Frau Hess, vor über fünf Jahren haben die Bauarbeiten rund um die Kombilösung begonnen. Wie ergeht es Ihnen seither mit den Baustellen? Bleiben bei Ihnen seit Beginn der Bauarbeiten die Kunden aus?
Mit den Baustellen ist es sehr schwierig, da sie sich innerhalb der Stadt ständig bewegen. Es ist ja nie nur eine Baustelle, sondern es sind ganz viele. Sprich, Sie können die Stadt aus vielen verschiedenen Richtungen schlecht anfahren. Und wir hatten jetzt zwei Jahre lang das Problem, dass von Osten her, also von Durlach, die Stadt nur über den neuen Boulevard (Anm. d. Redaktion: Ludwig-Erhard-Allee) angefahren werden konnte.
Die Kunden von außen sagen eben: "Karlsruhe, ne danke! Heute Baustelle hier, morgen Baustelle da – wir meiden es!" Die Laufkundschaft bleibt tatsächlich weg, was zur Folge hat, dass wenn Kunden nach Karlsruhe kommen, diese hauptsächlich Richtung ECE-Center fahren und dort unterwegs sind. Und das ist das, was am meisten fehlt: Die Laufkundschaft. Man sollte Aktivitäten quer über die ganze Kaiserstraße verteilen, dann hätten alle was davon.
2013 wurde der Abschnitt zwischen der Haltestelle Kronenplatz und der Haltestelle Marktplatz für sieben Monate gesperrt. Wie hat sich dies auf ihr Geschäft ausgewirkt?
Das war ganz schrecklich. In der Zeit sind sieben oder acht Läden geschlossen worden, weil einfach vom Marktplatz aus keiner mehr kam. Wir mussten viel Werbung machen, auch mit der City-Initiative. Das war zwar alles mit wahnsinnigen Kosten verbunden, doch wir mussten die Leute drauf aufmerksam machen, dass hinter dem Zaun auch noch etwas ist.
Man kann Entschädigungen beantragen, wenn man einen Kundenverlust und damit einhergehend einen finanziellen Verlust verzeichnen kann. Was können Sie uns dazu sagen?
So viel kann ich sagen: Es werden einem viele Stolpersteine in den Weg gelegt, wenn man eine Entschädigung erhalten möchte. Jemandem 2.000 Euro in die Hand zu drücken, die er nach langem Prozedere endlich bekommt, ist nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das verändert die ganze Situation nicht. Viel besser als diese Entschädigungen wäre es, wenn sich die Stadt Gedanken machen würde, wie man die Baustellenstadt attraktiv machen kann und dafür Geld investieren würde. Davon würde der gesamte Karlsruher Einzelhandel profitieren.
Was könnte ihrer Meinung nach getan werden, um das Einkaufen auf der Kaiserstraße attraktiver zu gestalten? Und was können Sie dafür tun?
Man könnte zum Beispiel an einem Samstag im Monat gebührenfreies Parken im Innenstadtbereich von Karlsruhe einführen. Es gibt bereits Einzelhändler, die sich privat zusammengeschlossen haben und Aktionen machen, um zu zeigen, dass sie noch da sind. Beispielsweise ein Gutscheinheft oder am 25. April den Aktionstag "Happy Green!". An dem Tag soll alles mit grün zu tun haben, zum Beispiel werden dann nur grüne Getränke und grünes Obst serviert. Neben uns, machen auch einige Einzelhändler entlang der Kaiserstraße bei dieser Aktion mit. Wir bieten unseren Kunden kostenlose Parkplätze.
Im Jahr 2018 soll der erste Teil der Kombilösung fertig sein und die Straßenbahnen unterirdisch fahren. Die Kaiserstraße wird dann frei von Baustellen sein. Denken Sie, dass dann wieder mehr Kunden in die Geschäfte auf der Kaiserstraße finden werden und sich die ganzen Strapazen doch gelohnt haben?
Wenn es die Geschäfte bis dahin überstehen... Kein Mensch kommt nach Karlsruhe, nur weil es keine Baustellen mehr gibt. Das Kaufverhalten ist immer gleich: Ich höre von Kunden, dass diese zum Einkaufen lieber nach Mannheim oder nach Landau fahren. Dort sei es schöner und gemütlicher.
Wenn es Karlsruhe schafft, die Innenstadt zu beleben, dann wird die Fußgängerzone funktionieren. Man kann nicht immer sagen: "Wenn die Baustelle zu Ende ist, dann lebt die Kaiserstraße wieder." Die Kaiserstraße muss die ganze Zeit am Leben gehalten werden, sonst ist sie tot. Was dann passiert, weiß man nicht!
Das Gespräch führte Lisa Bräutigam
Hintergrund:
Barbara Hess betreibt die "Galerie und Kunsthandlung Hess" in der Kaiserstraße seit 1979. In der Sommerstraße befindet sich zudem eine Werkstatt, in welcher unter anderem Rahmen angefertigt werden können. In der Kunsthandlung werden die verschiedensten Stilrichtungen von Kunst angeboten. Mit vielen Künstlern steht die Inhaberin persönlich in Kontakt. In ihrem zweistöckigen Geschäft sind neben Kunstwerke auch Wohnaccessoires und Schmuck erhältlich.