"Die Zahl der im Stadtkreis Karlsruhe verübten und erfassten Straftaten ist zum fünften Mal in Folge zurückgegangen - 2009 gab es fünf Prozent weniger Straftaten als 2008", so Polizeipräsidentin Hildegard Gerecke bei der Vorstellung der Kriminalstatistik Karlsruhe. Dazu hätten sowohl die Polizeibeamten als auch die couragierte Bevölkerung beigetragen.
"Der Löwenanteil der 25.716 erfassten Straftaten im Stadtkreis Karlsruhe waren Diebstahl, Vermögens- und Fälschungsdelikte. Weit weniger, etwa zehn Prozent der Straftaten, bestanden aus Rohheitsdelikten wie Körperverletzung und Raub - Sexualdelikte und Tötungsdelikte machten weniger als ein Prozent der insgesamt erfassten Straftaten aus", ergänzt Gerecke.
"Anzahl und Intensität der Gewaltdelikte besorgniserregend"
Doch trotz des deutlichen Rückgangs der Straftaten insgesamt sieht die Polizeipräsidentin keinen "Anlass zu übermäßigem Jubel": Die Anzahl und die Intensität der Gewaltdelikte habe im Verhältnis zu den Vorjahren um besorgniserregende 18,6 Prozent zugenommen. Außerdem stünden die Tatzeiten und -örtlichkeiten in engem Zusammenhang mit dem Freizeitverhalten der jüngeren Generation - so waren mehr als 70 Prozent der Tatverdächtigen unter 21 Jahren, jeder Zweite stand unter Alkoholeinfluss.
13 Beamte durch Verletzungen kurzzeitig dienstunfähig
Die Gewaltdelikte konzentrieren sich darüber hinaus in besonders auffälliger Weise um die "Erlebnisachse" Europaplatz und Amalienstraße, so Gerecke. Um dem entgegenzuwirken würden Maßnahmen wie das Verkaufsverbot für Alkohol nach 22 Uhr erlassen werden - doch sei das Alkoholproblem im Grunde genommen nicht eines der Polizei, sondern von gesamtgesellschaftlicher Natur. Besonders brisant sei außerdem, dass die Gewaltdelikte gegenüber Polizeibeamten im vergangenen Jahr drastisch zugenommen habe und 13 Beamte so schwer verletzt wurden, dass sie kurzzeitig dienstunfähig gewesen seien.
Zu altes Stadion für ausreichend Prävention
"Ein weiterer Schwerpunkt der Straftaten in Karlsruhe steht im Zusammenhang mit Fußballspielen", wie der Vertreter der Präsidentin, Roland Lay, fortführt. Besonders auffällig sei dies bei Spielen des KSC gegen den VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt und den 1.FC Kaiserslautern.
Die Problematik gründe vor allem darin, dass das KSC-Stadion alt sei und keine nötige Infrastruktur für Gewaltprävention, wie beispielsweise die ordentliche Trennung der Fanblöcke, biete. Das Polizeipräsidium Karlsruhe müsse daher mit etwa 200 Beamten pro Fußballspiel vor Ort sein und habe außerdem 155 gewaltbereite Fans registriert - 80 davon seien sogar gewaltsuchend, also ohne Interesse am Sport, sondern nur an der Gewalt an sich interessiert. So kam es, dass trotz aller Maßnahmen ein Ordner schwer verletzt wurde; der Täter ist mittlerweile verurteilt.
Viele Taten bleiben im Versuch stecken
Ein weiteres Problem sieht Gerecke in der erneut ansteigenden Summe der Wohnungseinbrüche. Hier seien "mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen unter 21 Jahren alt und ausländischer Herkunft gewesen. Zu einem großen Teil hatten sich zumeist Jugendliche von Frankreich aus auf die andere Rheinseite begeben, um hier Einbrüche zu begehen", erläutert Gerecke.
Als Lichtblick sieht Gerecke jedoch, dass etwa 43 Prozent der Taten im Versuch stecken blieben. Zwar bereitet der sprunghafte Anstieg der Straftaten im Internet, der 2008 verzeichnet worden war, vor allem Lay große Sorgen. Doch sei es insgesamt nicht so schlimm gekommen, wie man es vor einigen Jahren vermutet habe. Zwar hätte der Computerbetrug, der etwa 25 Prozent der Taten ausmacht, an Quantität zugenommen, doch die 75 Prozent der Straftaten, die aus Warenbetrug bestehen, hätten zahlenmäßig abgenommen. Hier appelliert die Polizei außerdem an die Bevölkerung, sich ausreichend mit Firewalls und Anti-Viren-Programmen zu schützen.
Einen Rückgang verzeichnet das Polizeipräsidium Karlsruhe bei der Rauschgiftkriminalität um knapp zehn Prozent.
130.000 Überstunden im Präsidium
Dies läge jedoch daran, dass es sich hier um sogenannte "Hohe Kriminalität" handele, bei welcher die Polizei selbst ermitteln muss, meint Gerecke. Doch da das Präsidium unter einem Arbeitskräftemangel von im Schnitt zehn Prozent leide und mit einem Überstundenvolumen von insgesamt schon 130.000 Arbeitsstunden belastet sei, könnten schlichtweg weniger Fälle ermittelt werden als bisher, sagt Gerecke.
Neben den Tätern, bei welchen die Bevölkerung unter 21 Jahren überrepräsentiert sei, würde der größte Teil der Opfer über 60 Jahre alt sein. Hervorstechend seien hier vor allem Trickbetrügereien, Handtaschenraub und der sogenannte Enkeltrick, bei welchem der Täter beim Opfer anruft, sich beispielsweise als Enkel ausgibt und Geld verlangt.
Dies würde in zunehmendem Maße auch bei Spätaussiedlern geschehen: Der Täter ruft das Opfer an und erzählt ihm auf russisch beispielsweise, dass der Enkel des Opfers in Russland in Haft sei und freigekauft werden müsse.
Doch nicht immer habe der Enkeltrick Erfolg, weiß Kriminaldirektor Thomas Rüttler zu berichten: Einmal habe solch ein Betrüger bei einer älteren Dame angerufen und sich als Enkel ausgegeben. Doch die Dame konnte entgegnen, dass ihr Enkel wohl kaum in Nöten sein könnte, da er im Gefängnis säße und somit auch nicht die Person am Telefon sein könne.