Bevor der eigentliche Stadtbahntunnel gebaut wird, sind oberflächlich Maßnahmen erforderlich, die den Einsatz von komplexen und nicht alltäglichen Baumaschinen notwendig machen. Daher fräsen sich zurzeit Spezialbohrer in den badischen Boden vor der Post Galerie. Denn in Karlsruhe hat man sich beim Bau des Stadtbahntunnels für die Variante der Deckelbauweise entschieden.
Bohrpfähle bilden die Tunnelwand
Daher werden unterirdisch Schachteln aus Beton gebaut, die noch vollständig mit Erde gefüllt sind. Diese Schachteln werden in einer späteren Bauphase von einer Tunnelbohrmaschine durchbohrt. So entsteht ein Tunnel, der nicht die Öffnung der gesamten Linienstrecke notwendig macht.
In der momentanen Bauphase werden für die Seiten dieser "Tunnel-Schachtel" sogenannte Baugrubenwände aus Bohrpfählen errichtet. Zur Erstellung solcher Wände werden im Drehbohrverfahren Pfähle hergestellt, die nebeneinander unterirdisch so angeordnet werden, dass sie sich berühren und eine Wand bilden.
250 Pfähle unter der Erde
Hierfür fräsen sich die Spezialbohrer mit einem Diamant-Bohraufsatz etwa 20 Meter in die Tiefe. Dabei wird ein Bohrrohr mit den Maßen des späteren Pfahls - 1,20 Meter Durchmesser - in die Erde gedreht. Die Bohrvorrichtung wird, nachdem sie mit Gestein gefüllt ist, aus dem Bohrohr gezogen und entleert.
Ist die Endtiefe erreicht, wird in das Bohrrohr ein vorgefertigter sogenannter Stahlbewehrungskorb eingebaut. Dieses rohrförmige Stahlnetz wird schließlich im Bohrrohr mit einem speziellen Betongemisch gefüllt. Diese Mischung hält dem Grundwasserdruck stand und bleibt stabil. Abschließend wird das Bohrrohr, das aus mehreren Teilen besteht, herausgezogen und demontiert. Der Beton härtet nun in der Erde aus - ein Betonpfahl unter der Erde entsteht. Die Bohrrohre werden gereinigt und für den nächsten Pfahl benutzt.
Auf diese Weise sollen insgesamt 250 Pfähle entstehen. Oberbauleiter Ralf Wiegand erklärt: "Für einen Pfahl werden 20 Kubikmeter Beton benötigt. Bei 250 geplanten Bohrpfählen sind das insgesamt 5.000 Kubikmeter Beton. Etwa jede Stunde liefert ein Betonmischfahrzeug neues Material."
"Wir vergraben keine Steuergelder"
Die 28 Spezialtiefbauer bohren und betonieren täglich von 7 bis 19 Uhr am Europaplatz. Jeden Tag entstehen auf diese Weise an der Baustelle zwei bis drei Bohrpfähle. Die Bohrarbeiten sollen bis Oktober 2010 abgeschlossen sein. Der Boden der Schachtel wird dann durch ein Düsenstrahlverfahren, der Deckel mit Hilfe der Ortbetonweise errichtet.
"Viele Bürger denken, hier werden Steuergelder vergraben, da sie die unterirdischen Arbeiten nicht sehen können. Aber wenn das Projekt vollständig abgeschlossen ist, dann sehen die Bürger die tollen Ergebnisse", erklärt Uwe Konrath, Prokurist der KASIG.
Geschäftsleute: "Die machen uns bankrott"
In einer späteren Bauphase soll sich eine Tunnelbohrmaschine innerhalb von 200 Tagen vom Durlacher Tor zwischen den Bohrpfählen bis zum Mühlburger Tor nagen, ohne das die Karlsruher Bürger viel davon an der Oberfläche mitbekommen sollen. "Die ersten zwei bis drei Jahre sind für die Anwohner hart. Aber wenn diese Oberflächen-Arbeiten abgeschlossen sind, wird es für alle angenehmer", sagt Achim Winkel, Pressesprecher der KASIG.
Tuncay Kurt sieht das ganz anders. "Die machen uns bankrott", empört sich der Geschäftsführer eines direkt an der Baustelle befindlichen Cafés. Er habe bereits 80 Prozent seiner Kundschaft verloren. "Sehen Sie, es ist zwölf Uhr und kein Mensch ist da. Nur Krach, Dreck und Staub." Es sei doch klar, dass hier keiner direkt neben der Großbaustelle einen Kaffee trinken möchte.
Er könne seine laufenden Kosten nicht bezahlen und hoffe daher auf die Unterstützung der KASIG. Kurt hat bereits einen Antrag auf Entschädigung bei der KASIG eingereicht und hofft das dieser genehmigt wird. Die KASIG hatte angekündigt, Geschäftsleute, die durch die Baustelle Einbußen verzeichnen, zu unterstützen.
In den nächsten Wochen verteilt die KASIG Flyer an die Bürger, um über den aktuellen Status der Baustellen zu informieren.
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