Luthers Thesen-Anschlag gilt als Geburtsstunde der evangelisch-protestantischen Kirche. Mit seinem Thesenanschlag stieß Luther vor 500 Jahren die Reformation an. In der römisch-katholischen Kirche es aus Luthers Sicht viele Missstände, wie etwa den Ablasshandel bei dem sich die Leute von ihren Sünden bei der Kirche "frei" kaufen konnten. Die Thesen waren ursprünglich auf Latein verfasst und als Diskussionsanlass unter Gelehrten gedacht. Mit seinen Thesen wollte Luther nach Überlieferungen die bestehende Kirche "reformieren", was im Deutschen so viel bedeutet wie umgestalten oder erneuern.
Individualität als Erbe der protestantischen Kirchen
"Innerhalb kurzer Zeit verbanden sich einige deutsche Fürsten mit der jungen Reformation und verschafften dem Protestantismus so eine politische Basis. Die Auseinandersetzung mit den Täufern und den Bauern war die erste schwere Herausforderung für die junge Reformation. Es ging um die Frage, wie weit die Reformation der Kirche in die Gesellschaft hinein reichen würde", beschreibt Dekan Thomas Schalla die Anfangszeit der Reformation.
Heute ist klar: Die 95 Thesen von Martin Luther revolutionierten das Bild der Kirche weltweit. Als Folge der Kritik von Luther spaltete sich die Kirche. Es entstanden zwei verschiedene Kirchenteile, ein evangelischer und ein katholischer. "Die Individualität des Menschen und Freiheit im Glauben sind seit der Theologie Martin Luthers ein wichtiges Erbe protestantischer Kirchen," erklärt Thomas Schalla.
Luthers Idee kommt in Durlach an
In diesem Jahr beschert der Jahrestag der Reformation Arbeitnehmern einen zusätzlichen Feiertag. Nur in den östlichen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen war der Reformationstag am 31. Oktober seit der Wiedervereinigung bereits als gesetzlicher Feiertag verankert. Zum 500-jährigen Jubiläum ist der Tag ein gesamtdeutscher, gesetzlicher Feiertag. "Ich halte das für eine gute Idee. Ich würde es begrüßen, wenn man den Reformationstag als dauerhaften Feiertag festlegen würde", so Thomas Schalla, Dekan der evangelischen Kirche in Karlsruhe.
Zum bundesweiten Feiertag wurde der diesjährige Reformationstag auf einer Ministerpräsidentenkonferenz im Jahr 2012 erklärt. Am 6. Dezember 2012 einigten sich die Länderchefs darauf, das 500-jährige Reformationsjubiläum fünf Jahre später mit einem bundesweiten Feiertag zu würdigen. Als dauerhafter Feiertag ist der Reformationstag bislang nicht geplant.
"Am ehesten in Verbindung mit Karlsruhe steht der Reformationstag mit Durlach", erklärt Thomas Schalla weiter. Dort erließ der Markgraf am 1. Juni 1556, zehn Jahre nach Luthers Tod, den Reformationsbefehl, durch den sich alle Untertanen der Markgrafschaft dem protestantischen Glaubensbekenntnis anschließen mussten.
Karlsruhe feiert Jubiläum der Reformation
Anlässlich des Reformationstags wird es auch in Karlsruhe einige Veranstaltungen geben. Bei einer gemeinsamen Aktion werden die beiden Dekane der evangelischen und katholischen Kirche in Karlsruhe, Thomas Schalla und Hubert Streckert, ein Apfelbäumchen vor der Kirche St. Stephan am Friedrichsplatz pflanzen.
Anlass ist ein bekanntes Zitat, das Luther zugeschrieben wird. "Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen", soll der Theologe einst gesagt haben. Diese Aussage gilt heute als Ausdruck der christlichen Zuversicht. 500 Jahre nach Beginn der Reformation wollten sich die beiden Dekane nach eigener Aussage mit dieser Aktion hinter diese gemeinsame Hoffnung stellen. Außerdem soll es einen zentralen Reformationsgottesdienst mit Landesbischof Cornelius-Bundschuh und Erzbischof Stefan Burger sowie ein Galakonzert in der Lutherkirche geben.
"Insgesamt glaube ich, dass wir allen Grund zu feiern haben: Freiheit im Glauben und Hoffnung auf eine gerechte Welt für alle sind mit dem Reformationsfest verbunden. Wir feiern auch, dass mit dem christlichen Glauben die Liebe zum Leben verbunden ist", so Schalla.
"Antworten werden nicht mehr allein in Kirchen gesucht"
Während Deutschland in diesem Jahr groß den Reformationstag feiert, haben die katholische und evangelische Kirche aber auch Sorgen: In den vergangenen Jahren kehrten einige Menschen den Kirchen den Rücken zu. In der evangelischen Kirche gab es 2016 landesweit 27.429 Austritte, knapp 200 mehr als bei der katholischen Kirche. Dort zählte man 27.276 Austritte. Erstmals seit 2014 sank die Zahl der Kirchenaustritte damit wieder unter die 30.000-Marke.
Dennoch sieht Thomas Schalla in Karlsruhe keine Religionsverdrossenheit. " Es geht zunehmend um die Frage, wie Menschen in einer immer aus differenzierteren Welt zusammen leben können." Die Religionen sind aus seiner Sicht "eine wichtige Verbindung zwischen Menschen". "Religiöse Fragen und spirituelle Bedürfnisse haben die Menschen zu allen Zeiten gesucht. Einzig die Antworten werden nicht mehr allein bei den Kirchen gesucht."