Auch die Karlsruher Polizei ist von der Verbrechensserie, die der rechtsextremistischen Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) vorgeworfen wird, nicht unbeeindruckt. Thomas Rüttler, Leiter der Kriminalpolizei, Manfred Bernius, Leiter des Dezernats Staatsschutz und Frank Weingärtner, sein Stellvertreter sind sich jedoch sicher: "Die Polizei ist auf keinem Auge blind, auch nicht auf dem rechten."
Sie sprechen für den Raum Karlsruhe und versichern: "Bei uns wird jede Straftat mit dem gleichen Eifer bearbeitet, gleich ob das Opfer ein Deutscher oder ein Ausländer ist und auch bei den Tätern wird da kein Unterschied gemacht", legt Thomas Rüttler die Hand für seine Kollegen ins Feuer. "Da geht es nur darum, jeden Mord möglichst schnell aufzuklären. Wer sollte uns auch einen Maulkorb verpassen oder ein Verbot auferlegen, in irgendeine Richtung zu ermitteln? - das gibt es bei uns einfach nicht."
Zu viel Information aus zweiter und dritter Hand
Auch die Tatsache, dass - wie in einigen Medien berichtet - ein hessischer Verfassungsschützer bei sechs der neun sogenannten Döner-Morde vor Ort war, sei, so Rüttler, eher mit Vorsicht zu genießen. "Ich kann natürlich nur für Baden-Württemberg sprechen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das so gewesen ist. So hätten mehrere Bundesländer, Staatsanwälte, Polizeidirektionen und Verfassungsschützer verschiedener Bundesländer still halten und schweigen müssen. Das halte ich allein schon aufgrund der politischen Konstellationen für nicht realisierbar, ganz zu schweigen davon, dass ich weiß, dass die Polizei hier so etwas nicht zulassen würde", sagt Rüttler.
Das Gefährlichste an der Geschichte um die Döner-Morde sei für Rüttler, dass es so viele Informationen aus zweiter und dritter Hand gebe. Es werde ja meistens nicht einmal getrennt zwischen Polizei und Geheimdiensten, die zum einen verschiedenen Dienstherren unterstehen und zum anderen strikt getrennt arbeiten und nur an wenigen, festgelegten Schnittstellen Informationen austauschen.
Und während sich die Polizei mit Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, deren Aufklärung und Verhinderung beschäftigt, beobachten die Geheimdienste extremistische Bewegungen aller politischen Richtungen, auch im Untergrund und mit sogenannten V-Männern. Aber auch bei deren Einsatz stünde immer das Wohl der Bürger über den Interessen des jeweiligen Geheimdienstes. Daher könne Rüttler es sich nicht vorstellen, dass ein Verfassungsschützer Morde begehe oder nicht verhindere. "So würde das zumindest in Baden-Württemberg nicht passieren", ist sich Rüttler sicher.
Stumpfe Schwerter schlagen nicht
Ganz anders sieht Rüttler die Frage danach, wie es möglich ist, dass Straftäter 13 Jahre lang Verbrechen begehen und untertauchen können. Er verweist dabei beispielsweise auf eine Entschärfung des deutschen Melderechts, die es Bürgern viel einfacher mache, umzuziehen und unterzutauchen, da man für eine neue Meldeadresse beispielsweise keinen Vermieternachweis mehr brauche.
Außerdem "beschweren sich jetzt die Politiker und Parteien, die vor noch nicht allzu langer Zeit die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung gefeiert haben, darüber, dass wir Straftaten nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt zurückverfolgen können und danach das polizeiliche Gedächtnis quasi gelöscht werden muss". So kann es aber eben passieren, dass man Kriminelle "aus den Augen" oder den "Dateien" verliert. Er beschwert sich nicht über das neue Gesetz, nimmt es hin, arbeitet damit, aber sagt: "Die Polizei kann nur mit dem Schwert arbeiten, dass ihr gereicht wird, ist dieses Schwert stumpf, leidet natürlich auch unsere Arbeit."
Lesen Sie auch den ersten Teil des Berichts über die Arbeit des Dezernats Staatsschutz der Karlsruher Polizei. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie die Karlsruher Polizei präventiv rechter Kriminalität entgegenwirkt.