(Corina Bohner)

"In das Maßnahmenpaket sind nur aufgenommen worden, die nach unserer Einschätzung in Hinblick auf den kommenden Doppelhaushalt auch realistisch umsetzbar sind", so Finanz- und Wirtschaftsbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz am Dienstag zu Beginn der Debatte über die Einzelmaßnamen. "Die Sparmaßnahmen sind kein Kahlschlag, sondern eine moderate Anpassung", so Luczak-Schwarz, "Karlsruhe ist dennoch sehr, sehr gut aufgestellt."

Der Mehrzahl der Maßnahmen stimmte der Gemeinderat zu - einige Punkte wurden jedoch von der Liste der Kürzungen gestrichen (siehe Ende des Artikels).

Abstimmung über 124 Einzelmaßnahmen

Insgesamt 178 der insgesamt 304 Maßnahmen waren nicht auf die Zustimmung des Gemeinderats angewiesen und konnten durch Oberbürgermeister Frank Mentrup entschieden werden. Sie umfassen ein Gesamtvolumen von 64,7 Millionen Euro von 2017 bis 2022 und betreffen das Geschäft der laufenden Verwaltung, Gebührenhaushalt sowie die Optimierung der Kantine des Amtes für Abfallwirtschaft.

Die Vorschläge zielen sowohl auf die Reduzierung von Sachaufwand (zum Beispiel Verzicht auf Software, Lizenzen, Fachliteratur, Preise, externe Honorare, Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, Energiekosten), beinhalten aber auch die Reduzierung von Personalaufwand, heißt es in entsprechender Beschlussvorlage.

Über weitere 124 Maßnahmen über ein Gesamtvolumen von 115,5 Millionen Euro stimmte der Gemeinderat einzeln ab. Sie umfassen Vorschläge aus der gesamten Breite der städtischen Aktivitäten. Vorgeschlagen werden Maßnahmen zur Steigerung der Erträge und zur Senkung von Aufwendungen. Hier enthalten sind fünf Vorschläge, welche bereits vor dem Rahmenzeitpunkt (2017-2022) umgesetzt werden: Die Gebühren des Marktamtes, die Bäderpreise  sowie die Erhöhung der Eintrittsentgelte Zoologischer Stadtgarten.

Kürzungen bei Theatern sollen kommen

Für Diskussionen sorgten vor der Abstimmung im Gemeinderat vor allem die Kürzungen im Theaterbereich: Prozentuale Kürzungen werden ab 2017 bis 2022 auf das Sandkorn-Theater (insgesamt 163.686 Euro), das Badische Staatstheater (insgesamt 5.480.717 Euro) sowie auf das Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM) in Höhe von 2.079.147 Euro zukommen. Sonstige - in der Vorlage nicht näher genannten - Kulturinstitutionen im Theaterbereich werden in den sechs Jahren ab 2017 insgesamt Kürzungen in Höhe von 274.206 Euro hinnehmen müssen.

Im Gemeinderat war der Ton zu den Kürzungen im Kulturbereich eindeutig: Von Sparmaßnahmen sollten keine Institutionen ausgenommen werden. "Uns ist wichtig, dass alle zu ihren Beitrag leisten", so Johannes Honné (Grüne). " Können und dürfen das Staatstheater und ZKM nicht aus Überlegungen zur Haushaltsstabilisierung herausnehmen", sagt Thomas H. Hock (FDP), "auch dort muss gespart werden." Die SPD wünscht sich eine plausible Begründung für die aufgeführten Kürzungen, ist sich aber sicher: "Karlsruhe wird Kulturstadt bleiben!" So Fraktionsvorsitzender Parsa Marvi.

Mentrup: "Keine soziale Notlage"

Oberbürgermeister Frank Mentrup ließ es sich am Dienstagabend nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass die anstehenden Kürzungen im Sozialbereich nicht auf dem Rücken der Schwächeren ausgetragen werden: Man habe in den Vorjahren keine "Sozialausgaben üppig verschwendet". Man habe ein sehr hohes Niveau bei zusätzlichen freiwilligen Angeboten im sozialen Bereich gehabt, welche nun auf die Pflichtaufgaben der Kommune gekürzt werden. "Bitte rufen Sie jetzt nicht die soziale Notlage aus", so Mentrup. Die Versorgung von Obdachlosen, alleinerziehenden Müttern und weiteren seien weiterhin Pflichtaufgabe der Kommune und damit gewährleistet.

Zur Kritik an mangelnder Öffentlichkeitsbeteiligung äußert sich Mentrup folgendermaßen: "Das war zu diesem Zeitpunkt nicht unsere Absicht." Die eigentliche Beteiligung wird im Rahmen der regulären Haushaltsberatungen in diesem Jahr stattfinden. Im Juli sollen die ersten Entwürfe zum kommenden Doppelhaushalt stehen, hier werden die am Dienstag beschlossenen Maßnahmen ihren Eingang finden. Gegen Ende des Jahres werden die endgültigen Beratungen zum künftigen Doppelhaushalt 2017/2018 stattfinden.
 

