Jens Rosier, Oberbauleiter Grund- und Sonderbau (GSB) der ARGE Stadtbahntunnel, skizzierte gegenüber den interessierten Bürgern bei laufendem Betrieb und dröhnenden Maschinen den Baufortschritt am Europaplatz. Wie Rosier erläuterte, müsse man sich die Baugrube wie einen Schuhkarton vorstellen, der als Hülle für die späteren Tunnelbauarbeiten dienen soll.
Bei strahlend blauem Himmel war dieser "Schuhkarton" höchstens zu erahnen: Tief unter schlammigem Grau bedeckt wurde per Hochdruckinjektionsverfahren (HDI) an der Sohle, also dem Boden der Baugrube gearbeitet. Dabei werden durch ein Bohrgestänge mit einem Druck von 300 bar der Zement in den Baugrund "eingedüst", wie Rosier erklärte.
Durch Anker wird der "Schuhkarton" in Form gehalten
Im Schnitt werde die Bodenschicht drei Meter dick sein, so der Bauleiter für Spezialtiefbau. Je nach Beschaffenheit des Unterbodens variiere die Stärke der Sohle aber. Die fertige Baugrube soll insgesamt eine Fläche von 5.500 Quadratmetern haben. Im Moment wird die südliche Hälfte der Grube vorbereitet, die eine Fläche von 2.800 Quadratmetern aufweist.
Rund 20.000 Kubikmeter Zementgemisch sind zur Erstellung des "Schuhkartons" notwendig. Die Wände sind bereits fertiggestellt, die Sohle soll in zwei bis drei Wochen vollendet werden."Wenn der Zement dann ausgehärtet ist, muss die Sohle noch im Baugrund verankert werden", erklärt Rosier. Aufsteigendes Grundwasser würde sonst den Bodenbelag nach oben drücken.
Zur Stabilisierung der Baugrube werden deshalb wiederum Bohrgestänge in den Grund getrieben. Zehn bis 15 Meter tiefer als die Sohle müssen die Arbeiter dazu bohren, insgesamt also ungefähr 35 Meter tief. Dann wird der entstandene Hohlraum mit Zementsuspension gefüllt und verpresst. Wenn das Gemisch gehärtet ist, ist die Verankerung der Sohle im Grund abgeschlossen.
Eine wasserdichte Strategie
Bevor der "Schuhkarton" aber seinen Deckel bekommen kann, muss im Anschluss an die Verankerung ein Test beweisen, dass die Schachtel dicht ist. Das in diesem Bereich bei rund drei Meter Tiefe sehr hoch anstehende Grundwasser werde dafür innerhalb der Baugrube abgepumpt. Dazu sollen Brunnen in den Grund getrieben und das Wasser mit Pumpen abgesaugt werden.
Wenn dann kein neues Wasser von außen in die Baugrube eindringt, ist der Dichtetest bestanden. Erst danach kommt der Deckel auf den "Schuhkarton", die Gleise werden über diesem Abschnitt verlegt - und die Baugrube für den Nordabschnitt ausgehoben, wo dasselbe Prozedere von Neuem beginnt.
"Wir haben uns für diese Deckelbauweise entschieden, um die Anwohner zu schonen", sagt Oberbauleiter Rosier. Man hätte wohl auch die ganze Baugrube auf einmal bauen können. "Das hätte allerdings den kompletten Verkehr am Europaplatz lahmgelegt", schätzt Rosier. So habe man sich für die anwohnerfreundliche Variante in zwei Teilabschnitten entschieden.