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Die vorweihnachtliche Bescherung gab es für die Kombilösung schon am 3. Dezember: Der Bund stufte die Förderung des Teilprojekts Kriegsstraße in die Kategorie "a" ein, wodurch die Bezuschussung sichergestellt ist. Teilweise weniger erfreulich ist indes der Sachstandsbericht der Stadt Karlsruhe, der - obwohl er keine wirklichen Überraschungen zu Tage förderte - im Gemeinderat für Diskussionen sorgte.

Kombilösung: 645,3 Millionen Euro und bis zu 18 Monate Verspätung

"Der bisher erreichte Gesamtbaufortschritt entspricht leider nicht dem vorgesehenen und vertraglich festgelegten Bauablaufplan", heißt es in dem Bericht der Stadtverwaltung. Demnach liege der Rückstand auf den Soll-Zustand an den Haltestellen Europaplatz, Kronenplatz und Lammstraße bei derzeit 15 bis 18 Monate.

Und auch die im Bericht ausgeführte Kostenentwicklung dürfte kaum überraschen: Aus den ursprünglich kalkulierten knapp 500 Millionen Euro sind aktuell rund 645,3 Millionen Euro geworden. "Mit einer Erhöhung der Kostenannahme muss [...] aufgrund von zusätztlichem baubedingten Mehraufwand gerechnet werden", bemerkt der Bericht der Stadt nüchtern. Aber die Stadtverwaltung erkennt in ihrem Bericht auch positive Entwicklungen: "Tendenziell ist eine Verbesserung der Leistungsbereitschaft, Qualität und Ausnutzung der Arbeitszeiten zu erkennen."

Mergen: Kombilösung geht nicht ohne Beeinträchtigungen

Um weitere Verzögerungen zu verhindern, habe die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) laut dem Bericht entsprechende Schritte eingeleitet, unter anderem wurde von der Arge Stadtbahntunnel ein neuer Gesamtprojektleiter eingesetzt. Die Inbetriebnahme des Stadtbahntunnels verschiebt sich unterdessen von 2016 auf Ende 2017 - das Gesamtprojekt Kombilösung soll dennoch bis zum Jahr 2019 umgesetzt werden; zumal Arbeiten, die nach 2019 abgerechnet werden, nicht mehr vom Bund gefördert werden. Das erklärte Erste Bürgermeisterin Margret Mergen bei der Sitzung des Gemeinderats.

"Die Kombilösung schreitet voran, das geht allerdings nicht ohne Beeinträchtigungen. Wir sind bemüht, aufs Tempo zu drücken", ergänzte sie. Klar sei auch, dass es Kostensteigerungen geben werde. Derzeit müsse die städtische KVVHmit rund 230 Millionen Euro an Kosten rechnen, so Mergen. Für CDU-Stadrat Sven Maier und seine Fraktion ist die Kombilösung ein Zukunftsprojekt, das die Bürger nicht absichtlich ärgern und beeinträchtigen will. "Es scheint aber alles getan zu werden", damit es bei den Bauarbeiten vorangehe. "Die Verzögerungen sind ärgerlich", ergänzte Maier am Dienstag. Im Bereich der Kommunikation dürfe die Kasig nun nicht nachlassen im neuen Jahr. "Die Informationen wurden zwar breiter gestreut, die CDU wünscht sich aber weitere."

Kasig-Entschädigungen: 721.000 Euro im Jahr 2012

Bettina Lisbach, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht im städtischen Sachstandbericht indes große Lücken. Vor allem bei der Kostenentwicklung und der Risikobewertung sieht sie Schwachstellen. "Zudem wächst die Unzufriedenheit. Die Grenzen der Belastbarkeit von Anwohnern und Einzelhändlern sind erreicht", kritisierte Lisbach. "Die Stadt hat sich bei der Operation am offenen Herzen übernommen", kommentierte sie die Verzögerungen und die Kostenentwicklung des Jahrhundertprojekts. "Es wird immer nur alles schön geredet. Im Bericht findet sich wenig Risikomanagement." In der Zusammenarbeit mit der Arge sieht die Fraktion der Grünen unterdessen eine Verbesserung.

Für die SPD-Fraktion ist der hinterherhinkende Baufortschritt unbefriedigend. "Aber während viele zu gut reden, reden viele auch zu schlecht über das Projekt", so Doris Baitinger. Die Fraktionsvorsitzende der SPD erwartet aber eine Klarstellung zu der Finanzierung der Kombilösung und zur Kostenentwicklung. Positiv sei für die SPD das Signal aus Berlin, das die Förderung für den Umbau der Kriegsstraße sicherstellt. Im Bereich der Kommunikation seien aber weiterhin mehr Anstrengungen möglich von Seiten der Kasig. Auch die FDP-Fraktion um die Vorsitzende Rita Fromm sieht einiges Positives im scheidenden Jahr: "Es wurde aus Fehlern gelernt." Es könne allerdings nicht sein, dass Händler ihre Läden aufgeben müssten. Laut einer Kostenaufstellung wurden im Jahr 2012 rund 721.000 Euro an Entschädigungszahlungen getätigt. 2011 waren es 638.000, 2010 rund 310.000 Euro.

Wenzel: "Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht"

"Es muss mehr mit Hausbesitzern und Einzelhändlern gesprochen werden", so Fromm. Zudem kritisierte sie die Vielzahl der zeitgleichen Baustellen auserhalb der Arbeiten zur Kombilösung. Auch sie sieht im Bericht der Stadt offene Fragen. Lüppo Cramer von der Karlsruher Liste (KAL) fordert den von der Kasig in Richtung Arge aufgebauten Druck auch politisch aufrechtzuerhaltenen. Zudem müsse die Situation der Einzelhändler auch in schlechteren  Lagen verbessert werden. Bei der Förderung der Kriegsstraße erwartet Cramer nach dem Signal des Bundes nun auch eines von Landesseite.

Jürgen Wenzel von den Freien Wählern kritisierte die fehlenden Hinweise auf die Auswirkungen der Bauarbeiten für Anwohner und Einzelhändler, die auf einem "harten und steinigen Weg" gehen müssten. Für Wenzel sei der Bericht nicht vielversprechend, zumal bei den Kosten "das Ende der Fahnenstange" noch lange nicht erreicht sei. Für Leistungskontrollen durch die Stadt sprach sich indes der Linke-Stadtrat Niko Fostiropoulos aus. Zudem forderte er von Oberbürgermeister Heinz Fenrich einen Ausblick auf die endgültigen Kosten des Bauvorhabens. Fenrich erteilte dem Anliegen des Linken-Politikers jedoch eine Absage: "Vor der Schaufel ist alles dunkel", sagte er und spielte darauf an, dass eventuelle Zwischenfälle oder Hindernisse im Boden nicht vorhergesagt werden könnten.

Gemeinderat und Stadtverwaltung danken der Bevölkerung und den Bahnfahrern

Deshalb sei eine Schätzung oder Hochrechnung auf die Endkosten nicht machbar, so das Stadtoberhaupt. Zudem sei der Bericht nur eine Momentaufnahme und ziele nicht auf die Zukunft ab. Zuvor forderte Friedemann Kalmbach von Gemeinsam für Karlsruhe bessere Informationen für die Bürger abseits von Smartphones und Internet. Wie auch die Fraktionen und die Stadtverwaltung, bedankte er sich bei den Beteiligten der Kombilösung, bei den Bahnfahrern und bei den Bürgern für ihre Bemühungen und Verständnis.

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