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Karlsruhe im Jackpot-Fieber

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Karlsruhe im Jackpot-Fieber

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    Verglichen mit letzter Woche "spielen heute 50 bis 70 Prozent mehr Leute Lotto", berichtet Ioannis Mavridis, Kioskbesitzer und Betreiber einer Lotto-Annahmestelle in der Oststadt. "Es ist extrem viel los", schüttelt auch Peter Schätzle den Kopf. Den "Kolonialwarenladen" hat er seit 1988, seit 1993 ist die Lotto-Annahmestelle integriert. Zirka 70 bis 80 "Lotto-Kunden" seien es wohl seit Freitagmorgen um fünf Uhr gewesen (Stand 13 Uhr), davon "40 Prozent Fremde, die noch nie den Laden betreten haben".

    Zahlen "ausgependelt"

    Bereits am Mittwoch sei die Summe der Spieleinsätze neunmal so hoch gegenüber dem Mittwoch der Vorwoche gewesen. Für die Samstagsziehung rechnet er mit bis zu zwölfmal so hohem Spieleinsatz gegenüber dem vorigen Samstag. Er selbst "tippt alle drei bis fünf Wochen zwischen zwei und drei Euro". Den höchsten Tippeinsatz habe ein Kunde vor zirka zehn Jahren getätigt: "1.000 DM hat er gesetzt, da war der Jackpot lange nicht so hoch wie heute." Sagt's und reicht Achmed einen Lottoschein über die Theke.

    Vielleicht gehen da gerade 38 Millionen über die Ladentheke (Foto: ka-news)

    Der gebürtige Türke und gelernte Stahlbauschlosser ist Hartz IV-Empfänger und lebt seit 1970 in Deutschland. Ein- bis zweimal die Woche spielt er Lotto, beim Mittwochslotto hat er 177,70 Euro gewonnen. Er hat kein spezielles Ankreuzsystem, die ausgewählten Zahlen hat er "ausgependelt", wie er sagt. Er glaubt an die richtige Aura. Karl Bosch, eremitierter Ordinarius für angewandte Mathematik und Statistik an der Universität Hohenheim rät etwas anderes: "Man kann nicht gegen den Zufall, aber gegen die Mitspieler tippen", berichtet er.

    Quadrate, Diagonalen, Vertikalen, Winkelzüge sind beliebt

    Bosch hat in seinem "Lottobuch" unter anderem 7,8 Millionen Tippreihen, die an einem Samstag abgegeben wurden, analysiert. "Auffällig sind Mustertipps. Quadrate, die schön aussehen, Diagonalen, Vertikalen, auch Winkelzüge sind sehr beliebt, besonders die Diagonalreihe von links oben nach rechts unten."

    Das System? Mit ein paar richtigen Kreuzen ein Stück vom Lotto-Glück (Foto: ka-news)

    Alle Zahlen hätten zwar die gleichen Chancen gezogen zu werden, aber er würde bestimmte Zahlen vermeiden. Die Zahl 19, "Monatszahlen" 1 bis 12 oder die Zahlen 1 bis 31. "Völlig unerklärlich" sei auch das Phänomen, dass zuvor gezogene "Gewinnreihen" sehr beliebt seien. Sein Rat: 48 Karten ohne die 19 nehmen, mischen, sechs Karten auswählen und tippen - "wenn es kein Muster ergibt".

    "Lotto hat eine süchtig machende Komponente"

    Troy Wüst hat für die christliche Glaubensgemeinschaft "Jesus für alle Nationen" in Bulach zwölf Euro investiert und ein Dutzend Kästchen "wahllos" angekreuzt. Ein potenzieller Gewinn komme der Gemeinde zu Gute, erklärt der Pastor.

    Der 21-jährige Maschinenbau-Student Daniel Stedele würde sich vom Jackpot "eine neue Wohnung kaufen und das Studentenleben genießen". Auch er hat seine Zahlen willkürlich ausgewählt. Regelmäßig tippt er nicht, "nur wenn über 20 Millionen" zu gewinnen sind. "Ich habe noch nie gewonnen. Das finde ich gut so, sonst würde ich weiterspielen."

    Für ein langes Studentenleben: Daniel Stedele (Foto: ka-news)

    Eine Gefahr, die auch Verena Verhoeven bei dem Wirbel um den Lotto-Jackpot sieht: "Ich finde schon, dass man das kritisch sehen kann. Die Höhe des Jackpots übt auf manche einen starken Spielanreiz aus, vor allem die System-Lottospieler", kritisiert die Leiterin der Fachstelle für Glücksspielsucht der Sozialdienste GmbH Caritas Neuss die Suchtgefahr des Tippens. "Lotto spielen ist nicht das härteste Glücksspiel, gesteht die Nicht-Lotto-Spielerin zu. Im Gegensatz zu Poker ("ist definitiv ein Glücksspiel"), Casino oder Automaten, sei die Zeit zwischen Einsatz und Ergebnis relativ lang, "aber es hat schon eine süchtig machende Komponente, ist bindend".

    Stellt die Höhe des Jackpots ein Suchtproblem dar? Klaus Sattler, Pressesprecher der derzeit federführenden Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg bezweifelt das: "Lotto ist ein Spiel mit strengen Regeln. Bei einem Jackpot gibt es einen Anfang und ein Ende, beides vom Gesetzgeber festgelegt. Ein Jackpot kann nicht ins Unendliche wachsen. Er wird spätestens bei der 15. Ziehung ausgeschüttet. Die Erfahrung zeigt, dass die Spieleinsätze schnell wieder auf ihr Ausgangsniveau zurückgehen, wenn der Jackpot geknackt ist." Dann warten wir also mal gespannt auf heute Abend.

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