Ablehnung gab es am Dienstagabend für folgende Punkte aus dem Maßnahmenkatalog:

  • Einstellung der Fütterung im Rahmen des Stadttaubenkonzeptes, Reduzierung der Unterhaltung der Taubenschläge sowie Wegfall des externen Dienstleisters
  • Schließung der Bürgerbüros Ost und Mitte. Hier wurde die Stadtverwaltung mit einer Evaluierung der bisherigen Arbeit der Bürgerbüros sowie einem Gesamtkonzept zur künftigen Ausrichtung beauftragt. Darüber soll erneut im Gemeinderat beschlossen werden.
  • Verzicht auf die Sommerleseaktion "Freibadbüchereien"
  • Reduzierung des Medienetats
  • Wegfall des Pauschalzuschusses an "Junior Slow e.V."
  • Reduzierung des Zuschusses "kooperation Schule-Verein": Der Zuschuss wird, entgegen des Vorschlags der Stadtverwaltung, auf 120.000 Euro pro Jahr reduziert.
  • Aufwandsreduzierung durch Bündelung verschiedener Arbeits- und Beschäftigungsprojekte im Gesamtkonzept Arbeit der Kommunalen Arbeitsförderung für Langzeitarbeitslose bei den Arbeitsförderungsbetrieben gGmbH: Der Haushaltsansatz für das Gesamtkonzept Arbeit wird auf 1 Million Euro pro Jahr festgesetzt. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung nach diesen Maßgaben ein Konzept zur künftigen Ausrichtung. Darüber soll im Gemeinderat erneut beschlossen werden.
  • Streichung der Weihnachtszuwendungen für Betagte
  • Anpassung der Personalschlüssel für die psychosoziale BEtreuung im Frauenhaus des SOzialdienst Katholischer Frauen
  • Absenkung der Pauschalen für den Beförderungsdienst für schwerbehinderte Menschen. Anstelle der Kürzung auf 8 Fahrten pro Monat, soll es künftig maximal 12 Fahrten geben. Zudem soll die Stadtverwaltung ein Mobilitätskonzept erarbeiten: Eine Mischung aus finanziertem individuellen Transport und der Einführung von flächendeckenden Mobilitätshilfen im ÖPNV.
  • Reduzierung der städtischen Zuschüsse für Ferienerhoungsmaßnahmen durch Veränderung der Zielgruppe
  • Kürzungen des Zuschusses für das Fanprojekt
  • Reduzierung des Zuschusses für die Servicestelle Übergang Schule Beruf (ÜSB)
  • Reduzierung der Mittel für KA-Wlan auf 20.000 Euo
  • Beendigung des Kühlschranktausch-Projektes
  • Abschaffung der Brötchentaste
  • Aufgabe der Aufstellung von Christbäumen im Stadtgebiet
  • Reduzierung und Schließung von öffentlichen Toilettenanlagen: Gemeinderat beauftragt Stadtverwaltung zur Erstellung eines Gesamt-Konzepts zu den Toilettenanlagen
  • Einstellung Lichterfest: Wird künftig in zweijährigem Rhythmus durchgeführt
  • Einstellung Blumenschmuckwettbewerb: Wird künftig in zweijährigem Rhythmus durchgeführt.
  • Erhöhung Parkgebühren: Statt einem Euro, Erhöhung um 50 Cent

Alle Unterlagen zu Sitzung finden Sie hier (Link führt auf externe Seite).

Hintergrund bei ka-news:

Um den jährlich ansteigenden Defizit entgegenzuwirken, startete die Stadtverwaltung 2015 einen Haushaltsstabilisierungsprozess. Die Vorschläge wurden in den einzelnen Dezernaten erarbeitet: Dabei erhielt jedes Dezernat eine individuelle Zielvorgabe für die Haushaltsjahre 2017 bis 2022. Der Plan der Stadtverwaltung sieht bislang vor, zwei Maßnahmenpakete mit Sparmaßnahmen zu erarbeiten.

In einem ersten Paket sollen Sparmaßnahmen bereits in den kommenden Doppelhaushalt 2017/18 aufgenommen werden. Die konkreten Sparvorschläge liegen nun öffentlich vor: Insgesamt 304 Maßnahmen sind aufgelistet, mit denen die Stadt Karlsruhe künftig Beträge in Millionenhöhe einsparen will. 75 Maßnahmen betreffen dabei das Geschäft der laufenden Verwaltung, 124 weitere müsste der Gemeinderat vorher absegnen. Mithilfe der über 300 Maßnahmen plant die Stadt, bis 2022 185,2 Millionen einzusparen.

Diesen Vorschlägen muss die der Karlsruher Gemeinderat zustimmen. Am 26. April berät der Karlsruher Gemeinderat über die 300 Sparvorschläge der Stadtverwaltung. Es wird allerdings nicht bei diesem einen Maßnahmenpaket bleiben: Bald soll ein zweites Maßnahmenpaket folgen, in dem Sparvorschläge für 2019 und 2020 aufgeführt sind.

Laut Oberbürgermeister Mentrup reduziert sich die Ursache im Wesentlichen auf einen Ausgabenanstieg von zwei bis drei Prozent pro Jahr bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen, dies erklärte der Oberbürgermeister bei der Gemeinderatssitzung im Januar. "Diese geringe Steigerung hat ein paar Jahre lang durch gewisse Sonderkonditionen keine Rolle gespielt", so Mentrup und meint damit die positive überdurchschnittliche Einwohnerentwicklung in Karlsruhe sowie Einmaleffekte gerade in den Gewerbesteuererträgen (2012/2013), die so in den Folgejahren nicht mehr erwartet werden können.

Das sind die Mehrheitsverhältnisse im aktuellen Gemeinderat:

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