Seit dem 1. Januar 2006 gibt es den Karlsruher Kinderpass. Mit diesem unterstützt die Stadt Kinder aus sozial schwächeren Milieus bei einer kindgerechten Freizeitgestaltung. Der gelbe Ausweis berechtigt zum kostenlosen oder ermäßigten Eintritt in städtische und kulturelle Einrichtungen sowie zur Nutzung von Bussen und Bahnen. Eine besondere Leistung sind die Bildungsgutscheine in Höhe von 100 Euro, die für Angebote wie Musikunterricht, Sportvereine oder Nachhilfe eingesetzt werden können und den Kindern weitere Bildungschancen aufzeigen sollen. Zumindest in der Theorie. Denn nach einem Jahr zog man Bilanz und stellte fest, dass das Angebot von nicht einmal von der Hälfte der Bezugsberechtigten angenommen wurde.
Doch man hat auch schon die Gründe dafür ausgemacht. Einerseits waren dies Verwirrungen bei der Einführung im letzten Jahr. Das Angebot wurde nicht klar genug beworben, so dass die Zielgruppe zum Teil gar nicht darüber informiert war. Zudem gibt es Angebote mit ähnlich klingenden Namen wie den Landesfamilienpass des baden-württembergischen Ministeriums für Arbeit und Soziales oder auch den Ferienpass für Schüler. "Manchmal sind es so profane Dinge, mit denen man zu kämpfen hat", so Harald Denecken, Karlsruher Bürgermeister für Jugend und Soziales, Schulen und Sport. In einer groß angelegten Kampagne soll das Angebot nun noch einmal verständlich dargestellt werden.
"Scham ist nicht angebracht wenn es um Kinder geht"
Beinhaltet unter anderem auch Freifahrten im KVV: Der Karlsruher Kinderpass (Foto: ka-news) |
Ein anderer Grund ist allerdings nicht so leicht aus der Welt zu schaffen. Viele Leute, die finanziell nicht gut dastehen oder arbeitslos sind, schämen sich für diese Umstände. Wenn man ein Angebot wie den Kinderpass in Anspruch nimmt, muss man sich zu seiner Situation bekennen und zugeben, dass man Hilfe benötigt. Des weiteren scheuen sich manche überhaupt vor Behördengängen, da diese mit bürokratischem Aufwand verbunden sind. Bei der Ausgabe des Kinderpasses versucht man aber, diesen so gering wie möglich zu halten. Wer Arbeitslosengeld II bezieht, bekommt im Jobcenter, das regelmäßig aufgesucht werden muss, automatisch Informationsblätter mitsamt einem Abholschein für den Kinderpass. Bei Geringverdienern muss einmalig die Berechtigung geprüft werden.
Für 5.300 Kinder im Raum Karlsruhe kommt das Angebot nach Angaben der Jugendamtsleiterin Susanne Heynen dieses Jahr in Frage. Von den 4.320 Berechtigten im letzten Jahr haben 2.074 den Pass beantragt, also gerade einmal 48 Prozent. Für Harald Denecken ist dies sehr problematisch, nicht nur wenn man bedenkt, dass die Kinder ohne Pass vielleicht nie die Chance bekommen, eigene Talente in Computer- oder Ballettkursen zu entdecken.
Auch auf politischer Ebene ist die mangelnde Resonanz Grund zu Sorge. Wenn die bereitstehenden Mittel in Höhe von 533.000 Euro nur zur Hälfte ausgegeben werden, wird der Etat in Zukunft gekürzt. Noch ist es allerdings nicht so weit. Wenn der Pass rege genutzt wird, zeigt dies den Politikern, dass das Geld an der richtigen Stelle investiert wurde. "Hiermit sind alle Eltern aufgerufen, ihren Kindern das Angebot nicht vorzuenthalten!", so Denecken. Die Beantragung ist im Stadtjugendausschusses am Kronenplatz im Erdgeschoss des "Jubez" möglich. Info-Broschüren liegen in allen Ämtern, Beratungsstellen, Ortsverwaltungen und Rathäusern in deutscher, italienischer, türkischer, serbo-kroatischer und russischer Sprache aus.