"Die öffentlichen Schulen sind so schlecht, das sie die Fürsorgepflicht und damit die Verfassung verletzen", sagt Johannes Frank gegenüber ka-news. Viele Schüler könnten auch nach Jahren Schulbildung nicht richtig rechnen, schreiben oder lesen - es fehle an Qualitätskontrollen in den Schulen. "Wenn die Qualität der Schulbildung nicht stimmt, dann muss eben nachgebessert werden", so Frank. Das derzeitige Schulsystem lasse die Schüler mit ihren Problemen und Schwächen im Stich.
Neue Schule gegen Bildungsmisere
Daher will der Ingenieur aus Karlsruhe eine eigene Schule in der Fächerstadt gründen und so der "Bildungsmisere in Deutschland" entgegen treten. Doch das Land lehnt die Genehmigung seines Schulmodells ab. "Das Kultusministerium behauptet, ich besäße nicht die Qualifikation eine Schule zu betreiben", so Frank. Er fühlt sich ungerecht behandelt und zieht jetzt vor Gericht.
Frank hat ganz genaue Vorstellungen von einer perfekten Schule. Seine Schule sei eine Ersatzschule als ein neuer Typ von Gesamtschule, so Frank. Das grundlegende Prinzip dieser Art von Schule sei die Auflösung der festen Zeitbasis und Gewaltenteilung. Alle Arbeiten der Schüler würden nach Ergebnis beurteilt und nicht nach der Zeit, die für ihre Erstellung nötig gewesen sei.
"Die zeitliche Beliebigkeit ist das Besondere", so der 48-Jährige. Ein Schüler soll nicht zeitlich unter Druck gesetzt werden. In seiner Schule sei es untersagt einen Schüler unter Zeitdruck zu setzen, so lange er noch an der Qualität arbeite. "Lieber langsam und richtig, als schnell und falsch." So erhalte ein Schüler eine ihm angemessene Aufgabe, die er zu erfüllen habe. Diese Aufgabe beinhalte das Üben, welches sich über die ganze Zeit seiner zu erfüllenden Anwesenheit erstrecke. Der Schüler könne durch erfolgreiches Üben diese Zeiten verkürzen und sich so Freizeit schaffen. "Wer also trödelt, der sitzt seine Zeit ab, während die anderen schon spielen", erklärt Frank.
Schüler können Urlaub nehmen
Zudem gebe es auch keine klassischen Klassen. Sie würden durch Gruppen - gemischt aus allen Alterstufen - ersetzt. Von jedem Alter sollten ungefähr gleich viele Schüler im Verband sein. Das gemeinsame Schuljahr sei aufgehoben. Mit Eintritt in die Schule beginne für einen Schüler das Schuljahr und ende ein Jahr darauf.
Die gemeinsamen Ferien seien ebenfalls aufgehoben. Die Schüler erhielten Urlaub, den sie nehmen könnten. Bis zu sechs Krankheitswochen könnten auf den Urlaub angerechnet werden. Dies gelte auch für Lehrer. Auch erhielten Schüler und Lehrer Gleitzeit. Kern- und Aufsichtszeiten lege jede Schule individuell fest.
Der Vorteil hierbei aus der Sicht Franks: "Es gibt immer mehr berufstätige Eltern, die ihren Urlaub nicht immer nach den Schulferien richten können. Aber mit der neuen Regelung könnten Familien gemeinsam mit dem Kind ihren Urlaub planen." Auch könnten Väter und Mütter, wenn sie mal an einem Nachmittag frei haben, etwas mit ihrem Kind unternehmen. Sie müssten dann nur in der Schule anrufen und das Kind abholen. "Hat das Kind zu diesem Zeitpunkt bereits seine Aufgaben erledigt, dann ist das kein Problem. Wenn nicht, dann muss das Kind eben einen halben Tag Urlaub nehmen", so Frank.
Nur 1-er Schüler
Zudem lege seine Schule wert auf die individuelle Förderung des Einzelnen. Alle Kinder würden aufgenommen, unabhängig vom Grad ihrer Schulfähigkeit. "Die Schule ist so aufgebaut, dass sie für alle Schüler unabhängig vom Bildungsniveau und den finanziellen Möglichkeiten der Eltern zugänglich ist", betont der Ingenieur. Die Schule biete Schulbildung, die nicht mehr von der sozialen Herkunft abhängig sei.
Sie würde vermutlich rund 130 Euro Schulgeld im Monat kosten, schätzt Frank. Sozial schwache Familien müssten aber weniger oder nichts zahlen, während reicherer Familien dafür etwas mehr geben. Frank stellt sich hier eine Art Solidargemeinschaft vor.
Soweit die Theorie. Doch wie will Frank so eine Schule in die Realität umsetzen? "Für eine Schule braucht man einen Raum, Tische, Stühle, Papier und Stifte - mehr nicht", erläutert er. Am Anfang wolle er alleine unterrichten. "Ein Ingenieursstudium ist härter als ein Lehramtsstudium." Zudem habe er bis 2009 über mehrere Jahre hinweg eine Nachhilfeschule in Karlsruhe betrieben. Er wisse, was Schüler im Unterricht beigebracht bekommen, er kenne den Stoff sämtlicher Fächer. Der Unterricht solle inhaltlich dem der staatlichen Schulen gleichgestellt sein.
Schulmodell sei "verfassungswidrig"
Auch will er langsam starten. Zu Beginn möchte er etwa fünf bis zehn Schüler unterrichten - vorerst nur Kinder im Grundschulalter in der Schule aufnehmen. Nach und nach sollen dann alle Altersklassen folgen. Denn in der Schule sollen später einmal Schüler ab drei Jahren bis zum Abitur sein. "Das System erzeugt ausschließlich 1-er Schüler", ist Frank überzeugt.
Doch die Behörden sehen das bisher anders. Frank ist mit seinem Genehmigungsantrag gescheitert. Das Kultusministerium Baden-Württemberg habe ihm mitgeteilt, sein Schulmodell sei verfassungswidrig, sagt Frank. Der "vorgelegten Konzeption fehlen die Genehmigungsvoraussetzungen", heißt es in einem Schreiben des Ministeriums. Auf ka-news-Anfrage verweist das Kultusministerium an das zuständige Regierungspräsidium als Schulaufsichtsbehörde in Karlsruhe. Doch auch hier will man sich auf ka-news-Nachfrage "aufgrund des laufenden Verfahrens" derzeit nicht weiter zu dem Thema äußern. Am Dienstag, 20. Dezember, beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Karlsruhe um 13 Uhr mit dem Fall.
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