Meinungen zu dieser Thematik immer noch auseinander: So sieht es Rahsan Dogan der CDU weiterhin kritisch, dass sich die Stadt Karlsruhe nicht entschieden von der Gemeinde distanziert, sondern weiterhin Gespräche führt. Sie führt stellvertretend für ihre Fraktion an, dass "die Ditib kein Bürger ist, der ein Einfamilienhaus baut", sondern vielmehr eine "überdimensionierte Maximalbebauung" in der Oststadt plant.
AfD: "Geplante Moschee nicht im Sinne der Karlsruher"
Marc Bernhard der AfD ist sich zum Thema Moschee-Neubau in Karlsruhe sicher: "Angesichts der fortdauernden demokratiefeindlichen Vorgänge in der Türkei halten wir es nach wie vor für ausgeschlossen, dass die Ditib - als verlängerter Arm des Erdogan-Regimes - hier in Karlsruhe eine Großmoschee baut."
Weiter heißt es in einer Pressemitteilung, dass ein solches Projekt die Integration nicht fördern, sondern vielmehr verhindern würde. "Es widerspricht unserer Tradition von Aufklärung und Demokratie, wenn in unserer Stadt unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit ein Machtsymbol für ein intolerantes fremdes Regime errichtet wird," sagt Bernhard weiter.
Die AfD fordert, in der Käppelestraße ein Bauvorhaben zu genehmigen, das es den Angehörigen der Ditib in der Karlsruher Oststadt ermöglicht, ihren religiösen Bedürfnissen nachzukommen. Das solle sich aber gleichzeitig gemäß den baurechtlichen Vorgaben in die nähere Umgebung einfügen. Einer Kuppel oder eines Minarettes als bauliche Stilelemente ohne jede Funktionalität bedarf es laut AfD dazu nicht.
Stefan Schmitt: "Diskussion über Neubau berechtigt"
Auch der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt ist im Ansatz einer ähnlichen Meinung und sagt: "In Karlsruhe gibt es zur Zeit mehr als 10 Moscheen, die als solche von außen kaum erkennbar sind. Jede Religionsgemeinschaft hat das Recht auf ein repräsentatives Gebetshaus." Das sei nach Meinung Schmitts allerdings nicht das Problem: "Das Problem ist, dass es sich bei der Ditib-Organisation nicht nur um eine Gemeinschaft von Gläubigen handelt. Ditib ist im Gegensatz zu den anderen Religionsgemeinschaften eine staatliche Organisation, die der türkischen Regierung direkt unterstellt ist."
In der Vergangenheit sei deutlich geworden, dass Ditib auch deren politischen Interessen vertritt. "Insofern ist die Diskussion darüber berechtigt, ob man vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklung in der Türkei, gerade dieser Organisation nun erlaubt, in Karlsruhe ein Gebäude zu errichten, das zudem die Dimensionen der heutigen Moschee deutlich überschreitet", so Schmitt weiter.
Freie Wähler: "Staat und Religionsgemeinschaften sind zu trennen"
Auf Nachfrage von ka-news begrüßen die Freien Wähler zu diesem Thema jede Bemühung die Öffentlichkeit, so früh wie möglich über das Bauvorhaben der Ditib zu informieren. Sie würden sich wünschen, das Projekt zu einer wichtigen Gemeinderatsangelegenheit zu erklären, um es mit den Bürgern der Stadt zu erörtern.
Allerdings: "Bereits in der Vergangenheit haben wir in diesem Zusammenhang auf zwei Punkte hingewiesen: Zum Einen muss geklärt werden - und das liegt außerhalb des Aufgabenbereich des Gemeinderates - ob Ditib eine Religionsgemeinschaft oder eine Organisation der Türkischen Regierung ist," erklärt Jürgen Wenzel, "denn nach deutschem Recht sind Staat und Religionsgemeinschaften zu trennen."
In Deutschland können als Bauherr von Moscheen nur Religionsgemeinschaften, wie die Gemeinschaft der Aleviten, der Schiiten oder der Sunniten auftreten. Nicht aber eine Organisation der Türkischen Regierung. "Zum Anderen muss sich der Bau des Gemeindezentrums zur Wahrung des Religionsfriedens in der Stadt baulich an die Umgebung anpassen Ganz besonders dann, wenn die Annahme berechtigt ist, dass geplante Minarette politische Machtansprüche symbolisieren", so Wenzel weiter.
