Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Karlsruher "Tackletiger": Was machen die da im Schlossgarten?

Karlsruhe

Karlsruher "Tackletiger": Was machen die da im Schlossgarten?

    • |
    • |
    Jugger in Karlsruhe - "Tackletiger" im Schlossgarten
    Jugger in Karlsruhe - "Tackletiger" im Schlossgarten Foto: Privat

    Ich habe mir gerade einige Bilder von euch angeschaut - darauf zu sehen seid ihr, wie ihr euch gegenseitig im Karlsruher Schlossgarten Schläger um die Ohren haut, während einige auf dem Boden sitzen. Zugegeben: Auf den ersten Blick wirkt "Jugger" wie eine wilde Mischung aus Brennball, Lacross, Rugby und Handball - wobei der mysteriöse Trommelspieler im Gras nicht ins Konzept passt. Klärt mich auf: Um was geht es bei eurer Sportart und wer hat "Jugger" erfunden?

    Clemens: Jugger gibt es jetzt seit 1992 - tatsächlich wurde die Sportart damals aus dem Film "Die Jugger - Kampf der Besten." In dem eher unbekannten Hollywood-Streifen geht es um eine post-apokalyptische Welt, in der mehrere Dörfer gegeneinander kämpfen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dieser Krieg basiert nicht auf herkömmlichen Waffen, sondern auf dem brutalen Spiel Jugger, bei dem es darum geht, einen Hundeschädel im gegnerischen Tor aufzuspießen - es geht um Leben und Tod.

    Lukas: Nachdem Jugger quasi aus der Feder eines Filmregisseurs entstanden ist, hatten einige Fans in Hamburg und Berlin die Idee, das Leinwandspiel in abgeschwächter Form in die Realität umzusetzen und gründeten erste Teams. Letztere spielen mit so genannten "Pompfen", selbstgebauten Schlägern aus alten Autoreifen, Bambus oder Schaumstoff, um eine Hundeschädel-Atrappe, die letztlich auf dem gegnerischen "Mal", eine Art Spieß-Tor, platziert werden muss. Gelingt das, ist das Spiel gewonnen.

    Clemens: Ist während dem Spiel ein Spieler mit dem Pompfen touchiert worden, so muss er sich für eine gewisse Zeit auf den Boden setzen und setzt damit aus. Zeitlich richtet sich eine Jugger-Partie nicht etwa nach der Vorgabe einer Stoppuhr, sondern nach Schlägen eines Trommlers am Spielfeldrand - mit etwa sechs Minuten pro Spiel ist zu rechnen. Im Film wirft man stattdessen mit Steinen. Heute gibt es Meisterschaften weit über Deutschland hinaus und unzählige Mannschaften auf der ganzen Welt - dennoch ist der Sport noch recht jung. Viele wissen noch gar nichts darüber.

    So wie ich bis jetzt. Tatsächlich erinnert mich das ein bisschen an Quidditch, Hunger Games oder Pokemon. Kurze Nachfrage: Benutzt ihr echt einen Hundeschädel als Ball? (lacht)

    Lukas: (lacht) Nein, zwar machen die das im Film so, aber wir haben uns unseren "Hundeschädel" aus Alltagsgegenständen und herumliegendem Material selbst gebastelt.

    Das beruhigt mich. Wie kam es denn zu der Gründung eures "Tackletiger"-Teams in Karlsruhe?

    Lukas: Bevor ich zum Studieren nach Karlsruhe gekommen bin, habe ich in meiner Heimat Schwaikheim bereits rund vier Jahre Jugger gespielt - das wollte ich hier fortführen, allerdings gab es noch keine Mannschaft. So rief ich im Juni 2013 Tackletiger als erste Karlsruher Jugger-Mannschaft ins Leben. Es haben sich auch bald einige Interessierte gemeldet - heute sind wir bis zu 15 Spieler an einem Abend. Normalerweise treffen wir uns zwei Mal die Woche, gerade im Sommer. Die genauen Zeiten stimmen wir aber vor Ort oder im Facebook mit allen ab. Dieses Jahr stehen unter anderem die Irische Jugger Meisterschaft sowie ein bundesweites Turnier in Villingen-Schwenningen.

    Für wen ist Jugger denn der richtige Sport?

    Clemens: Im Grunde ist Jugger ein Sport mit Kampfsportelementen, der viel Ausdauer abverlangt, ähnlich wie Fechten. Ein besonderes Talent muss man allerdings nicht mitbringen - bei uns kann jeder mitmachen. Jedoch muss man sich zunächst, wenn man das erste Mal dabei ist, an das Chaos auf dem Spielfeld gewöhnen (lacht). Oft geh'ts heiß her. Der Jüngste Spieler bei uns ist 10 Jahre alt und der Älteste 40. Die breite Masse studiert aber und ist zwischen 20 und 25 Jahre alt.

    Ihr habt es gerade angesprochen: Jugger birgt Kampfsportelemente. Wie ist die Stimmung auf Turnieren?

    Lukas: Die Stimmung auf Meisterschaften oder während des Spiels ist super angenehm. Jugger basiert neben der Sportlichkeit auch auf Vertrauen und Ehrlichkeit, da es keinen Schiedsrichter gibt. Wir verlassen uns aufeinander, dass niemand schummelt - so müssen wir uns auch auf fremde Gegner verlassen können, sowie die sich auf uns. Jugger-Tuniere kann man fast schon mit Festivals vergleichen: Die Stimmung ist locker und man lernt gerne neue Leute kennen, die das Hobby teilen. Diese Aspekte von Jugger sind es auch, die diese Sportart neuerdings in Sachen Gewaltprävention aufleben lassen - ein Bekannter hat darüber sogar seine Bachelor-Arbeit geschrieben. An manchen Schulen gibt es sogar schon Jugger-AGs für Schüler.

    Die Fragen stellte Marie Wehrhahn.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden