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Karlsruhe: Karlsruher O-Phase im Selbsttest: Clubmate statt Bier, bin ich hier richtig?

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Karlsruher O-Phase im Selbsttest: Clubmate statt Bier, bin ich hier richtig?

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    O-Phase in Karlsruhe: Mit Block und Stift von Frisör zu Frisör.
    O-Phase in Karlsruhe: Mit Block und Stift von Frisör zu Frisör. Foto: (ser)

    "Stadtrallye" heißt die wilde Sause in meinem Terminkalender - eine Tour mit Bier, Bollerwagen, albernen Spielen und hemmungslosen Gesprächen. Zumindest glaube ich das, als ich in den Erinnerungen an meine eigene O-Phase in einer hessischen Studentenstadt schwelge. Wie könnte es schließlich anders laufen?

    In Gruppen durch die Fächerstadt

    Im Keller der Fachschaft angekommen, wird schnell deutlich, warum die O-Phase eine der wichtigsten Zeiten im Leben eines Studenten ist. Rund 35 fremde Gesichter schauen sich an - was sie eint ist das Fremd-Sein. Versammelt sind Bachelor- und Mastererstis aus Informatik und Mathe, wie mir "Teamer" Dominik erklärt. Er studiert im siebten Semester Informatik - wie seine Kollegen aus der Fachschaft weiß er also genau, was es heißt, in Karlsruhe Student zu sein. Sie zeigen den Neulingen das Studium und die Fächerstadt.

    Die Regeln der Stadtrallye haben die "Teamer" den 35 fremden Gesichtern schnell erklärt: "Macht Gruppen von fünf bis sechs Leuten. Danach teilen wir auf, welche Gruppe was macht". Das kurze Hin und Her, das obligatorische "ich mit dem und der mit ihr", lässt mir ausreichend Zeit für einen gezielten Blick in den Raum. Ein Paar Tische, Stühle, Lampen, PCs - nichts Auffälliges. Viel mehr fällt auf, was ich nicht sehe: Kein Bier, kein Bollerwagen, keine Boxen. Erstmals bezweifle ich, dass meine Erwartung an eine O-Phase heute genauso eintrifft.

    Club Mate statt Bier

    Das Hin und Her ist beendet - mittlerweile ist klar, mit welchen sechs Fremden es mich durch die Fächerstadt zieht. Wir stellen uns vor, aus sieben Fremden wird in Sekundenschnelle ein Team. Unsere Aufgabe ist es, eine Liste zu allen möglichen Karlsruher Themen abzuarbeiten.

    Zu den Frisören auf der Kaiserstraße sollen wir laufen, fragen, was ein Haarschnitt für eine Blondine mit 35 Zentimeter langen Haaren kostet. Sollen uns schlau machen, wie deftig die höchste Bundesliga-Heimpleite des KSC ausfiel. Wann entgleiste die Schlossgartenbahn? Und in welcher Farbe war sie damals gestrichen? Fragen über Fragen - doch alles zu seiner Zeit.

    Denn die Gruppe entscheidet sich zunächst für eine einleuchtende Strategie. Sie will zu allererst der Frage nachgehen, was wohl so ein Bier bei der Fachschaft Physik kostet. Dort angekommen, erscheinen mir die 80 Cent mehr als fair für die erste Runde. Doch die Gruppe sieht das anders. Der Bierpreis wird notiert, Club-Mate wird gekauft. Es kann weiter gehen.

    O-Phasen-Bild nicht mehr wichtig

    Nach kurzer Beratung machen wir uns auf den Weg in die Stadt, um der Frisur-Frage nachzugehen. Den Fußweg bis zur Kaiserstraße nutzen wir für Smalltalk. "Wo kommt ihr denn so her?" will ich wissen. Bremen, Ludwigsburg, Karlsbad sagt man mir. "Namibia" antwortet einer, den kurz darauf ungläubige Blicke treffen. Hermann kam vor drei Wochen her, erklärt er uns schließlich. Aus einer deutschen Siedlung in der ehemaligen Kolonie im südlichen Afrika. Nun weiß ich, warum wir auf Bier verzichtet haben: Einem Betrunkenen hätte ich diese Geschichte nicht abgekauft.

    Mittlerweile haben wir  Karlsruhes Frisör-Hauptstraße erreicht. 20 Punkte gibt es am Ende, wenn wir den billigsten Laden für unsere blonde Freundin Ella auftreiben. Machbar - zwei Gruppen, jede eine Straßenseite, Frisöre anquatschen, Ergebnis aufschreiben, Feierabend. Doch nach ein Paar Minuten drängt sich mir irgendwie der Eindruck auf, dass unsere Aufgabe in der Gruppe unterschiedlich gedeutet wird. Denn in der Folgezeit sprechen wir mit niemanden - stattdessen verhelfen uns überdimensionierte Preisschilder und Kopfrechnen zum Erfolg.

    Mit dieser Methode kämpfen wir uns sehr erfolgreich in Richtung Marktplatz - doch dann ist Schluss für mich. Es war von Anfang an klar, dass ich die Gruppe nur am Vormittag begleite. Während meines Weges zurück in die Redaktion, versuche ich das gerade Erlebte einzuordnen. Kein Bier, kein Bollerwagen, keine hemmungslosen Gespräche. Nur die albernen Spiele, die ich bereits kannte. Mein Bild der O-Phase ist jetzt nicht mehr eindeutig - und das gefällt mir. Meine eigene will ich gegen diese trotzdem nicht tauschen.

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