In Karlsruhe gibt es zahlreiche Kirchen und andere Glaubenshäuser verschiedenster Glaubensrichtungen. Und die Kirchen lassen läuten - sei es das weltliche Läuten zum Stundenschlag oder das kirchliche Geläut, zum Beispiel beim Gebet wie dem Vater Unser oder an bestimmten Feiertagen wie Ostern.
Doch zu viel Lärm macht krank: Dieses Argument führt die Gemeinderatsfraktion der Kult-Fraktion an. Sie bemängeln in einer Anfrage an die Stadtverwaltung im März 2019, dass Glaubenshäuser weitestgehend von gesetzlich bestimmten Immissionsgrenzwerten befreit seien. "Anwohner in Nähe eines Glaubenshauses sollten möglichst wenig durch externe Lärmbelästigung gestört werden!", so die Kult.

Die Richtwerte besagen: Tagsüber sollten 30 Dezibel und in der Nacht bis zu 20 Dezibel herrschen. Dies entspricht ungefähr einer Flüsterlautstärke. Kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen jedoch über diese Zahlen hinaus gehen. Daher sieht die Stadt das Glockenläuten - auch das nächtliche - als zulässig an.
Nach Paragraph 22 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) stellen Kirchenglocken zudem nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen dar. Heißt konkret: Vermeidbare Umweltschäden sollten verhindert werden und nicht vermeidbare sollten sich auf ein Mindestmaß reduzieren. Dies beziehe sich auch auf Geräuschimmissionen.
Kirchentradition überwiege Ruhebedürfnis
Wie laut sind die Glocken der Karlsruher Glaubenshäuser eigentlich? Die Stadt antwortet hierzu in ihrer Stellungnahme, dass unterschiedliche Faktoren einen Einfluss hätten: Da wären die Größe der Glocke oder die Bauweise des Glockenturmes. "Eine allgemeine Aussage über die Lautstärke lässt sich daher nicht treffen!"
Die Stadt merkt außerdem an, dass zwischen kirchlichem und weltlichem Läuten unterschieden werden müsse. "Beim kirchlichen Geläut wird die Kirchentradition über das Ruhebedürfnis des Einzelnen gestellt." Daher werden hier die Richtwerte gar nicht oder nur eingeschränkt beachtet. Das weltliche Läuten (meistens zu voller Stunde) ist wiederum nicht Teil der freien Religionsausübung, hier gelten dann die Richtwerte. Im Beschwerdefall werde die Lautstärke speziell am betroffenen Objekt, also der Kirche, gemessen.
Glockengeläut ist Teil der deutschen Kultur
"Gerade in Zeiten zunehmender kultureller Vielfalt und damit verbundenem Werteverlust ist es wichtig, dass wir als Kirche und Gesellschaft an unseren Traditionen festhalten", so Wolfgang Stoll vom Diakonischen Werk Karlsruhe im Gespräch mit ka-news. Dazu gehöre eben auch das Glockengeläut.
"Seit über 1.000 Jahren rufen in unserem Land Glocken Menschen zum Gottesdienst und zum Gebet oder erinnern sie an andere Ereignisse. Das ist ein Teil unserer Kultur", so Stoll weiter. "Dieses als Immission zu bezeichnen, ist für mich im Grunde verfehlt und zeigt die zunehmende Entfremdung von der eigenen Kultur."
Emissionen und Immissionen - der Unterschied
Die Begriffe sind gegensätzlich und werden vorwiegend in der Umwelttechnik verwendet. Es gibt für beide Begriffe bestimmte Richt- und Grenzwerte.
Eine Emission bedeutet, dass Stoffe ausgestoßen werden, wie zum Beispiel Abgase. Es können aber auch nicht-stoffliche Belastungen ausgestoßen werden, so eben der Schall von Glockenläuten.
Eine Immission beschreibt nun den Empfang von schädlichen Umwelteinwirkungen auf den Menschen oder Gegenstände. Abgase sind ungesund für unseren Organismus und Schall erzeugt Lärm, der krank machen kann.