Die Haut des Menschen bildet nicht nur eine physikalische Barriere gegen Fremdstoffe, sondern verfügt auch über ein chemisches Abwehrsystem gegen Bakterien, Viren und Pilze. Dazu produziert sie antimikrobielle Peptide, das heißt kurzkettige Aminosäureverbindungen, die sowohl Wachstum und Zusammensetzung der gesunden Hautflora kontrollieren als auch krank machende Mikroorganismen abwehren. Die Produktion von solchen antimikrobiellen Peptiden geschieht zum Teil ständig zum grundlegenden Schutz, zum Teil angeregt durch Infektionen oder Entzündungen.
In den menschlichen Schweißdrüsen wird das antimikrobielle Peptid Dermcidin produziert. Es wird mit dem Schweiß auf der Hautoberfläche verteilt, bleibt im Säureschutzmantel der Haut stabil und wirkt quasi als natürliches Breitband-Antibiotikum gegen viele bekannte Keime. Dermcidin wird in in seiner aktiven Form in verschiedene Fragmente gespalten, darunter das sowohl fett- als auch wasserliebende Peptid DCD 1L.
Ionenkanäle hindern Bakterien an Energiegewinnung
Die Wissenschaftler, unter ihnen die Professorinnen Birgit Schittek von der Universität Tübingen und Anne Ulrich vom Institut für Biologische Grenzflächen des KIT, haben die antimikrobielle Aktivität von DCD 1L nun genauer untersucht. Diese Forschungen, die im Rahmen des an der Universität Tübingen angesiedelten Sonderforschungsbereichs "Die bakterielle Zellhülle" durchgeführt wurden, ermöglichen erstmals, ein molekulares Modell für die antimikrobielle Wirkung eines anionischen Peptids im menschlichen Schweiß zu erstellen. In der Fachzeitschrift "The Journal of Biological Chemistry" veröffentlichen die Wissenschaftler diese Ergebnisse aus dem Promotionsvorhaben der Erstautorin Maren Paulmann.
Die Forscher stellten fest, dass DCD 1L ein außergewöhnlich langes anionisches Peptid ist, das ideal an das salzig-saure Milieu des menschlichen Schweißes angepasst ist. Indem es Ionenkanäle in der bakteriellen Membran bildet und damit das Membranpotenzial zerstört, hindert es die Zelle daran, Energie zu gewinnen. Begünstigt wird die Bildung der Ionenkanäle durch das Spurenelement Zink.
Messtechnik am KIT liefert Daten für die Biowissenschaft
Die molekulare Struktur von DCD 1L und seine Einbettung in Membranen wurde am KIT durch die Messtechnik des Circulardichroismus (CD) mit UV-Licht aufgeklärt. Für solche Anwendungen wurde dort unlängst eine Synchrotron-CD-Beamline installiert, die mit einem erweiterten Spektralbereich die Qualität der Messungen weiter steigern wird. Diese und weitere Beamlines stehen als sogenannte Nutzer-Einrichtung Strukturbiologen und Chemikern aus aller Welt offen.