"Unser Einzugsgebiet erstreckt sich von Mosbach den Rhein hinunter bis nach Lörrach", erklärt der Karlsruher Generalstaatsanwalt Uwe Schlosser im Rahmen des Bilanzgesprächs am Freitag.
226.318 Fälle gingen im Jahr 2013 bei den neun Staatsanwaltschaften unter der Leitung der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe ein - rund 7.000 mehr als im Vorjahr. Nur etwa ein Viertel der Angelegenheiten werden dann jedoch tatsächlich vor Gericht ausgefochten - die Zahl der Revisionen ist von 261 leicht auf 281 angestiegen.
Zahl der Auslieferungsverfahren aus Baden drastisch gestiegen
Der Großteil der Fälle (12 Prozent) landete dabei auf den Tischen der Stelle in Karlsruhe. "Den Anstieg und die gehäufte Arbeit der Angestellten in der Fächerstadt setzen wir in Zusammenhang mit dem vermehrten Einsatz der Bundespolizei sowie mit der Zunahme von Fragen in Sachen Aufenthaltsrecht beziehungsweise Asyl", so Schlosser gegenüber ka-news. Drastisch gestiegen ist im gesamten Einzugsgebiet die Zahl der Auslieferungsverfahren bei Straftaten, so heißt es am Freitag weiter. Bearbeitet wurden 191 Fälle, 47 Prozent mehr als 2012. Ursache dieser Entwicklung sei die zunehmende Verbreitung des europäischen Haftbefehls. "Das hat sich sehr bewährt und funktioniert auch mit den osteuropäischen Ländern gut - um mal den Vorurteilen zu entgegnen ", sagte Schlosser. In deutlich mehr als 90 Prozent der Fälle werde auch ausgeliefert.
Dauert ein Verfahren, das mit Untersuchungshaft zusammenhängt, länger als sechs Monate, hat die Generalstaatsanwaltschaft die Aufgabe zu prüfen, warum sich die Arbeitsabläufe bei den zuständigen Kanzleien verzögern. Im Jahr 2013 musste dahingehend tatsächlich eingegriffen werden: In einem Fall erließ man eine Aufhebung der Haft, da die Staatsanwälte nicht schnell genug ermittelten. "Sowas kann passieren", erklärt Schlosser - "der Tatbestand - ob Betrug oder Körperverletzung - ist dabei nicht entscheidend." Die inhaftierte Person wurde dann zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt.
"Mehr Personaleinsparungen können wir uns nicht leisten"
Zu wenig Personal in der deutschen Justiz? Diese medial oft diskutierte Problematik kann auch der Karlsruher Generalstaatsanwalt bestätigen. Mit insgesamt 783 Mitarbeitern in Baden liege der angestrebte Personalbestand 14 Prozent unter dem angestrebten Niveau. "Ein echtes Problem - noch mehr Personaleinsparungen können wir uns ganz einfach nicht leisten", bestätigt Schlosser - "um die Arbeit zu bewältigen, muss jeder Staatsanwalt pro Tag zehn Fälle abstottern - das wird von ihm verlangt. Die Zahl der offenen Verfahren drohe auch deswegen auf lange Sicht hin drastisch anzusteigen. Mittlerweile habe man sogar ein System ins Leben gerufen, dass vorgibt, wie viel Zeit die Bediensteten pro Fall höchstens benötigen dürfen - "99 Minuten stehen einem Staatsanwalt beispielsweise bei einem Betrugsverfahren zu", so Schlosser. Dieses System sei zwar kritisch, jedoch die einzige hilfreiche Möglichkeit, um den Personalbedarf konkret zu errechnen.
Fall Harry Wörz: Gutachten in Sachen Erwerbsunfähigkeit erwartet
Wenn Schlosser nicht gerade die Arbeit sämtlicher Staatsanwälte in Baden überprüft, kämpft er als zuständiger Generalstaatsanwalt mit dem berühmten Justiz-Fauxpas um den Birkenfelder Harry Wörz. Dieser saß zehn Jahre zu Unrecht im Gefängnis, bis er 2010 nach langwierigen Wiederaufnahmeverfahren schließlich Recht bekam und freigesprochen wurde. Nun erwarten ihn finanzielle Entschädigungen seitens des Landes. "Wörz hat bisher zwei Vorschusszahlungen auf die geltend gemachten Ansprüche erhalten", so Schlosser zu diesem Thema am Freitag. 25 Euro pro Hafttag stehen dem Justizopfer nun rechtlich zu. Aktuell warte man auf ein Gutachten, das Wörz zusätzlich die Erwerbsunfähigkeitsrente bescheinigen soll - "wir rechnen damit, dass wir noch im Frühjahr eine richterliche Entscheidung treffen können", so der Generalstaatsanwalt abschließend.
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