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Karlsruhe: Kriminelle Jugendliche in Karlsruhe: "Oft ist es nur ein Fehlverhalten beim Erwachsenwerden"

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Kriminelle Jugendliche in Karlsruhe: "Oft ist es nur ein Fehlverhalten beim Erwachsenwerden"

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    (Symbolbild) Foto: © Gerhard Seybert - Fotolia.com

    Ladendiebstahl, Rauschgiftdelikte, Körperverletzung, Sachbeschädigung: Das sind, in absteigender Reihenfolge, die "beliebtesten" Delikte der Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren in Karlsruhe. Bei den Heranwachsenden, Teenager zwischen 18 und 20, rangieren Rauschgiftdelikte weit oben, gefolgt von Körperverletzungen, Ladendiebstählen und Sachbeschädigungen.

    Bei den verübten Straftaten wurden im vergangenen Jahr in Karlsruhe mehr Kinder und Jugendliche aufgegriffen. 296 Kinder bis 14 Jahre waren tatverdächtig (2016: 259) und 1.351 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahre (2016: 1.275).

    Es ist eine Zahl, die sich im gesamten Polizeipräsidium Karlsruhe zum Teil deutlich vom Trend im restlichen Baden-Württemberg unterscheidet. Um rund zehn Prozent stieg die Zahl der verdächtigen Kinder und Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr. Aber, und das muss auch betont werden, im mehrjährigen Vergleich sind die Zahlen gesunken!

    Selbst Kinder werden schon zu Straftätern

    Der Konflikt mit dem Gesetz kommt manchmal auch schon sehr früh: Im vergangenen Jahr wurden immerhin 296 Kinder, also unter 13-Jährige, in der Stadt Karlsruhe straffällig. In fast der Hälfte der Fällen (153) waren es Ladendiebstähle. 63 Prozent der Täter haben eine deutsche Staatsangehörigkeit! Ausländische Diebesbanden seien laut Polizei in diesem Bereich kein Thema. Vielmehr handle es sich oft um "Dumme-Jungen-Streiche" - das Ausloten von Grenzen. Auch in den Jahren zuvor bewegten sich die Zahlen in diesen Bereichen.

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    (Symbolbild) Foto: industrieblick / fotolia.com

    Doch was geschieht eigentlich mit den Kindern und Jugendlichen, die straffällig geworden sind und was wird gemacht, damit die Zahl sinkt? Darüber kann Polizeisprecher Florian Herr Auskunft geben. Grundsätzlich werden Kinder und Jugendliche nach dem Aufgreifen an die Eltern übergeben. In diesem Bereich vorsorglich tätig werden, schätzt Herr als schwierig ein.

    "Meins und Deins" werden schon im Kindergarten vermittelt

    "Die Polizei macht Gewalt-, Drogen und Medienprävention." Grundsätzlich unterscheide man drei Stufen der Prävention, das Tätigkeitsfeld der Polizei umfasst vor allem die Sekundärprävention. "Die Primärprävention findet im Kindergarten und im Elternhaus statt. Hier sollen die Grundsätze wie 'Meins und Deins' vermittelt werden", so Herr weiter. Die dritte Stufe der Prävention setzt hingegen an, wenn eine Straftat bereits begangen ist und eine Wiederholung verhindert werden soll.

    Nach der Übergabe der Kinder an die Eltern ist der Fall noch lange nicht abgeschlossen. Speziell geschulte Jugendsachbearbeiter der Polizei fassen den Hergang zusammen und leiten die Ergebnisse der Ermittlung an die Staatsanwaltschaft und an das Jugendamt weiter.

    Viele Fälle landen nicht vor Gericht

    Die Staatsanwaltschaft untersucht die Fälle und stellt sie nicht selten wegen Geringfügigkeit ein. Fälle von unter 14-Jährigen werden wegen der Strafunmündigkeit eingestellt. Rund 70 Prozent der Fälle in diesem Bereich würden eingestellt. Anders als im Erwachsenenstrafrecht ist der Erziehungsgedanke hier deutlich maßgeblicher, so Oberstaatsanwalt Gregor Kunz gegenüber ka-news. Das sieht auch das entsprechende Jugendgerichtsgesetz so vor.

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    (Symbolbild) Foto: Thomas Riedel

    Das heißt konkret: Bei kleineren Ladendiebstählen, die nur vereinzelt auftreten, kommt es nicht zum Verfahren. "Es hängt aber von der Schwere der Straftat ab", so Kunz weiter. Bei einem Raub mit Waffen oder ähnlichem müssen auch die Jüngeren mit Strafen rechnen. Während bei den Erwachsenen oft mit Geld- oder Freiheitsstrafen gearbeitet wird, gebe es bei den Jugendlichen ganz andere Möglichkeiten, die von Arbeitsauflagen, über Trainings - aber auch bis hin zum Arrest führen.

    Arrestanstalt in Rastatt ist eher gering belegt

    Die nächste Jugendarrestanstalt steht in Rastatt, wo im Juni im Schnitt 13 Jungs und ein Mädchen untergebracht waren, im gesamten Jahr 2017 war die Anstalt im Schnitt mit 17 Personen belegt. Theoretisch könnten bis zu 51 Jugendliche dort Platz finden.

    Die Häftlinge sollen pädagogisch gefördert werden. Foto: N. Armer/Archiv
    Die Häftlinge sollen pädagogisch gefördert werden. Foto: N. Armer/Archiv

    Neben dem klassischen Einschluss in der Nacht, finden am Tag vor allem Sport-, Arbeits- und angeleitete Gruppen statt. Hinzu kommt das gemeinsame Essen und Gespräche. Zudem können sie zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden. Immer im Fokus: Den Jugendlichen das Fehlverhalten aufzuzeigen und eine Wiederholung auszuschließen.

    Parallel zur Staatsanwaltschaft wird auch das Jugendamt tätig - gleichgültig, ob das Verfahren eingestellt wird oder nicht. Dort werde vieles in persönlichen Gesprächen aufgearbeitet: "Eine umfassende Reflexion der bisherigen Entwicklung, aktuellen Situation und möglichen Zukunftsperspektiven bildet die Basis dieser Arbeit", so der Sachgebietsleiter für die Jugendgerichtshilfe, Matthias Bertsch.

    Matthias Bertsch, Sachgebietsleitung der Jugendgerichtshilfe beim Jugendamt in Karlsruhe
    Matthias Bertsch, Sachgebietsleitung der Jugendgerichtshilfe beim Jugendamt in Karlsruhe Foto: ps

    Ursache sind besondere Probleme oder belastende Entwicklungsbedingungen

    Die meisten Fälle werden eingestellt: "Dies ist neben den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ein weiteres Indiz dafür, dass es sich bei dem überwiegenden Teil der Jugendkriminalität um jugendtypisches Fehlverhalten im Rahmen der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen handelt", gibt Bertsch weiter an.

    Massive strafrechtliche Auffälligkeit komme lediglich bei einer kleinen Anzahl von jungen Menschen vor. "Besondere Problemlagen oder besonders belastete Entwicklungsbedingungen sind die Hauptursachen von kriminellen Karrieren."

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    (Symbolbild) Foto: Thomas Riedel

    Grund genug für das Justizministerium Baden-Württemberg an dem bewährten Weg festzuhalten: "'Die Strafe folgt auf dem Fuß' ist ebenso ausschlaggebend wie das Bemühen, den jungen Straftätern rechtzeitig und zielgerichtet Chancen und Hilfsangebote für ein weiteres straffreies Leben zu eröffnen", heißt es hier.

    Dieser Artikel wurde nachträglich bearbeitet.

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