"Wir sind keine Salafisten. Wir sind Muslime und haben keinen Kontakt zu diesen Gruppen", betonte Rüstü Aslandur, Vorsitzender des Deutschsprachigen Muslimkreises Karlsruhe (DMK), gegenüber ka-news.
"Hier entsteht ein falscher Eindruck"
Der Verein vertrete die Meinung, dass es keinen Sinn mache einfach den Koran auf der Straße an Passanten zu verteilen. Zwar findet auch Aslandur, dass Aufklärung über den Islam nur mit dem Koran möglich sei. "Nur wer den Koran liest, kann den Islam verstehen." Aufklärung sei auch dringend notwendig. Denn unter den Deutschen herrsche ein "katastrophales Bild vom Islam und den Muslimen". Das liege aber auch daran, dass die Muslime selbst wenig zur Aufklärung beitragen würden.
Der Muslimkreis in Karlsruhe biete daher seit 20 Jahren deutschsprachige Koranstunden an. "Leider ist das Interesse sehr gering", so Aslandur. Jeder - egal ob Frauen, Männer, jung oder alt - sei willkommen und könne etwas über die Religion lernen. Schade findet Aslandur, dass die radikalen Salafisten durch ihre Aktion so viel Aufmerksamkeit bekommen. Dass sie aber wie angekündigt 25 Millionen deutschsprachige Koran-Exemplare in Deutschland, Österreich und der Schweiz verschenken wollen, hält er eher für einen PR-Gag. "Ich glaube nicht, dass sie es schaffen so viele Korane zu drucken und zu verteilen."
Die meisten Muslime lehnen Salafisten ab
Durch die Aktion entstehe der Eindruck, dass Muslime, die Koran-Bücher verschenken, Extremisten seien, kritisiert Aslandur. "Hier wird ein Zusammenhang hergestellt, den es nicht gibt." Es könne nicht sein, dass Muslime jetzt keine Koran-Bücher mehr verschenken dürften. "Die allermeisten Muslime lehnen die Sichtweise und Ideologie der Salafisten ab", betont er. Die friedliebenden Muslime dürften diesen radikalen Gruppen nicht das Feld überlassen und müssten selbst mehr Aufklärung betreiben. "Wir wollen, dass die Menschen die Muslime verstehen und stehen für ein friedliches Zusammenleben."
Zur Debatte um die radikalislamischen Salafisten erklärte Memet Kilic, Sprecher für Integrations- und Migrationspolitik von den Grünen im Bundestag: "Die Salafisten repräsentieren nicht den Islam. Sie beeinträchtigen das Zusammenleben von Moslems und Nicht-Moslems."
Keine Aktion in Karlsruhe
Laut Verfassungsschutz soll das Netzwerk "Die wahre Religion", das sich um den radikalen Prediger Ibrahim Abou Nagie gebildet hat, hinter der Aktion stecken. Politiker und Sicherheitsbehörden befürchten, dass radikale Salafisten die Aktion für extremistische Zwecke missbrauchen könnten. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes streben sie eine Gesellschaft nach den Regeln der islamischen Rechtsordnung Scharia an. Diese widerspricht weitgehend demokratischen Grundregeln. Experten sehen in Salafisten potenzielle Wegbereiter islamistischen Terrors. Mit der Koran-Aktion versuche die islamistische Bewegung, Nachwuchs zu gewinnen.
Geplant waren nach Angaben der Veranstalter am Samstag ab 11 Uhr Infostände in der Fußgängerzone in Baden-Baden und auf dem Karlsruher Ludwigsplatz. Hierfür hatten die Organisatoren auch eine Genehmigung, wie ein Sprecher der Polizei Karlsruhe gegenüber ka-news bestätigt. "In Karlsruhe fand die Aktion aber nicht statt", so der Sprecher weiter. Die Polizei hatte sich vorbereitet. Es waren Polizisten vor Ort, die den ordnungsgemäßen Ablauf der Aktion kontrolliert hätten. Auch habe die Polizei sich auf mögliche Aktionen von Gegner vorbereitet.
In Berlin, in der Fußgängerzone von Hannover und im baden-württembergischen Göppingen wurden dagegen kostenlos Ausgaben des Koran angeboten. Ihren Druckauftrag von Salafisten für etwa 50.000 Koran-Exemplare hat die beauftragte Ulmer Druckerei übrigens zurückgegeben. "Die Korane werden nicht über uns produziert", sagte ein Druckereisprecher am Montag der Nachrichtenagentur dpa in Ulm. Die Druckerei hatte bereits seit Oktober vergangenen Jahres mehr als 300.000 Korane für die Organisation gedruckt.
Koran-Aktion "Lies!"
Berliner Verfassungsschutzbericht 2010