Ein Bahnticket in Karlsruhe ist nicht günstig - Eine einfache Fahrt kostet rund 3 Euro. Das kann für ärmere Bürger bei regelmäßigen Fahrten ein Problem darstellen. Der Grund: Schwarzfahren wird als Straftat geahndet. Für die Karlsruher Linke-Fraktion ein Dorn im Auge. "Viele müssen deswegen ins Gefängnis", beklagt die Linke in einem Antrag an die Stadtverwaltung.
Nun soll sich das Blatt wenden: Als über den Antrag am 20. Februar abgestimmt wird, erhalten die Linken volle Zustimmung von den Grünen und der SPD. 25 Stimmen sind letztendlich dafür, 20 dagegen. Und das, obwohl die Stadtverwaltung und die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) sich zuvor dagegen ausgesprochen hatten.
Kein Verständnis von FDP, CDU und Freie Wähler/Für Karlsruhe
Die Fraktion Freie Wähler/ Für Karlsruhe seien von dieser Entscheidung zutiefst erschüttert. Das Argument der Linken, Strafzahlungen würden vor allem Menschen mit geringem Einkommen betreffen, sei in Karlsruhe nicht verhältnismäßig. Es gebe schließlich Angebote wie den Karlsruher Pass, so die Fraktion.

Auch die CDU versteht die Entscheidung nicht. Sie warf Grünen, SPD und Linken vor, Schwarzfahren zu billigen. "Wer ständig schwarzfährt, der betrügt die Allgemeinheit und ist nur auf den eigenen Vorteil aus. Diese unsolidarische Minderheit wird nun von den Grünen, SPD und Linken geschützt" heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch, 21. Februar.
Was sagt die Linke zu den Vorwürfen?
Die Linken sehen das anders. Es sei gut, dass Menschen mit Karlsruher Pass weniger für ein Deutschlandticket zahlen müssen, dies rechtfertige aber keine Strafen wie wochenlange Haft, die zum Beispiel den Verlust von Job und Wohnung zur Folge haben können, entgegnet Stadträtin Mathilde Göttel.

Auch mit einer Billigung habe dies wenig zu tun. Die 60 Euro, die ein Fahrgast beim Schwarzfahren zahlen muss, würden weiterhin ein zivilrechtlicher Anspruch der VBK bleiben. Darüber hinaus werde das Schwarzfahren teurer bestraft als das Parken ohne Parkschein. "Es geht bei der Entscheidung um die Verhältnismäßigkeit zu anderen Vergehen in der Öffentlichkeit", so Göttel.
Mehrbelastung für die Justiz
Auch die zusätzliche Justiz-Belastung durch diese Strafanzeigen sei laut den Linken ein Problem. Da Schwarzfahren unter den Paragrafen 265a Strafgesetzbuch falle, handle es sich um ein sogenanntes Antragsdelikt. Bedeutet: Der Geschädigte muss zuvor Anzeige erstatten - das wäre in diesem Fall die VBK.
So plädiert der Deutsche Richterbund (DRB) dafür, die Strafbarkeit auf die Fälle zu beschränken, in denen Zugangskontrollen oder Zutrittsbarrieren umgangen werden.

"Das einfache Besteigen von Bussen und S-Bahnen ohne gültiges Ticket ist kein Fall für den Staatsanwalt oder für die Bußgeldbehörde. Ihre Zahlungsansprüche gegen die Kunden sollten die Verkehrsunternehmen durch verstärkte Kontrollen und Vertragsstrafen schon selbst durchsetzen“, erklärt der Bundesgeschäftsführer des DRB, Sven Rebehn, in verschiedenen Medienberichten.
KVV sieht keine Notwendigkeit für Änderungen
In einer Stellungnahme vom 6. Februar hatte die Stadtverwaltung bereits empfohlen, den Antrag der Linken abzulehnen. Der Grund: Fahren ohne gültiges Ticket als Straftat zu behandeln, das sei keine Entscheidung der VBK. Der Gesetzgeber habe das letzte Wort. Wie bereits von der Polizei vermutet, setze sich der Trend der gestellten Strafanträge in Karlsruhe fort.
2023 belief sich die Zahl auf 1.171 Straftaten. Das seien 41 mehr als im Vorgängerjahr 2022. Es stimme, dass beispielsweise 2016 ungefähr 7.600 Personen in Deutschland eine Freiheitsstrafe wegen Schwarzfahrens verbüßten. Die von der Linken Fraktion angeführten Zahlen zwischen 7.000 und 10.000 jährlich (ka-news.de berichtete) könnten so jedoch nicht bestätigt werden.

"Die Beanstandungsquote liegt bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe bei 3,01 Prozent der gesamten kontrollierten Fahrgäste. Hierdurch entgehen dem KVV mehrere Millionen Euro an Fahrgeldeinnahmen. Bei einem Anstieg der Beanstandungsquote würde die Summe an verlorenen Ticketeinnahmen sich deutlich weiter erhöhen, was letztendlich von der Allgemeinheit - den ehrlichen Kunden -, über steigende Ticketpreise mit bezahlt werden müsste", argumentiert die Stadtverwaltung.
Ab wann gilt das straffreie Schwarzfahren?
Ob und wann das Vorhaben auch in die Tat umgesetzt werden kann, das ist noch unklar. Denn eigentlich ist der Antrag eher als Aufforderung an den Aufsichtsrat zu verstehen, der schlussendlich über die Zukunft des straffreien Schwarzfahrens entscheiden wird.
Laut den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) sind die Linken weiterhin überzeugt, dass ihr Vorhaben auch tatsächlich umgesetzt wird. "Aus unserer Sicht ist es, ungeachtet seiner persönlichen Sichtweise, Aufgabe des Oberbürgermeisters und ebenfalls Aufsichtsratsvorsitzenden der VBK, diesen Beschluss herbeizuführen", wird die Fraktion von den BNN zitiert.