Saubere Luft in Karlsruhe - ein Anliegen und Wunsch vieler Bürger, denn Smog ist gesundheitsschädlich. Eine Lösung liegt in der intensiven Begrünung der Städte. Dieses Urban Gardening stand in Karlsruhe bereits zur Diskussion, die bisherige Umsetzung bietet allerdings viel Spielraum nach oben.

So stellte die FDP Karlsruhe Ende Januar 2019 eine Anfrage an die Stadt, in der sie sich nach deren Plänen zur Luftreinigung erkundigt. Der Fokus dabei liegt auf der Anschaffung eines künstlichen Mikroalgenbaums.

Luftfilter durch Mikroalgen

Ein Baum aus Algen? Richtig gelesen! An einen echten Baum erinnert die Konstruktion wohl eher nicht, nur die sich nach oben öffnende Form lässt die Parallele zu seinen natürlichen Verwandten erahnen. Doch der mit seinen vier Metern hohe Gigant "Biourban 2.0" hat einiges drauf: Er soll nämlich für reinere Luft in den Städten sorgen - und das sogar effizienter als ein richtiger Baum.

Der Algenbaum ist eine Technologie der mexikanischen Startup-Firma Firma BimiTech. Laut eigenen Angaben ist es durch diesen Baum möglich, Schadstoffverbindungen wie CO2 in Sauerstoff und Biomasse umzuwandeln.  Er wirkt also wie ein Filter für die Luft. Der Grund sind kleine Mikroalgen, welche im Baum eingearbeitet sind. 

Der Vorteil von Algenbäumen: Ihre hohe Aufnahmeleistung. Je nach Größe hat ein Baum eine Kapazität von bis zu 43,8 Millionen Kubikmetern Luft pro Jahr. Zum Vergleich: Dies entspricht dem CO2-Anteil, den 2.850 Menschen im Laufe eines Tages ausstoßen.

Ein Algenbaum soll 368 junge Bäume ersetzen können

Die Bäume sollen laut den Forschern in der Lage sein, bis zu 99,7 Prozent der Partikel in der Luft einzufangen. Der Ausstoß an Sauerstoff eines Algenbaums "Biourban 2.0" wiederum entspricht dem von bis zu 368 junger Bäume. Die Leistung des jeweiligen Baumes wird in Echtzeit über Sensoren angezeigt.

Ein weiterer Vorteil der künstlichen Pflanze: Versiegelte Innenstädte bieten wenig Platz für Begrünung. Während das für ihre natürlichen Artgenossen zum Problem wird, können die Algenbäume auch auf unfruchtbarer Fläche einen Platz finden.

Doch könnten Algen tatsächlich die Lösung des Dilemmas der Luftverschmutzung werden? Christine Rösch leitet die Forschungsgruppe "Nachhaltige Bioökonomie" am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). "Mikroalgen sind echte Allrounder", meint sie. Algen dienen nämlich nicht nur zur Luftsäuberung, sondern sind darüber hinaus auch essbar und dienen als Energielieferant.

45.000 Euro Kosten für einen Algenbaum

Nichtsdestotrotz ist die KIT-Professorin der Ansicht, dass sich das "Projekt Algenbaum" für die Stadt Karlsruhe eher weniger lohnen würde. "Algen benötigen Stickstoff und Phosphat. Um höhere Erträge zu erzielen als es unsere 'normalen' Bäume hier schon tun, bräuchten sie mehr CO2 - und das in der Luft hier vorhandene reicht dafür nicht."

Christine Rösch ist Professorin am Karlsruher Institut für Technologie.
Christine Rösch ist Professorin am Karlsruher Institut für Technologie. | Bild: Karlsruher Institut für Technologie

Algenbaum bräuchte viel Regulierung

Abgesehen vom finanziellen Aspekt sei auch die Pflege solch eines Algenbaums mit hohem Aufwand verbunden. "Mikroalgen sind viel empfindlicher als Bäume - sie haben je nach Art ein sehr enges Temperaturspektrum, in dem sie die Fotosynthese durchführen können." Es müsste daher darauf geachtet werden, dass die Temperaturen nachts nicht zu sehr abkühlen.

 "Im Winter müsste der Algenbaum gar gewärmt werden", meint Rösch. Die Anschaffung eines Algenbaums in der Fächerstadt liege laut Informationen der FDP Karlsruhe bei 45.000 Euro. "Für diese Summe an Geld kann man viel mehr machen!", so die Professorin gegenüber ka-news.de - zum Beispiel mehr Bäume pflanzen, denn für Karlsruher Klimaverhältnisse würden diese vollkommen genügen.

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