Kult: "Es geht um einen rechtmäßigen Bauantrag"
Die Kult-Fraktion - Karlsruher Liste, Piratenpartei, Die Partei - beobachtet mit Sorge, dass die Vorstöße der CDU fälschlich den Eindruck erwecken, die Stadt habe Einfluss auf den Moscheebau: "Wir sind daher dem Bürgerverein Oststadt und dessen Vorsitzenden Jürgen Scherle sehr dankbar, dass er in einer Informationsveranstaltung den Moscheebau beleuchten wird", sagt Michael Haug gegenüber ka-news.
Weiter heißt es: "Faktisch geht es um einen rechtmäßigen Bauantrag eines Grundstückeigentümers. Gespräche mit dem Eigentümer, hier Ditib, sind Aufgabe nur der Verwaltung, solange die Ditib eine legitime Organisation ist."
Linke und FDP: Stadt handelt richtig
Ähnlich sieht das Sabine Zürn (Linke) und betont gegenüber ka-news, dass im Fall eines geplanten Bauvorhabens Gespräche mit der Stadt selbstverständlich sind. Deshalb ist die Linken-Fraktion der Meinung, dass auch in diesem Fall Gespräche weiter geführt werden sollen.
Tom Hoyem der FDP sagt gegenüber ka-news ebenfalls, dass die Gespräche der Stadt nicht verwerflich seien. Immerhin müsse sich die Ditib "genau wie jeder andere Bauherr an die Bauregeln halten". Außerdem weist Hoyem auf aktuelle Gespräche der FDP mit dem Islamverband hin, in denen man sich als Fraktion über den Stand der Dinge und die genauen Pläne informieren wolle.
Grüne: "Baurecht heißt Ditib darf dort bauen"
Auch die Grünen-Fraktion lenkt die Thematik im Gespräch mit ka-news in diese Richtung - allerdings deutlicher. Stadträtin Ute Leidig erklärt hierzu: "Karlsruhe ist eine Großstadt in der viele Menschen mit muslimischem Glauben leben." Diesen Mitbürgern solle die Möglichkeit gegeben werden, eine adäquate Gebetsstätte in Karlsruhe zu bauen.
Weiter heißt es: "Wir Grüne sind in diesem Dialog mit Ditib, wir führen Gespräche. Es ist mühsam, für beide Seiten. Aber Integration kann nur im Dialog gelingen. Ditib ist einen langen Weg mit vielen Zugeständnissen gegangen, aber das was jetzt gebaut werden wird, dafür besteht Baurecht." Und Baurecht heiße nach Angaben der Grünen-Fraktion vor allem, Ditib darf dort bauen. Dennoch müsse über die Einzelheiten geredet werden.
SPD: "Eigentümer dürfen auf ihrem Grundstück entsprechend der geltenden Baurichtlinien ein Gebäude errichten"
Parsa Marvi (SPD) sagt stellvertretend für die SPD-Gemeinderatsfraktion, es sei ein "wenig zielführender Antrag der CDU" im Dezember 2017 gewesen: "Es entspricht ganz und gar rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass Eigentümer auf ihrem Grundstück entsprechend der geltenden Baurichtlinien ein Gebäude errichten dürfen. Unabhängig davon, ob es sich bei den Bauherren um eine christliche, eine buddhistische, eine jüdische oder eine muslimische Gemeinde haltet. Ob es sich um ein Unternehmen oder einen Verein handelt. Unabhängig von ethnischer, kultureller oder religiöser Herkunft."
Die Ditib selbst war gegenüber ka-news für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Aktualisierung, 22. Januar: Stellungnahme GfK
Die GfK war bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für ein Statement nicht zu erreichen. Nun heißt es gegenüber ka-news: "Ganz grundsätzlich findet es GfK und auch wir Stadträte es für richtig miteinander zu reden und verschiedene Positionen zu klären," so Stadtrat Friedemann Kalmbach. Gespräche der Stadt mit Ditib sollten auf keinen Fall abgebrochen werden, da es sonst zu einem weiteren Vertrauensverlust kommen könnte.
Außerdem habe man vor allem über zwei Positionen zu reden: "Das ist auf der einen Seite die Sorge um die Entwicklung der Ditib und ihre Abhängigkeit vom Religionsministerium in der Türkei, was mindestens den Imam anlangt. Da ist die Sorge um ein Minarett, das vielleicht doch ein Ausdruck von Macht sei könnte und da ist auch die Befürchtung, ob da eines Tages doch ein Muizin seine Gebetsrufe in die Stadt absetzt. Aber genauso wichtig ist es, dass eine Glaubensgemeinschaft die vom Grundgesetz zugesagte Freiheit auch bekommt. Auch dafür lohnt es sich zu kämpfen", erklärt Kalmbach weiter.
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