Ein knalliges Leuchtschild mitten an der Gebäudefront dürfte nun auch den letzten Unwissenden lehren: das große Haus in der Sophienstraße 147, das ist das Lessing-Gymnasium. Und auch wenn der Schriftzug an diesem Morgen nicht leuchtet, offenbar ist er bereits defekt, man fühlt sich ein bisschen in die Brunnenstraße versetzt.
Kaum verwunderlich scheint daher auch der Kommentar eines Zwölft-Klässlers, der die ganze Chose "porno" findet. Während ein Mann auf einer Leiter an den auch von Weitem schon sichtbaren Kabeln herum werkelt, stimmen die von ka-news befragten Schüler den gleichen Tenor an.
Kunst am Bau - Pink am Lessing
Ihr Lieblingsadjektiv: "hässlich". "Frag nicht", bitten zwei Elftklässler. Sie wollen offenbar schon gar nicht mehr hinsehen. Eine vierköpfige Gruppe Jungs aus der fünften und sechsten Klasse hätte sich zumindest eine andere Farbe gewünscht, beispielsweise blau, die schnörkelige Kursivschrift gefalle ihnen auch "überhaupt nicht".
Damit sind sie wohl ähnlicher Meinung wie Christine Mascha, Sekretärin des Gymnasiums. Ginge es nach ihr und Kollegin Elke Uhrig, würde das Pink zumindest gegen eine "dezentere Farbe" getauscht. "Ein schönes Grün, zum Beispiel". Von der ehemals diskutieren Alternative Violett, hält Mascha nicht viel mehr als von der aktuellen Farbe. Und wieso jetzt das Ganze, wenn es doch kaum jemandem gefällt?
Ganz einfach: das Lessing baut um, beziehungsweise an. Finanziert wird der Um- und Neubau von der Stadt. Unter einer Bedingung, der "Kunst am Bau". Konkret bedeutet dies nach Richtlinien der Stadt, dass ein Prozentteil, genau ein Prozent der reinen Baukosten, für die "Kunst" zu veranschlagen und in der Kostenermittlung zur Projektgenehmigung anzuführen ist.
Die Kunst im Clinch - alles Geschmackssache?
Eine Kunstkommission, bestehend aus Kulturdezernenten und je einem Vertreter jeder Gemeinderatsfraktion sowie unter anderem Vertretern der Akademie für Bildende Künste Karlsruhe, hätte sich unter Einbindung der Schulleitung für den Entwurf einer Karlsruher Künstlerin entschieden, berichtet Josef Kaltenbach vom Hochbauamt Karlsruhe. Das Pink spielt dabei eine ganz besondere Rolle.
Denn - lange ist es her - das Lessing war einst ein Mädchengymnasium. Der Bezug ist also schnell hergestellt. Mädchen gleich Pink, logisch. Zu schade, dass offenbar auch die weibliche Schülerschaft den neuen Schriftzug so gar nicht gut finden. Eine kleine Gruppe Abiturientinnen findet ihn nicht nur "hässlich", sondern sogar "scheiße".
Schließlich passe dieses neue, grelle Spielzeug "überhaupt gar nicht" zum alten Traditionsgebäude. Und wer versteht jetzt weniger von Kunst? Die Stadt oder das Lessing-Gymnasium? Eine ungelöste Frage. Aber Kunst ist ja bekanntlich auch Geschmackssache.