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Karlsruhe: Mobile Jugendarbeit

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Mobile Jugendarbeit

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    In einem Pressegespräch klärten Streetworker vom Jugendamt der Stadt Karlsruhe und der LAG-Vorsitzende, Matthias Reuting, über Gestaltung, Ziele und Erfolge der mobilen Jugendarbeit auf. Reuting war es wichtig, zunächst einmal zu klären, um welche Art von "Problemjugendliche" es ihm bei seiner Arbeit eigentlich geht. Als "Problemjugendliche" fallen laut Reuting altersmäßig vor allem Mädchen und Jungs zwischen 14 und 25 Jahren auf, wenngleich letztere streng genommen nicht mehr in die Kategorie der 'Jugendlichen' fallen. Doch gerade sie scheinen sich nach Reutings Beobachtungen häufig noch mitten im Prozess des Erwachsenwerdens zu befinden. "Erwachsen werden" sei ohnehin das ausschlaggebende Stichwort: In der Hauptsache gehe es bei der Jugendarbeit genau darum: die Mädchen und Jungs bei ihren Entwicklungsschritten vom Jugendlichen zum Erwachsenen zu begleiten.

    "Wir reden nicht über Jugendliche, sondern mit ihnen!"

    Reuting wies außerdem darauf hin, dass Jugendgewalt und -kriminalität keine Frage des Passes sei. Auch wenn die Delinquenten oft aus Verhältnissen mit Migrationshintergründen stammten, würde die politische Debatte um ausländische Jugendtäter leider viel zu undifferenziert geführt, beklagte Reuting. Das Hauptproblem seien die mangelnden Zukunftsperspektiven der Jugendlichen, die auffällig werden. Die zunehmend gesellschaftliche Stigmatisierung der Hauptschule, wie Streetworker Uwe Buchholz sie bezeichnet, tue ihr übriges, dass die Jugendlichen ihre oftmals frustrierende Lebenssituation nicht als Problem der fehlenden Arbeit und Bildungsangebote, sondern als ihr eigenes Versagen werteten. Konsequenterweise müsse daher das Hauptziel der Bemühungen aller Jugendarbeit darin bestehen, die (Aus-)Bildung der Jugendlichen und deren Integration in die Arbeitswelt zu fördern. Und zwar in Form von ganz konkreten Bildungsangeboten sowie Hilfestellungen beim Verfassen von Bewerbungsschreiben.

    Streetworker müssen authentisch sein

    Um Kriminalität unter Jugendlichen einzudämmen und im besten Fall zu vermeiden, versuche die mobile Jugendarbeit auf die Jugendlichen sowohl in Gruppen als auch isoliert zuzugehen. Die Cliquenbildung sehe man hierbei keinesfalls problematisch, sondern eher als Chance, den Jugendlichen einen sozialen Umgang im Gemeinwesen zu vermitteln. Das Wichtigste bei der Konfrontation mit den Jugendlichen sei für Streetworker, "sich mit den Problemen, die die Jugendlichen haben, auseinanderzusetzen und nicht mit denen, die sie machen", betont Reuting. Um Jugendgewalt vorzubeugen, müssten die zweifelhaften Erfolgserlebnisse, die Jugendliche sich durch ihre Machtausübung verschafften, durch andere Erfolgserlebnisse ersetzt werden. Die Karlsruher Jugendarbeit liefere hierfür eindrucksvolle Beispiele. Man sei immer wieder überrascht, wie selbst kleinste Fortschritte für die Jugendlichen große Erfolgserlebnisse bedeuten konnten, so die "mobilen Jugendarbeiter".

    Streetworker und Jugendarbeiter klären über ihre Arbeit auf (Foto: pr)

    Schärfere Sanktionen für jugendliche Straftäter, wie sie in der aktuellen Debatte immer wieder gefordert werden, wiesen die Jugendarbeiter entschieden zurück. Zu kurzsichtig sei dieser Ansatz. Und die Beziehung zu den Jugendlichen sei schließlich ihre Geschäftsgrundlage, und die aufzubauen würde durch Gefängnisstrafen sicher nicht erleichtert, so Reuting. Ohnehin verstehe man die eigene Methode noch am ehesten als die "harte" Methode, so die Jugendarbeiter. Eine kurze Haftstrafe zu verbüßen stelle sich für die Jugendlichen weit weniger anstrengend dar, als beispielsweise einen durch die Jugendarbeit initiierten und begleiteten Drogenentzug durchzustehen. Dies gelte sowohl für die Jugendlichen selbst als auch für ihre Wirkung innerhalb ihrer Clique.

    HipHop-Projekt "COMBO" in Rintheim sehr beliebt

    Abschließend beschrieb Norbert Zimmermann Streetworker vom Jugendamt Karlsruhe die konkrete Situation der Jugendarbeit in Karlsruhe. Von 6,5 Planstellen seien nach Weggang einer Kollegin momentan zwar nur 5,5 besetzt, Zimmermann zeigte sich aber zuversichtlich, dass diese vakante Stelle bald wieder zu besetzen sei. Momentan stünden zirka 150 Jugendliche in Kontakt mit der mobilen Jugendarbeit Karlsruhe. Aktuelle Projekte gebe es rund um die Punkszene, vor allem am Kronenplatz in der Innenstadt. Dabei es gehe es zunächst um die Kontaktaufnahme und dann darum, Konflikte, Rechte, Pflichten und Möglichkeiten der Jugendlichen zu thematisieren. Ganz konkret könne das auch bedeuten, die Punks bei Behördengängen zu begleiten.

    HipHop - kann ein Mittel gegen Jugendgewalt sein, meinen Streetworker (Foto: pr)

    Ein weiteres Projekt, genannt "COMBO" präsentiert sich in Rintheim in einer Art Jugendzentrum. Hier würden Workshops zu Graffiti, Breakdance und Rapmusik - also zu allem, was mit HipHop zu tun habe, angeboten. Das Kulturzentrum in Rintheim habe im Gegensatz zu vielen anderen Jugendzentren auch am Wochenende geöffnet, so Buchholz, der dieses Projekt betreut. Acht Aktivisten der HipHop-Szene hätten sogar einen Schlüssel zum Haus. Diesen Aktivisten wurde dabei zum Projektstart klar gemacht, dass sie die Räumlichkeiten nur unter der Bedingung nutzen dürften, ihre Kenntnisse in Sachen HipHop Kultur auch weiterzugeben und zu vermitteln. So solle den Jugendlichen die Möglichkeit geboten werden, ihr Hobby zur Berufung zu machen. Das Projekt erfreue sich großen Zulaufs, so der Streetworker.

    Polzei nimmt jugendlichen Straftäter fest. Streetworker wollen mit ihrer Arbeit solche Szenen vermeiden (Archivfoto: ka-news)

    Das dritte von Buchholz vorgestellte Projekt unterhält die Stadt in Oberreut. Hier wurde in weitgehender Eigeninitiative der Jugendlichen ein brachliegendes Gartenstück hergerichtet, um den "problematischen" Jugendlichen einen Freiraum fern von empörten Eltern, Lehrern und Anwohnern zu bieten. Dabei beschränkte sich die Arbeit der Behörde hauptsächlich auf die Bereitstellung von Gerät und Material. Geackert hätten die Jugendlichen im wahrsten Sinne des Wortes weitgehend selbst, so Buchholz. Erklärtes Ziel der Jugendarbeit sei auch hier, zunächst einmal durch kleine Erfolgserlebnisse den aufgestauten Lebensfrust hinter sich zu lassen und so eventuell sogar dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen neue Talente in sich entdecken.

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