"Eine echte Bürgerpolizei erfordert kulturelle Vielfalt, Weltoffenheit und ein vorurteilfreies Miteinander", so Reinhold Gall am Dienstag auf der Berufsmesse in Karlsruhe-Stutensee.
Karlsruher Polizei kommt mit Deutsch allein nicht weit
Der baden-württembergische Innenminister will für mehr Menschen mit Migrationshintergrund bei der Polizei werben - auch in der Fächerstadt. Er sieht die Polizei in einer Vorreiterrolle, wenn es um die Anzahl der Beschäftigten mit ausländischen Wurzeln geht.
Laut einer bundesweiten Studie hapert es bislang an der Angst vor Akzeptanz auf der Bewerberseite. "Fakt ist, dass sich ein Großteil der Migranten auf etwa zehn Berufe konzentriert - dabei gibt es in Deutschland rund 350 Berufe, die man erlernen kann - von vielen wissen die jungen Menschen nicht mal und das ist schade", so Bilkay Öney. Dabei sei es gerade für den Nachwuchs bei der Polizei wichtig, dass er Fremdsprachen beherrsche - allein in Karlsruhe würden neben Deutsch vor allem Türkisch, Russisch und Italienisch gesprochen.
"Wir wollen Missverständnisse sprachlicher und kultureller Art im Alltag und bei Einsätzen langfristig vermeiden - dafür brauchen wir Fachleute", so Öney weiter. Immer wieder komme es beispielsweise zu gewaltvollen Streitigkeiten in muslimischen Familien oder Angriffen zwischen Türken und Kurden - dabei brauche es Beamte, die sich mit den Knackpunkten auskennen, Know-How besitzen und vermitteln können.
Häusliche Gewalt muslimischen Familien: Polizei braucht "Fachleute"
"Breit gefächert" - die Kampagne der Karlsruher Polizei setzt hier an und will junge Leute mit ausländischen Wurzeln an sich binden - auch soll mit Plakaten dafür geworben werden. Der Slogan soll außerdem Ausdruck für die Offenheit der Stadt und ihren Bediensteten gegenüber jeglichen Personengruppen sein. Jedoch hat man sich mit der Aktion seitens der Karlsruher Polizei auch ein anderes Ziel gesetzt: "Wir wollen für ein besseres Image werben und auch unsere eigenen Leute interkulturell schulen", so Roland Lay, Leitender Direktor der Polizei Karlsruhe. Leider komme es öfters zu Beschwerden von Leuten mir Migrationshintergrund, die angeben, Polizisten seien ihnen mit Unfreundlichkeit und Ausländerfeindlichkeit begegnet. "Damit muss Schluss sein - wir wollen auf beiden Seiten vermitteln und zusammenführen", betont Öney.
Nach Angaben des Innenministeriums liegt bei den Bewerbungen der Anteil von Migranten gerade bei über 20 Prozent - fraktionsübergreifend hatte man sich demnach für ein Ziel zwischen 25 und 26 Prozent geeinigt. Schon seit längerer Zeit arbeiten Integrations- und Innenministerium an Strategien, junge Leute mit ausländischen Wurzeln für den Polizeidienst zu gewinnen.
Seit 1993 gibt es dahingehend sogar eine Ausnahmeregelung für das Anstellen von Polizeibewerbern: Während im Normalfall nur Bewerber mit deutscher Staatsbürgerschaft eingestellt werden, sei es nun mehr seit 20 Jahren möglich Menschen ohne deutschen Pass einzustellen - allerdings nur, wenn diese bereits zehn Jahre in der Bundesrepublik wohnen und die Muttersprache beherrschen. Dass man hier ein Auge zu drückt, begründet man damit, dass die jeweiligen Bewerber zwei Sprachen fließend sprechen müssen und so offenbar dringend gebrauchte fachliche Kompetenz mitbringen.