Die Reportage von Johanna Katzenberger
Produktionsstätte einiger der Loony-Produkte ist seit zirka drei Jahren das Frommelhaus des Evangelischen Vereins für Stadtmission in Karlsruhe. Hier befindet sich ein schulraumgroßes Werkzimmer in einem Altbau in der Karlsruher Innenstadt. Eine Werkbank bietet Platz für rund zehn Mitarbeiter; ein Plakat mit einzelnen Arbeitsschritten erklärt die Herstellung des bisherigen Erfolgsprodukts "Mr. Wilson". "Die Herstellung ist nicht einfach - man benötigt ein gutes Augenmaß", kommentiert Mitarbeiter Alexander Schau seine Arbeit bei einer Zigarettenpause im begrünten Innenhof des Frommelhaus. Am meisten Spaß macht ihm das Enthaaren des Tennisballs. "Ich könnte das stundenlang machen. Es ist wie eine Meditation."
Ein Tennisball als Handtuchhalter
Orientierung für die Mitarbeiter (Foto: ka-news) |
Die Herstellung des kugeläugigen Tennisballs stellte die Mitarbeiter in der Werkstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen anfangs allerdings vor eine Herausforderung. "Es war problematisch und zu ungenau den Mund von 'Mr. Wilson' mit einem Cutter zu schneiden", schildert Arbeitstherapeutin Anna Huchtkötter die Situation. Ein befreundeter Werkzeugmacher löste das Problem, indem er eine Brotschneidemaschine umfunktionierte.
Gearbeitet wird an fünf Tagen die Woche von 8.15 bis 11.30 Uhr. "Wenn wir zu dritt sind, schaffen wir 35 'Mr. Wilson' an einem Morgen", erklärt der 26-jährige Schau, der in seiner Freizeit am liebsten Hip-Hop hört. Er selbst hat "Mr. Wilson" als Handtuchhalter auf der Toilette in seiner Wohngemeinschaft hängen. "Wir haben uns sogar einmal eine Special Edition von 'Mr. Wilson' überlegt - einen mit Dreads oder einen als Punker. Da er jedoch geschützt ist, müssten wir das erst mit dem Designer klären."
Spannendes Lernumfeld für alle Beteiligten
Stanzen für den Saugnapf (Foto: ka-news) |
Das Unternehmen Loony-Design entstand aus einer Kooperation des Diakonischen Werks Baden und der Staatlichen Akademie der Künste in Stuttgart. Es ist ein Alternativkonzept zu gängigen Behindertenwerkstätten, bei dem Studierende des Studiengangs "Industrial Design" Produkte entwerfen, die von Menschen mit psychischen Erkrankungen in den diakonischen Werkstätten hergestellt werden. Im Jahr 2005 gewann das Unternehmen den Innovatio-Sozialpreis. Auf der Fachmesse Ambiente in Frankfurt präsentierte sich Loony-Design erstmals der Öffentlichkeit.
"Wir haben viel gelernt, und es ist ein spannendes Lernumfeld für alle", berichtet Geschäftsführer Götz Graumann von seinen Erfahrungen mit Loony-Design. "Die beteiligten Werkstätten müssen Sachen lernen, mit denen sie vorher nichts zu tun hatten - zum Beispiel einen Lieferschein schreiben." Der Anspruch an die Mitarbeiter ist seit Loony-Design gestiegen. Sie müssen vor allem kontinuierlich und sauber arbeiten können. "Da es sich um Designerstücke handelt, müssen wir einen entsprechenden Qualitätsstandard sichern", so Huchtkötter.
Ist ein "Mr. Wilson" fertig, kann er über das Internet oder im bisher einzigen Loony-Shop in Mannheim erworben werden. Im Jahr 2006 waren es rund 1.900 Stück, die verkauft wurden. Dieses Jahr sind es bereits 1.118. Anteilsmäßig erhalten die Designer, die Firma und die Einrichtungen Prozente am Verkauf. "Damit können wir die Arbeitskosten im Frommelhaus decken", so Huchtkötter. "Es ist aber noch wenig."
Woher die ursprüngliche Idee von Loony-Design stammt, wie sich das Unternehmen derzeit entwickelt und welchen Wert die Arbeit für die Beteiligten mit sich bringt, erfahren Sie am kommenden Wochenende bei ka-news.