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Karlsruhe/Ötztal: Karlsruher Radrennfahrer Bernd Hornetz: Amateur mit dem Herz eines Profis

Karlsruhe/Ötztal

Karlsruher Radrennfahrer Bernd Hornetz: Amateur mit dem Herz eines Profis

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    Hornetz bei einem Alpenmarathon. Üblicherweise sind solche Rennen
200 Kilometer lang und gehen über 3000 Höhenmeter oder mehr.
    Hornetz bei einem Alpenmarathon. Üblicherweise sind solche Rennen 200 Kilometer lang und gehen über 3000 Höhenmeter oder mehr. Foto: (privat)

    Zwei Tage später liegt Hornetz auf der Massagebank einer Praxis in Karlsruhe und lässt seinen Körper durchkneten. Der 45 Jahre alte Physiker hat Mittagspause. Eine halbe Stunde bleibt ihm noch, dann muss er zurück an seinen Schreibtisch in einem Softwareunternehmen. Die Physiotherapeutin bohrt tief in die Muskulatur, um die Strapazen vom Wochenende vergessen zu machen.

    Hornetz ist bester deutscher Freizeitradler

    Schweiß, Schmerz und Talent haben Hornetz zum besten deutschen Freizeitradler gemacht. Auf der Marathondistanz, jenen Rennen, die nur vierstellige Höhenmeterzahlen kennen, ist er das Maß der Dinge. Der Durchbruch gelang ihm 2012, als er die Tour Trans Alp, eine für Freizeitpedaleure bedeutende Rundfahrt in den Alpen gewann. Das nächste Ausrufezeichen setzte er im gleichen Jahr beim "Ötztaler", einem mit vier Alpenpässen gespickten Radmarathon. Nach sieben Stunden, 5.500 Höhenmetern und 228 Kilometern erreichte Hornetz trotz eines Felgenbruchs als Vierter und damit bester Deutscher das Ziel.

    Am 25. August wird Hornetz zum zehnten Mal beim Ötztaler starten. Sein Ziel ist das Podium. "Der Ötztaler ist die inoffizielle Weltmeisterschaft", schwärmt er. "Die besten Fahrer sind am Start und es ist eine der anspruchsvollsten Strecken." Um beim Ötztaler zu den Besten zu gehören, verschreibt er sich dem Sport. Beruf, Familie, Radfahren - jeder Tag ist genau geplant.

    Hornetz: "Ich dope nicht"

    Ein Anstieg im Kraichgau, einer dem Schwarzwald vorgelagerte Hügellandschaft. Während Hornetz mit 240 Watt das Rad den Berg hinauf zirkelt, plaudert er ohne erkennbare Anstrengung von vergangenen Rennen. Seine Atmung ist ruhig wie beim Yoga. Unablässig fährt er im Wiegetritt und kleinem Gang. Sein Stil erinnert an den Nähmaschinentritt von Lance Armstrong. Der Texaner vertraute auf hartes Training und Chemie. Auch Hornetz quält sich auf dem Rad. Den Griff zu Pillen und Ampullen lässt er aber bleiben, sagt er. "Ich dope nicht." Aber kann der Vierte des Ötztalers wirklich sauber sein?

    Wie alle Radrennfahrer kann Hornetz seine Unschuld nur beteuern, nicht belegen. Daran ändert auch die erste Dopingkontrolle nichts, die er nach zwölf Jahren auf dem Rad hatte und die negativ ausfiel. Anfang Mai musste er nach seinem zweiten Platz beim "Granfondo Sportful" in Italien eine Urinprobe abgeben. Eine einzige Wettkampfkontrolle sagt natürlich nichts darüber aus, ob ein Sportler sauber ist oder nicht. Sie sagt eher etwas darüber aus, wie unkontrolliert die Szene unterwegs ist. Um das zu ändern, fordert das italienische Amateurteam "Prestigio LGL Miche" , für das Hornetz fährt, alle zwei Monate ein Blutbild von seinen Fahrern. "Das Team kann so einen Blutpass erstellen", sagt er, "wer keine Werte schickt, fliegt raus."

    1.000 Stunden auf dem Sattel - pro Jahr

    Der Anstieg im Kraichgau ist überwunden. Hornetz hat auf dem Sattel Platz genommen und kurbelt flüssig. Auf dem Rad sitzt er wie ein Profi: Sattel hoch, Lenker tief. Die Haltung beansprucht Rücken und Nacken, belohnt aber mit geringem Luftwiderstand. Wer so ohne Schmerzen auf dem Rad sitzen möchte, muss viele Kilometer fahren. Rund 1.000 Stunden verbringt Hornetz jedes Jahr auf dem Rad, 25.000 Kilometer legt er zurück. Die Höhenmeter zählt er erst gar nicht. Zum Radsport kam er vergleichsweise spät. Erst 2001 kaufte sich Hornetz, damals 33 Jahre alt, ein Rennrad. Ein vergleichsweise hohes Alter für einen Sportler, der noch etwas vor hat. Bislang managte er sein Training selbst. Seit ein paar Wochen führt Sportwissenschaftler Dennis Sandig Regie. Sandig hat sich mit neuen Trainingsmethoden im Radsport einen Namen gemacht. "Wir wollen dem Training etwas mehr Struktur geben", sagt er. "Mit neuen Reizen kann sein Leistungsniveau noch gesteigert werden." Als Hornetz Sandig seine Trainingsdaten übermittelte, staunte der Wissenschaftler nicht schlecht. Hornetz hat ein außergewöhnlich großes Herz. "Er ist fast so leistungsfähig wie ein Profi", schwärmt Sandig.

    Ob sich das neue Training beim Ötztaler auszahlen wird, hängt auch davon ab, wie sauber seine Konkurrenten sind. "Ich lege für niemanden die Hand ins Feuer", sagt er. Das kann er auch nicht, denn Dopingkontrollen gibt es beim Ötztaler nicht. Die Nationale Anti-Doping Agentur  habe aber das Recht, bei Verdacht zu kontrollieren, teilt der Veranstalter auf Nachfrage mit. Mehrmals habe er selbst beim Veranstalter des Ötztalers nachgefragt, warum es keine Kontrollen gebe, sagt Hornetz. Die Antwort: Braucht man nicht. Doch sie sind nötig, wie der Fall Emanuele Negrini zeigt. Ende 2009 wurde der Italiener bei einem Rennen in seinem Heimatland des Dopings mit Steroiden überführt. Monate zuvor hatte er zum dritten Mal den Ötztaler gewonnen. "Veranstalter und Sponsoren haben kein Interesse, Doper zu enttarnen", klagt Hornetz. "Das ist nicht gut fürs Geschäft."

    Dabei ist Negrini wohl kein Einzelfall. Anfang Mai begleitete Suzanne Hammann, die Ehefrau von Bernd Hornetz, ihren Mann zum Marathon "La Leggendaria Charly Gaul" in Italien. Nach dem Start fuhr die leidenschaftliche Radfahrerin dem Pulk zum Spaß hinterher. Auf einer Passstraße entdeckte sie eine Schachtel, daneben Tabletten. Als sie sich der Verpackung näherte, konnte sie die Aufschrift deutlich lesen: "Ecstasy".

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